Zwei Personen in weißen Hemden und mit Hosenträgern stehen breitbeinig auf einer Bühne.
Das Stück "Buřty v medu" beim Chemnitzer Festival "Nonstop Europa" spielt mit Sprache und Sprachlosigkeit. Bildrechte: Dan Drahotský

Kulturhauptstadt Theater in Chemnitz: Sechs Highlights im Mai

24. April 2025, 15:19 Uhr

Im Mai 2025 können Sie rund um die Europäische Kulturhauptstadt Chemnitz faszinierende Theaterstücke erleben: In Chemnitz gibt es das Festival "Nonstop Europa". Das Puppentheater wagt sich in die familiäre NS-Vergangenheit. Im Erzgebirge wird ein Opernklassiker in Plüschambiente inszeniert. Und in Döbeln und Freiberg kommt der Roman "Spieltrieb" von Juli Zeh auf die Bühne. Hier unsere handverlesenen Tipps – inklusive Adressen und Terminen, damit Sie kein Highlight verpassen!

Festival in Chemnitz: "Nonstop Europa" und ein Treffen der Schauspielschulen

Bereits seit mehreren Jahren findet in Chemnitz das Festival "Nonstop Europa" statt, so auch im Kulturhauptstadt-Jahr 2025. Zu Gast ist das Stück "Buřty v medu", das auf faszinierende Weise zwischen Schweigen und Sprechen balanciert und das Pantomime, Beatboxing, Sprachgroteske und Stand-Up-Comedy verbindet. Außerdem lädt das Činoherní studio města Ústí nad Labem in einen Speisewaggon (vielleicht fährt der Zug quer durch Europa), in dem sich absurde Figuren begegnen.

Zum Festival gehört auch ein Treffen europäischer Theaterschulen, die Arbeiten mit nach Sachsen bringen: Einmal erzählen Menschen viel zu ehrlich ihre Gedanken, ein anderes Mal kämpfen sie mit Einsamkeit. Ein Mann mit einem Nilpferdkopf bewegt sich durch eine postapokalyptische Stadt und zahlreiche Figuren in einem Raum warten und warten einfach.

Kleine Figuren von mutierten Menschen sitzen auf einem Podest.
Junge Figurentheatermacher aus Tschechien nehmen das Chemnitzer Publikum mit auf ein futuristisches Abenteuer. Bildrechte: DAMU

Weitere Informationen Das Internationale Theaterfestival "Nonstop Europa" findet vom 1. bis zum 3. Mai im Chemnitzer Spinnbau statt.

Adresse:
Spinnbau
Altchemnitzer Straße 27
09120 Chemnitz

Schauspiel in Döbeln und Freiberg: "Spieltrieb" nach Juli Zeh

Sie fühlen sich so klug, allen anderen am Ernst-Bloch-Gymnasium überlegen und der Moral der übrigen Gesellschaft daher auch nicht verpflichtet: Alev kommt neu an die Schule, wo ihm sofort Ada auffällt, die versucht, der Leere in ihrem Leben zu entkommen. Alev überzeugt Ada von ihrer gemeinsamen Sonderstellung und weckt in ihr einen dunklen Spieltrieb, in dem das Leben der Mitmenschen der Einsatz ist. Sie beschließen, ihren Lehrer Smutek hereinzulegen und zu erpressen.

Die Inszenierung von Katharina Landsberg am Mittelsächsischen Theater erzählt die Geschichte nach dem gleichnamigen Roman von Juli Zeh in der Rückschau einer Gerichtsverhandlung, wobei die Bühne an eine klassisch in die Jahre gekommene Turnhalle erinnert. "Die Freiberger Inszenierung entwickelt von der ersten Minute einen beklemmenden Sog und eine unheimliche Spannung", meint der Kritiker Maurice Querner in der "Freien Presse". Das liegt zum einen daran, dass die Inszenierung nicht davor zurückschreckt, auch mal komische und humorvolle Momente einfließen zu lassen und so dem Ganzen die Schwere nimmt. Zum anderen überzeugt das Ensemble, allen voran gibt Milon Goetz den Alev als einen Teufel in der Gestalt eines Jungen, während Cornelia Wöß die innere Zerrissenheit der Ada glaubhaft verkörpert, die sich dem Abgründigen noch nicht ganz hingeben will.

