Nahverkehr Spontan und unüberlegt mit dem Deutschlandticket durch Sachsen

03. Mai 2023, 15:17 Uhr

Ab 1. Mai gilt auch in Sachsen das Deutschlandticket. Für einen monatlichen Fixpreis von 49 Euro kann man fast überall in Straßenbahn, Bus oder Regionalzug ein- und aussteigen. MDR SACHSEN-Reporterin Anett Linke hat das Ticket am ersten Tag ausprobiert und ist spontan mit der Bahn von Mittweida nach Chemnitz und Thalheim im Erzgebirge gefahren.

Die Sonne scheint, als ich gemütlich durch das morgendliche Mittweida spaziere. Mit einem Blick auf die Uhr muss ich mein Tempo dann doch etwas steigern: Ich bin noch ein Stück vom Bahnhof entfernt und mein Zug nach Chemnitz fährt in zehn Minuten. Auf eine einstündige Wartezeit habe ich dann doch keine Lust.

Ich erreiche den Bahnhof zeitgleich mit der Citybahn, die hier rund fünf Minuten halten wird, bevor es wieder zurück nach Chemnitz geht. Mit mir befinden sich noch rund 15 weitere Menschen im Zug, als dieser abfährt. Ob die auch alle wie ich den ersten Tag mit dem Deutschlandticket ausnutzen?

Übergangslösungen für Jobticket-Kunden

Bislang habe ich mein Ticket noch nicht bekommen. Ich habe es als Jobticket beantragt und sollte eigentlich rechtzeitig eine Chipkarte per Post erhalten. Doch Pustekuchen. Es gab wohl zu viele Bestellungen. Nun sollen alle, die ihr Ticket noch nicht haben, übergangsweise mit dem Antragsformular fahren dürfen. Aber ob das klappt?

Schon kurz nach Fahrtbeginn kommt die Zugbegleiterin auf mich zu. Ich werde etwas unruhig und fühle mich wie eine Schwarzfahrerin kurz bevor sie erwischt wird, obwohl ich das Antragsformular digital und ausgedruckt dabei habe. Und tatsächlich: Gemeinsam mit meinem Ausweis lässt die Zugbegleiterin das Formular gelten. "Heute hat noch bei keinem Deutschlandticket das Einscannen funktioniert", erzählt sie mir lachend. Sie führe daher eine Sicht- und Ausweiskontrolle durch. Aus der Ruhe lässt sie sich davon aber nicht bringen. "Es ist ja erst der erste Tag", sagt sie. "Das wird schon bald schlagartig alles funktionieren."

Nach 20 Minuten Fahrt erreiche ich Chemnitz Hauptbahnhof und steige aus. Wie es von hier weitergeht, weiß ich noch nicht. Normalerweise plane ich meine Zugfahrten im Voraus, aber heute lasse ich mich treiben und will spontan von A nach B fahren. Doch es ist Feiertag und so schnell fährt kein für mich passender Zug. Also genehmige ich mir erstmal einen Kaffee vom Bahnhofs-Bäcker.

Von Chemnitz über Gera nach Neuss

Auf dem Weg zurück zu den Bahnsteigen lerne ich Monika Meuser kennen. Sie war am Wochenende auf der Leipziger Buchmesse und hat dann einen Abstecher zu einem Kollegen nach Chemnitz gemacht. "Heute will ich zu einem Kollegen nach Gera fahren", erzählt sie. "Und morgen geht es dann zurück nach Hause, nach Neuss bei Köln." Ob das Deutschlandticket funktioniert, kann sie noch nicht sagen. "Ich starte ja jetzt erst."

Eine Geldersparnis bringt es für sie auf jeden Fall mit sich. "Ich hatte vorher schon ein Ticket im Abo", sagt sie. Für ihre und eine Nachbarstadt hat sie damit 89 Euro im Monat gezahlt. "Damit das Upgrade als Deutschlandticket auf meiner Chipkarte sichtbar ist, habe ich dafür einen Sticker bekommen", sagt Meuser. Beim Erzählen muss sie über diese Lösung lachen. "Ich bin gespannt, ob das bei der Fahrkartenkontrolle funktioniert."

Für weite Strecken hat sie sonst den ICE genutzt. "Aber jetzt habe ich das Deutschlandticket und nutze es auch aus", sagt sie. "Mal sehen, wie es morgen klappt. Aber ich werde mindestens 8,5 Stunden unterwegs sein." Ich wünsche ihr viel Glück und verabschiede mich von ihr.

"Für gelegentliche Ausflüge lohnt sich das Ticket nicht"

Spontan beschließe ich, in die Citybahn Richtung Aue zu steigen. Eine junge Frau am Bahnsteig erzählt mir, dass sie das Deutschlandticket nicht nutzt und es auch nicht vorhat. "Ich mache viel zu Fuß oder mit dem Fahrrad", sagt sie. "Für gelegentliche Ausflüge lohnt es sich einfach nicht." Heute will sie nur bis nach Einsiedel. "Das ist ja nur eine Zone."

Ab Einsiedel fährt die Bahn durch eine malerische Landschaft. Berge und ein Fluss säumen die Strecke. Normalerweise stecke ich meinen Kopf in ein Buch beim Bahnfahren, doch heute genieße ich den Ausblick. Am Bahnhof Thalheim-Mitte beschließe ich auszusteigen.

Am Bahnsteig treffe ich Isabell Laubert und ihre Töchter. Das Deutschlandticket lohne sich für sie nicht, sagt sie. "Wir fahren nur heute einmal zum Auftritt von Anna nach Einsiedel", sagt sie. Dort wird die Neunjährige in der Funkengarde tanzen. "Aber die Mädchen haben die Schule im Ort und zu meinem Arbeitsort fährt nichts", sagt Laubert. "Das Ticket lohnt sich nur, wenn man öfter fährt als wir." Auf mich trifft das auf jeden Fall zu. Wir verabschieden uns freundlich und ich steige zurück in den Zug nach Chemnitz. Eine nächste Fahrt wird bestimmt nicht lange auf sich warten lassen.

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 01. Mai 2023 | 07:00 Uhr

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