Transformation Diese sieben Zukunftsthemen werden uns begleiten

05. Januar 2024, 15:00 Uhr

2024 bringt viele Veränderungen und Transformationen: Vor allem bei Energie, Arbeit und Mobilität sind die Herausforderungen groß. Wir haben zusammengefasst, welche sieben Zukunftsthemen uns 2024 bewegen werden.

1. Gelingt die Verkehrswende?

Der Verkehr ist das große Sorgenkind beim Klimaschutz in Deutschland. Die Ziele zum Einsparen von CO2 werden bei der Mobilität voraussichtlich auch 2024 nicht erreicht. Um im Verkehr den Treibhausgas-Ausstoß entscheidend zu senken, müssten nach Einschätzung von Fachleuten insbesondere mehr Verbrenner-Autos durch E-Autos ersetzt werden. Doch der Stopp vom sogenannten Umweltbonus im Dezember könnte dem Absatz von Elektrofahrzeugen schaden. Gleichzeitig lässt eine von Experten geforderte CO2-Abgabe auf Verbrenner-Autos weiter auf sich warten.

Es wird sich 2024 zeigen, ob sich die E-Automobilität weiter durchsetzen kann oder ob sie unter dem Vertrauensverlust leiden wird, den die Politik verursacht hat. "Es fehlen generell die Rahmenbedingungen, um auf 15 Millionen E-Autos bis zum Jahr 2030 zu kommen", sagt Mobilitäts-Experte Peter Kasten vom Öko-Institut. Dass dieses Ziel der Bundesregierung erreicht wird, ist mehr als fraglich. Die Autohersteller suchen währenddessen einen Umgang mit dem Ende der staatlichen Subventionen – und gewähren selbst teilweise saftige Rabatte auf ihre E-Autos.

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Nach Berechnungen des Expertenbeirates Klimaschutz in der Mobilität (EKM), der die Bundesregierung berät, werden es mit den aktuellen Instrumenten voraussichtlich nur 10,5 Millionen vollelektrische Pkws sein, die bis 2030 verkauft werden. Das Umweltbundesamt erwartet in seinem aktuellen Projektionsbericht sogar nur 8,2 Millionen E-Pkws. Zuletzt verfügten von fast 49 Millionen Pkws in Deutschland gerade einmal etwas mehr als eine Million über einen elektrischen Antrieb. Um das 15-Millionen-Ziel noch zu schaffen, müssten also ab 2024 jedes Jahr fast zwei Millionen E-Pkws neu zugelassen werden. Das entspricht etwa zwei Drittel der jährlichen Neuzulassungen.

Um die Kaufentscheidung stärker zugunsten der Elektromobilität zu fördern, braucht es laut Experte Peter Kasten ein sogenanntes Malus-System – im Gegensatz zum Bonus für E-Autos würden dabei für Verbrenner-Autos zusätzliche Kosten auf Verbraucher zukommen. Der EKM hatte zuletzt errechnet, dass die Einführung einer solchen CO2-Abgabe bei Neuzulassungen dem Staat 27 bis 33 Milliarden Euro bis zum Jahr 2030 einbringen könnte. Auch das Öko-Institut errechnete in einem Klimaschutzinstrumente-Szenario für das Umweltbundesamt, dass eine CO2-Abgabe wesentlich für eine schnellere Verbreitung der Elektromobilität sei. "Die Einnahmen könnten dafür genutzt werden, die Kaufprämie für Elektro-Pkws gegenzufinanzieren und noch einmal zu verlängern beziehungsweise weiterzuentwickeln", sagt Manuel Hendzlik vom Umweltbundesamt.

Neben der Antriebswende hin zu mehr elektrischen Fahrzeugen muss die Zahl der Autos nach Einschätzung von Fachleuten insgesamt sinken. Erst dann können die Treibhausgase im Verkehrssektor so verringert werden wie im Klimaschutzgesetz vorgesehen. Bisher läuft die Entwicklung aber umgekehrt: Jedes Jahr gibt es in Deutschland mehr Autos. Der Anstieg geht vor allem auf den ländlichen Raum zurück, während sich in Städten die Mobilitätswende hin zu mehr Fahrrad und ÖPNV bereits abzeichnet.