Drei Personen auf einer als Sporthalle gestalteten Bühne, eine gestikuliert mit zur Seite gestreckten Armen.
Szene aus "Spieltrieb": Alev (rechts) überzeugt Ada (Mitte), den Sportlehrer zu erpressen – einfach weil sie es können. Bildrechte: Detlev Müller

Weitere Informationen "Spieltrieb" nach Juli Zeh

Dauer: 100 Minuten, keine Pause

Adresse:
Theater Döbeln
Theaterstraße 7
04720 Döbeln

Termine:
3. Mai, 19:30 Uhr
11. Mai, 15 Uhr

Adresse:
BiB – Bühne in der Borngasse
Borngasse
09599 Freiberg

Termine:
15. Mai, 19:30 Uhr

Schauspiel in Chemnitz: "Zwischen den Dingen sind wir sicher"

Die Postapokalypse und Dystopien haben seit einigen Jahren Konjunktur – aber vielleicht wirkt es angesichts der zahlreichen Krisenherde auch nur so. Die Dramatikerin Laura Naumann erzählt in "Zwischen den Dingen sind wir sicher" vom Leben nach der Apokalypse, nachdem Zivilisation und Gesellschaft auseinandergefallen sind. Die Geschwister Sascha, Bandito und Techno leben versteckt zwischen Mauern und Wellblech. Sie trauen sich kaum raus und leben von den Überresten der früheren Gesellschaft.

Das Stück führt dem Publikum vor, was diese Art zu leben mit Menschen machen kann: Bandito will raus, will aufbegehren. Sascha bemüht sich, an den aufgestellten Regeln festzuhalten. Techno, der jüngste, radikalisiert sich ganz unbemerkt. Kritiker Maurice Querner zeigt sich in der "Freien Presse" fasziniert, dass die Inszenierung von Ulrike Euen trotz der Enge und Beklemmung nie langweilig wird. Vor allem, weil die Figuren in dieser Welt, die trotz schlichter Ausstattung an große Kino-Dystopien wie "Mad Max" erinnert, so genau ausgeleuchtet werden.

Drei Personen in verschmutzter Kleidung auf einer Bühne: Eine hält einen anderen von hinten fest, als er den dritten auf den Boden in die Knie zwingt.
In einer zerfallenden Stadt müssen die Geschwister Sascha, Bandito und Techno überleben. Bildrechte: Nasser Hashemi

Weitere Informationen "Zwischen den Dingen sind wir sicher"
Postapokalyptisches Drama von Laura Naumann

Adresse:
Spinnbau
Altchemnitzer Straße 27
09120 Chemnitz

Dauer: 90 Minuten, keine Pause

Termine:
18. Mai, 18 Uhr

Musiktheater in Annaberg-Buchholz: "Der Barbier von Sevilla"

Wie geht es eigentlich Rosina mit der ganzen Geschichte? Die Oper "Der Barbier von Sevilla" von Giacchino Rossini ist ein Klassiker im Opernrepertoire: Der Barbier Figaro ("Figaro, Figaro, Fi-ga-ro!") hilft dem Grafen Almaviva mit einigen Tricks, die junge Rosina zu heiraten, deren Ziehvater Bartolo sie am liebsten für sich haben würde. Während viele Inszenierungen die junge Frau Rosina meist als Spielball der Männer zeigen (und das durchaus auch kritisieren), versucht Regisseurin Shira Szabady in Annaberg-Buchholz das Publikum in die Welt der Begehrten einzuladen. Die wird, immerhin ist Rosina noch jung, von einem Berg an Kuscheltieren bestimmt, aus dem auch die einzelnen Figuren hervortreten, ebenfalls verkleidet als vielsagende Plüschtiere.

Die Produktion überrascht mit seiner besonderen Optik, einer mutigen Deutung und nicht zuletzt, so der Kritker Bernhard Doppler in der "Freien Presse", durch die musikalische Leistung des Ensembles und des Orchesters, die den bekannten Melodien neue Seiten abgewinnen können.

Eine blonde Frau steht auf einem Haufen Kuscheltiere, darum mehrere Personen in puppengleichen Kostümen.
Die Inszenierung von Rossinis "Barbier" in Annaberg-Buchholz will das Innenleben der Rosina zeigen. Bildrechte: Erzgebirgische Theater- und Orchester GmbH

Weitere Informationen "Der Barbier von Sevilla" von Giacchino Rossini

Adresse:
Eduard-von-Winterstein-Theater
Buchholzer Straße 67
09456 Annaberg-Buchholz

Termine:
3. Mai, 19:30 Uhr
11. Mai, 19:30 Uhr
16. Mai, 19:30 Uhr

Figurentheater in Chemnitz: "Versuch über meinen Großvater"

Es ist eine gewagte Frage, die in deutschen Familien nie gestellt wurde oder selten gestellt wird – aus Angst vor den Antworten: Was haben die eigenen Vorfahren während der Nazi-Herrschaft getan, wie haben sie sich beteiligt? Gundula Hoffmann, die Chefin des Chemnitzer Puppentheaters, hat mit "Versuch über meinen Großvater" den Blick in die Vergangenheit gewagt. Gemeinsam mit Karen Breece, einer Expertin für dokumentarisches Theater, hat sich Hoffmann in die Recherche gestürzt und erzählt auf der Bühne von ihren Entdeckungen.

