
Oberlandesgericht Dresden Beschwerde der Staatsanwaltschaft verworfen: Weiterhin keine "Tag X"-Mordanklage
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29. April 2025, 18:15 Uhr
Die Staatsanwaltschaft Leipzig legte am Oberlandesgericht (OLG) Dresden Beschwerde gegen einen Beschluss des Landgerichts Leipzig ein. Dieses hatte entschieden, dass die Beweise nicht ausreichen, um einen 25-Jährigen aufgrund mutmaßlicher Molotowcocktail-Würfe auf Polizisten wegen versuchten Mordes anzuklagen. Das OLG entschied nun zugunsten des Beschuldigten.
Im Fall eines mutmaßlichen Brandsatzwerfers vom "Tag X" in Leipzig hat nun auch das Oberlandesgericht (OLG) Dresden den Versuch der Staatsanwaltschaft verworfen, das Geschehen als Morddelikt anzuklagen. Das OLG wies eine Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen eine entsprechende Entscheidung des Landgerichts Leipzig als unbegründet ab. Dieses hatte zuvor die Anklagepunkte des versuchten Mordes und der Körperverletzung gegen einen 25-Jährigen aus Mangel an Beweisen abgewiesen.
Eine Sprecherin des OLG Dresden erklärte MDR INVESTIGATIV, der Beschluss sie Mitte April getroffen worden.
Verfahren gegen Beschuldigten nun am Amtsgericht
Bei den Ausschreitungen im Juni 2023 soll der Mann laut Ermittlern zwei Brandsätze auf Polizeibeamte geworfen haben. Die Staatsanwaltschaft hatte das als versuchten Mord bewertet und eine entsprechende Klage eingereicht.
Die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Leipzig, Anna Gürtler bestätigt dem MDR die Entscheidung des OLG. Es bleibe jedoch dabei, dass eine Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen werde, weil "ein hinreichender Tatverdacht des Landfriedensbruchs besteht und das Hauptverfahren vor dem Strafrichter des Amtsgerichts Leipzig eröffnet wird". Die Akten seien bereits an das Amtsgericht Leipzig übermittelt worden, berichtet Gürtler weiter.
Heftige Kritik durch Verteidiger
Für den Verteidiger des 25-Jährigen, Ulrich von Klinggräff ist die Entscheidung des OLG eine herbe Schlappe für die Staatsanwaltschaft Leipzig. Offenkundig sei es der Ermittlungsbehörde darum gegangen, mit einer "völlig überzogenen Anklage" eine drastische Verurteilung seines Mandanten zu erreichen.
Der Strafverteidiger sieht sich durch das Urteil auch in seiner Kritik an der Staatsanwaltschaft Leipzig bestätigt: "Das OLG Dresden hat mit seiner Entscheidung deutlich gemacht, dass weder das vorhandene Videomaterial noch das vergleichende Bildidentifikationsgutachten des Sachverständigen Prof. Labudde von der Hochschule Mittweida geeignet waren, die Täterschaft meines Mandanten zu begründen."
Nicht vergessen werden sollte, laut von Klinggräff, dass der "Irrweg der Staatsanwaltschaft" seinem Mandanten die harte Konsequenz einer fast sechsmonatigen Untersuchungshaft eingebracht hatte, obwohl der sich zuvor im Januar 2024 freiwillig bei der Polizei gestellt hatte.
Aufarbeitung zu "Tag X" in Leipzig dauert an
Am sogenannten Tag X waren in Leipzig vor knapp zwei Jahren rund 1.300 Menschen von der Polizei für elf Stunden in einem Kessel festgehalten worden, nachdem es bei einer Kundgebung für Versammlungsfreiheit zu Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten gekommen war. In der Öffentlichkeit wurde der damaligen Polizeieinsatz als unverhältnismäßig kritisiert. Im Nachhinein räumte die Polizei Fehler in ihrem Vorgehen ein, die Aufarbeitung dauert seitdem an.
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus den Studio Leipzig | 29. April 2025 | 15:30 Uhr