Doch um den ÖPNV zu stärken, fehlt derzeit eine stabile Finanzierung. Das Deutschlandticket scheint nach Querelen um einen regionalen Ausstieg in Stendal vorerst weiter flächendeckend gesichert, ab Mai könnte es aber teurer werden. Gleichzeitig greift bei der Bahn seit 1. Januar eine Struktur-Reform, die die Schienen-Infrastruktur voranbringen soll. Zentrales Projekt dieses Jahr ist die Generalsanierung der Riedbahn – die Strecke nahe Frankfurt am Main gilt als wesentlich mitverantwortlich für viele Verspätungen in ganz Deutschland.

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Insbesondere der ländliche Raum gilt als Knackpunkt bei der Verkehrswende. Um hier die Menschen dazu zu bewegen, weniger Auto zu fahren, müssen verschiedene Maßnahmen ineinandergreifen: So gilt es etwa, Angebote wie Supermärkte, Schulen und Praxen möglichst in der Region zu halten, um Wege gar nicht erst zu lang werden zu lassen. Zum anderen braucht es auch in ländlichen Regionen bessere ÖPNV-Angebote. In Sachsen-Anhalt soll beispielsweise Anfang Februar ein neues Plusbus-Angebot den Raum zwischen Genthin, Havelberg, Tangermünde und Stendal besser miteinander verbinden – mit abgestimmten Umstiegen in Fischbeck und stündlichen Fahrten, am Wochenende einem zweistündlichen Takt. Das Plusbus-Konzept mit schnellen Verbindungen gilt als Musterbeispiel für besseren ÖPNV – ursprünglich vom Mitteldeutschen Verkehrsverbund gestartet, findet das Konzept inzwischen auch in anderen Bundesländern Anwendung.

Unter den Städten zeigt das Beispiel Dresden allerdings auch, wie ambitionierte Ziele unter anderem an der Bundespolitik zu scheitern drohen. Dresden will bis zum Jahr 2035 den Pkw-Anteil im täglichen Pendelverkehr auf höchstens 50 Prozent reduzieren. Neuere Berechnungen aus Dresden zeigen inzwischen, dass die derzeitigen Ziele verfehlt werden dürften, wenn nicht noch einige verkehrspolitische Instrumente geschaffen werden.

Ein Problem bei der Umsetzung: Die Gestaltungsspielräume für Kommunen sind begrenzt, viele Entscheidungen liegen auf Bundes- oder Landesebene. Die Bundesregierung hat zwar im Koalitionsvertrag festgehalten, Straßenverkehrsgesetz und -ordnung zu reformieren. 2023 gerieten die Reformpläne allerdings zur Hängepartie. Ein geplanter Gesetzentwurf sollte Kommunen unter anderem mehr Spielräume geben, um Busspuren und Tempo-30-Zonen einzurichten. Im November scheiterte der Entwurf aber auf dem letzten Meter im Bundesrat. Wie es mit der Reform weitergeht, ist derzeit noch unklar.

2. Wie geht es mit der Chip-Industrie in Mitteldeutschland weiter?

Die vergangenen drei Jahre haben gezeigt: Die Industrie hierzulande ist von funktionierenden Lieferketten abhängig – und deren Unterbrechung scheint inzwischen jederzeit möglich. Schaffen es die Chips nicht nach Deutschland, dann werden keine E-Autos gebaut. Als eine Antwort darauf können die Ansiedlungen von Intel in Magdeburg und TSMC in Dresden angesehen werden.

Das Ziel: technologische Souveränität und die Positionierung von Sachsen und Sachsen-Anhalt als zukunftsorientierte Wirtschaftsstandorte; weitere Verankerung Dresdens als Halbleiterregion, mehr Unabhängigkeit von Asien auch mit Blick auf eine mögliche Eskalation des China-Taiwan-Konfliktes. Daran haben die Haushaltsquerelen im Dezember 2023 nichts geändert. An den Milliardenzuschüssen für die ostdeutsche Chip-Industrie soll nicht gespart werden – das ist ein wichtiges Signal nach dem wochenlangen Ringen um den Bundeshaushalt. Damit steht ersten Spatenstichen in Dresden und Magdeburg für Milliardeninvestitionen im Jahr 2024 fast nichts mehr im Weg.