Dabei geht es ihr nicht darum, in der Rückschau Taten zu verurteilen. Sie will wissen, was diese Taten und das Schweigen darüber mit ihr machen, wie es sich auf ihr Leben ausgewirkt hat. Begleitet wird sie dabei von ihrem Onkel, der in Form einer Puppe auf der Bühne präsent ist. Wie dieser Puppenmann teilweise von drei Menschen über die Bühne bewegt wird, ist etwas Besonderes, meint der MDR KULTUR-Theaterkritiker Wolfgang Schilling nach einer Probe. Dabei zeigt er sich auch fasziniert, dass Gundula Hoffmann diese Geschichte so mutig auf der Bühne erzählt.

Weitere Informationen "Versuch über meinen Großvater"
Ein Rechercheprojekt des Figurentheaters Chemnitz

Adresse:
Spinnbau
Altchemnitzer Straße 27
09120 Chemnitz

Dauer: 70 Minuten, keine Pause

Termine:
18. Mai, 18 Uhr
30. Mai, 20 Uhr

Tanztheater in Chemnitz: "Romeo und Julia" im Opernhaus

Es ist eine der größten Liebesgeschichten der Weltliteratur: “Romeo und Julia” von William Shakespeare. Auch der russische Komponist Sergej Prokofjew hat sich von dem Drama inspirieren lassen zu einer Ballettmusik, die ihrerseits bis heute immer neue Deutungen anregt. In Chemnitz beispielsweise erinnert der Balkon an die Zeit des herrschaftlichen Veronas, während das Treiben auf dem Marktplatz bis ins Heute reicht. Dazwischen bewegt sich das berühmte Paar mit bemerkenswerter Leichtigkeit, wie Boris Gruhl in den "Dresdner Neuesten Nachrichten" bewundert. Die Choreografie zeigt eine bewundernswerte Bandbreite vom klassischen Tanzrepertoire über derben Witz bis hin zum Breakdance. Und ein besonderes Highlight: Ballettchefin Sabrina Sadowska tanzt auch selbst mit als Julias Mutter und beweist, wie viel Ausdruckskraft sie noch besitzt.

Eine Frau in weißem Kleid liegt ausgestreckt auf einem Bett. Vor ihr stehen Personen mit schwarzen Tüchern über den Köpfen, die rote Blütenblätter über sie fallen lassen.
In einem großen Ritual wird die vermeintlich gestorbene Jula in der Chemnitzer Inszenierung zu Grabe getragen. Bildrechte: Ida Zenner

Weitere Informationen "Romeo und Julia"
Ballett von Luciano Cannito mit Musik von Sergej Prokofjew u.a.

Adresse:
Opernhaus
Theaterplatz 2
09111 Chemnitz

Dauer: 150 Minuten, eine Pause

Termine:
11. Mai, 18 Uhr

FÜR KURZENTSCHLOSSENE

Tanztheater in Chemnitz: "Kaleidoskop" im Opernhaus

Der Abend "Kaleidoskop" versammelt vier unterschiedliche Choreografien, in denen das Chemnitzer Ballett verschiedene Seiten zeigen kann. Fabrice Guillot lässt das Ensemble an Seilen hoch über der Bühne tanzen. In "Septem" versucht Yuri Zhukov, die Stärken der Tänzerinnen und Tänzer herauszuarbeiten und zu kombinieren, sodass ein bemerkenswerter Flow entsteht. Der Choreograf Tú Hoàng hat sich von der Club-Kultur inspirieren lassen. Und schließlich lädt uns Andonis Foniadakis in immer neue Traumbilder ein. Die "Freie Presse"-Kritikerin Katharina Leuoth lässt sich immer wieder von dem Abend begeistern, von der Virtuosität des Ensembles und den starken Bildern der Choreografien. Ihrer Meinung nach lohnt sich schon wegen des vierten Stücks "Dream Wave" der Besuch. 

Vier Personen in pinken Spandexanzügen posieren in Ballettposen auf einer dunklen Bühne.
"Dream Wave" ist vielleicht das Highlight des Ballettabends. Bildrechte: Ida Zenna

Weitere Informationen "Kaleidoskop"
Vierteiliger Ballettabend von Fabrice Guillot, Yvruk, Tú Hoàng und Andonis Foniadakis

Adresse:
Opernhaus
Theaterplatz 2
09111 Chemnitz

Dauer: 120 Minuten, eine Pause

Termine:
26. April, 19:30 Uhr

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 17. April 2025 | 08:40 Uhr

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