Auswilderung Chapo am 10.07.2024 im Westerzgebirge
Mitte Juli wurde das männliche Tier Chapo im Westerzgebirge ausgewildert. (Archivbild) Bildrechte: Archiv Naturschutz LfULG / R. Oehme

Auswilderungsprogramm Luchse im Erzgebirge heimisch geworden

29. August 2024, 06:00 Uhr

Nur sehr wenige Luchse leben in Deutschland noch in freier Wildbahn. Bis 2027 sollen insgesamt 20 dieser Wildkatzen im Erzgebirge und Umgebung ausgewildert werden. Das Umweltministerium will mit diesem Programm den Luchs nach mehr als 300 Jahren wieder nach Sachsen holen. Die erste Zwischenbilanz des Programms stimmt die Initiatoren zuversichtlich.

Seit dem Frühling läuft in Sachsen das Projekt "RELynx Sachsen". Die Initiative des Freistaates Sachsen will den Luchs hier wieder heimisch machen. Im Zuge dessen sollen bis zu 20 Karpatenluchse (Lynx lynx carpathicus) im Erz- und Elbsandsteingebirge in die Freiheit entlassen werden. Seit März wurden nach und nach fünf Tiere - drei Männchen und zwei Weibchen - in einem Waldgebiet im Raum Eibenstock ausgewildert. Die ersten Erfahrungen stimmten zuversichtlich, sagt Ulrich Zöphel, Referatsleiter im Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie im Interview mit MDR SACHSEN.

Ein Mann sitzt vor einem Monitor auf dem ein Diagramm zu sehen ist.
Ulrich Zöphel vom Sächsischen Umweltministerium leitet das Auswilderungsprojekt für die Luchse. Bildrechte: MDR/Mario Unger-Reißmann

Mitte März wurden Juno und Nova - die ersten beiden Luchse - im westlichen Erzgebirge ausgewildert. Inzwischen durchstreifen fünf Tiere die Wälder. Wie zufrieden sind Sie mit dem Start?

Bisher ist alles nach Plan verlaufen, denn die Tiere haben sich dort in dem Waldgebiet bei Eibenstock angesiedelt. Auch wenn sie die Gegend bis zu 40 Kilometer durchstreifen, sind sie immer wieder zurückgekommen. Dadurch sind auch für die Vermehrung im nächsten Jahr sehr gute Voraussetzungen gegeben.

Warum hat der Freistaat dieses Auswilderungsprogramm beschlossen?

Der Luchs wurde vor 300 Jahren vom Mensch ausgerottet. Er hat eine deutliche Wirkung auf mittelgroße Raubtiere wie Fuchs, Waschbär oder Marderhund. Und die werden vom Luchs dezimiert. Das ist ein Effekt, den wir so jahrzehntelang nicht hatten. Außerdem: Wenn der Luchs Beute zurücklässt, dann ist das auch gut für Aas-Nutzer.

Naturschützer befürchten, dass der Luchs eine Gefahr für geschützte Tierarten wie das Birkhuhn ist. Stimmt das?

Wir haben Studien durchgeführt und festgestellt, dass keine Gefahr für die Birkhühner im Erzgebirge besteht. Im Gegenteil, wir gehen davon aus, dass der Luchs die Fuchspopulation reduzieren kann, die ein echtes Problem für das Birkhuhn ist. Hier in unseren Breiten ist das Reh die Hauptbeute des Luchses.

Ein Luchs
Luchse sind in Sachsen seit 300 Jahren ausgestorben. Nun werden hier wieder Tiere angesiedelt. (Archivbild) Bildrechte: picture alliance/dpa/CTK | Ludek Perina

Warum haben Sie genau diese Gegend für die Ansiedlung der Tiere ausgewählt?

Der Luchs braucht Waldgebiete, wo es möglichst wenig Zerschneidungen, wenig Straßen und möglichst wenig äußeren Einfluss durch den Menschen gibt. Deswegen haben wir uns für dieses Gebiet entschieden.

Im Rahmen des Auswilderungsprojektes werden die Tiere ja auch überwacht. Wie werden die Luchse geortet?

Die Tiere tragen einen GPS-Halsbandsender, der sendet alle vier Stunden die Position. Dadurch haben wir eine gute Information über die Raumnutzung der Luchse. Sie haben sich im Raum Eibenstock/Klingenthal und Schneeberg niedergelassen aber auch weite Erkundungen durchgeführt. Sie sind bis zu 40 Kilometer nach Oberfranken oder nach Tschechien gelaufen. Das Halsband tragen die Luchse aber nur ein Jahr lang. Danach ist die Batterie leer und die Halsbänder fallen ab.

Durch das Monitoring können Sie ja auch die Gewohnheiten der Luchse studieren. Was haben Sie herausgefunden?

Beim Verhalten gibt es deutliche Unterschiede. Die Wildfangweibchen aus der Schweiz haben gleich einen sehr großen Raum erkundet. Die Tiere aus der Gefangenschaftshaltung sind bisher noch auf viel kleinerem Raum unterwegs. Das wird sich erst mit der Zeit ändern.

Welche Entfernungen legen die Tiere am Tag zurück?

Die Reviere, die sie durchstreifen, umfassen einen Bereich bis zu 20 Kilometer. Und das können sie auch in einer Nacht zurücklegen. Wenn sie dann etwas erbeutet haben, bleiben sie natürlich erst mal dort.

Wie verhalte ich mich, wenn ich einem Luchs begegne. Sind die Tiere gefährlich?

Einem Luchs zu begegnen, ist ein ganz seltenes Ereignis. Er versteckt sich am Tag und wird erst aktiv, wenn es dunkel ist. Bisher gab es von den ausgesetzten Tieren nur vier Beobachtungen. Vom Luchs geht keine Gefahr für den Menschen aus.

MDR (mur/mwa)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 28. August 2024 | 19:00 Uhr

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