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Intel wird in diesem Jahr voraussichtlich mit dem ersten Spatenstich die Bauarbeiten seiner zwei Fabriken in Magdeburg starten. Trotz Haushaltskrise hält die Bundesregierung an der knapp zehn Milliarden Euro teuren Förderung fest. Nur die EU-Kommission muss der erhöhten Förderung noch zustimmen. Kommt das "Go" aus Brüssel, wird für die Fundamente der Wafer-Fabriken der Boden ausgehoben. In Magdeburg arbeitet bereits ein Team von Intel an der Vorbereitung der Bauarbeiten sowie an der Fachkräftegewinnung.

Intel fördert Hochschulen in Mitteldeutschland, um in der Region Personal für den Halbleitermarkt zu gewinnen. Ab 2027 sollen in Magdeburg Wafer-Scheiben produziert werden, auf denen die Chips sitzen. Wafer sind schallplattengroße Scheiben mit einer Siliziumbeschichtung, auf denen Halbleiter durch ein spezielles Belichtungsverfahren entstehen. Aus den Wafern – Made in Magdeburg – werden am Partnerstandort Wroclaw in Polen die Chips herausgeschnitten und dann an die Kunden in Europa ausgeliefert. 

Nachdem die Region Dresden neben Freiberg, Jena, Erfurt und Meiningen im Mai 2023 in besonderem Maße von der Freigabe von Fördermilliarden für die Halbleiterindustrie durch die EU-Kommission profitiert hat, folgte die Ankündigung des taiwanesischen Konzerns TSMC, in Dresden ein Halbleiterwerk zu bauen. Der erste Spatenstich für den Bau ist in diesem Jahr geplant. Ebenfalls in diesem Jahr startet ein Austausch-Programm der Technischen Universität Dresden mit TSMC, bei dem Nachwuchs für die Halbleiter-Industrie ausgebildet werden soll. Ab Februar gehen 30 Studierende für ein halbes Jahr für ein Studium und Praktikum nach Taiwan. Das Ziel: Know-how und Fachkräfteangebot auszubauen. Damit entwickelt sich das "Silicon Saxony" auch europaweit immer mehr zu einer Region, in der die Industrie und das Wissen um die Halbleiter-Technologie verankert ist.

Doch es gibt auch Kritik: Der Geschäftsführer des Branchenverbandes Silicon Saxony, Frank Bösenberg vermisst strategischen Weitblick. "Für die Mikroelektronik ist viel Geld lockergemacht worden. Es gibt aber noch keine Mikroelektronik-Strategie", sagt er dem MDR. "Jetzt sagen wir zwar: Es ist besser, Geld zu haben ohne eine Strategie als eine Strategie ohne Geld. Aber optimal wäre doch beides zusammen zu machen. Insofern wünschen wir uns eine Mikroelektronik-Strategie der Bundesregierung." Bis 2030 soll sich Europas Weltmarktanteil in der Mikroelektronik von 10 auf 20 Prozent erhöhen, das ist das Ziel des "European Chips Act" der EU. Es mangele aber weiter an konkreten Plänen, wie dieses Ziel erreicht werden solle, so Bösenberg. Er sieht hier die Bundesregierung in der Verantwortung. Diese sollte vorangehen und einen Plan für Deutschland aufstellen.

3. Können Anwohner von Windrädern und Solaranlagen profitieren?

In Flächenländern wie Sachsen-Anhalt werden bereits mehr als 60 Prozent der benötigten Energie klimaneutral erzeugt. Allerdings schwindet mit dem Bau jeder neuen Windkraftanlage und jedes neuen Solarparks die Akzeptanz der betroffenen Einwohner.

Damit sich das in Zukunft ändert, sollen Kommunen und Bewohner von der Erzeugung erneuerbarer Energie vor ihrer Haustür unmittelbar profitieren. Landesregierungen schlagen Gesetze vor, in denen genau das geregelt ist. Bislang ist das lediglich in Mecklenburg-Vorpommern (seit 2017) und Brandenburg (seit 2019) der Fall. Im Jahr 2024 sollen auch in Thüringen und Sachsen-Anhalt Beteiligungen geregelt werden. In Sachsen gibt es bislang keine solche Initiative.

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Die Fraktionen von Linke, SPD und Grünen in Thüringen haben bereits einen Gesetzesentwurf in den Landtag eingebracht. Demnach müssen in Zukunft Windparkbetreiber über verschiedene Modelle Gewinne direkt an Einwohner und Kommunen zahlen. Auch in Sachsen-Anhalt hat SPD-Energieminister Armin Willingmann ein Gesetz zur Akzeptanz und Beteiligung vorgestellt.

Direkt angrenzende Kommunen sollen dann in Sachsen-Anhalt beispielsweise bei neu eingerichteten oder überarbeiteten ("Repowering") Anlagen eine Zahlung von sechs Euro pro Kilowatt-Nennleistung Windenergie und drei Euro pro Kilowatt-Nennleistung Solarenergie erhalten. Bei einem Windrad mit fünf Megawatt Nennleistung wären das jährlich 30.000 Euro. Die Kommunen sollen selbst entscheiden können, was sie mit dem Geld tun. Profitieren könnten soziale oder kulturelle Einrichtungen unmittelbarer Ortsteile, aber auch Kultur-, Bildungs- und Freizeiteinrichtungen oder die energetische Sanierung öffentlicher Gebäude.

4. Wie gehen Unternehmen mit dem Ausstieg aus der fossilen Energie um?

In Mitteldeutschland ändert sich die Wirtschaftsstruktur. Der Grund ist der Ausstieg aus der Nutzung fossiler Energie. Betroffen sind vor allem die Braunkohlegebiete. Der Ausstieg aus der Verstromung von Kohle ist beschlossen und soll schrittweise bis 2038 erfolgen – für die Lausitz (Sachsen und Brandenburg) sowie das Mitteldeutsche Revier (Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen) sind vielfältige Veränderungen programmiert.

Auch der Automobilsektor wandelt sich aufgrund der Umstellung auf den Elektroantrieb und der Anforderung, klimafreundlicher zu produzieren. Immer öfter wird über die Verwendung von Wasserstoff in den Produktionsketten diskutiert – BMW setzt das Gas bereits in der Produktion ein. Autohersteller und Zulieferbetriebe in Mitteldeutschland, die Produkte für die bisherige Antriebstechnik herstellen, verlieren einen Großteil ihrer bisherigen Aufträge.

Der Strukturwandelprozess ist in vollem Gange und wird auch 2024 weitergehen. Dabei liegt ein Fokus der Politik und der betroffenen Betriebe nicht auf Stilllegung, sondern auf Transformation – also auf neuen Aufgaben und auf Neuausrichtung der Produkte. Einige der Unternehmen gehen das an, stellen inzwischen medizinische Geräte her oder Teile für Elektrolyseure. Andere schließen aber auch ihre Werke, so wie der Zulieferer Sumitomo in Oberseifersdorf.

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Das plötzliche Aus der E-Autoprämie setzt die Branche zusätzlich unter Druck. Professor Stefan Bratzel, Leiter des Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach spricht von nunmehr großen Herausforderungen für die Unternehmen, die Anschaffungspreise der Fahrzeuge deutlich zu reduzieren. Geschehe das nicht, würde es den Anbietern nicht gelingen, deutlich mehr E-Autos zu verkaufen, prophezeit Bratzel.

Mit Blick auf das Jahr 2024 spricht er von einem kritischen Übergangsjahr der Elektromobilität: "Wir haben immer noch einen großen Mangel an günstigen Elektrofahrzeugen. Das wird sich in diesem Jahr nur langsam lösen. Wir erwarten erst ab dem Jahr 2025/26 in größerer Zahl eben Modelle in günstigen Preissegmenten. Entsprechend wird das ein sehr, sehr schwieriges Jahr."

Ungeachtet dessen wird das Angebot kleinerer und günstigerer E-Autos im kommenden Jahr voraussichtlich wachsen. Außerdem wird in Branchenkreisen erwartet, dass die Preise für Batterien und damit auch der Pkws deutlich sinken.

5. Wo steht Mitteldeutschland bei der Produktion und beim Einsatz von Wasserstoff?

Mitteldeutschland ist ein wichtiger Standort, um in Zukunft kohlenstoffärmere Energiequellen nutzen zu können – und damit den CO2-Ausstoß zu mindern. Die sogenannte Dekarbonisierung ist eines der großen Zukunftsziele, um klimaschonender zu werden. Bei der Wasserstoffstrategie des Bundes hat die Region eine wesentliche Rolle. Hier werden einige der großen europäischen Wasserstoffprojekte realisiert, sind Leuchttürme für die Produktion grünen Wasserstoffs und dessen Lagerung beheimatet und hier arbeiten die Akteure, die den Wasserstoffhandel innerhalb Deutschlands und voraussichtlich auch der EU entwickeln werden.

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Während der Gesetzgebungsprozess für das nationale Wasserstoffkernnetz im ersten Halbjahr 2024 in die letzte Runde und Sachsen-Anhalt die ersten Ausschreibungen für die Transportrouten "Green Octopus" und "Doing Hydrogen" startet, blicken die Abnehmer in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen darauf, wie sie die "Abfahrten" von der künftigen "Wasserstoff-Autobahn" gestalten. Sie bereiten sich zudem schon jetzt auf den künftigen Fachkräftebedarf vor: Eine erste Studie dazu läuft dem Wasserstoffwirtschaft-Netzwerk Hypos bereits; in Sachsen-Anhalt bieten Universitäten und Hochschulen dazu gemeinsam erste Weiterbildungen an. Außerdem in Arbeit: die erste Wasserstoff-Auktion von Hintco und EEX, bei der es darum geht, Wasserstoffderivate in größeren Mengen zu importieren.

Viele Projekte sind auf dem Weg gebracht. Fast alle sind laut Hypos-Geschäftsführer Johannes Wege vom Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klimafonds und den damit verbundenen Kürzungen betroffen, hofften auf "schnellstmögliche Klärung und Planungssicherheit".

Bis zum Spatenstich, zur Erzeugung von grünem Wasserstoff in großen Dimensionen oder zum Import von Wasserstoff in größeren Mengen wird es aber Wege zufolge noch bis zu zwei Jahre dauern. Eine große Hürde, auf die er verweist: "Grüner Wasserstoff funktioniert nur mit grünem Strom. Im ersten Halbjahr 2023 wurde in Sachsen und Thüringen kein einziges Windkraftrad aufgestellt. Es funktioniert nicht, wenn wir nicht mehr Windkrafträder bauen."

Dabei gibt es in den mitteldeutschen Ländern offenbar einige ideale Standorte für die Wasserstoffproduktion – zumindest nach Ansicht der Firma HH2E, die vier Orte in der Region ausgemacht hat. Für einen der potenziellen Standorte, Thierbach in Sachsen, könnte laut HH2E-Sprecher Luis Ramos in diesem Jahr die finale Investmententscheidung fallen. Geplant ist eine Einspeisekapazität von 100 MW bis 2025.

Schon jetzt setzen Unternehmen am Flughafen Leipzig-Halle wie die DHL Group große Hoffnungen in die in Thierbach geplante Anlage. Der dort produzierte Wasserstoff soll in die Produktion von eSAF fließen – das ist Kraftstoff für Flugzeuge. Eine entsprechende Produktionsanlage soll in Böhlen-Lippendorf entstehen. 2024 könnte auf dem Weg zur Entwicklung von klimaschonendem Flugbenzin ein wichtiges Jahr werden. Rund um den Flughafen Leipzig/Halle hat sich aktuell das Zentrum für klimaneutrales Fliegen gegründet. Das möchte 2024 das Projekt inklusive Finanzierung detailliert geplant haben und der Öffentlichkeit vorstellen. Ziel ist der Beginn einer groß angelegten Produktion von klimaschonendem Kraftstoff – spätestens im Jahr 2029.

6. Wird es wieder lukrativ, Solarpanele in Deutschland herzustellen?

Es wird nicht gekürzt, aber die Gelder fließen langsamer – so fasst der Bundesverband für Solarwirtschaft (BSW) im Dezember die Förderlösungen der Bundesregierung nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil zum Klimafonds KTF zusammen. Der BSW bedauert zudem, dass das Urteil den Gesetzgebungsprozess für das "Solarpaket 1" verzögern wird, denn der entsprechende Gesetzentwurf werde nun erst 2024 in den Bundestag eingereicht – und jeder Monat Verspätung bedeutet für die Branche, dass sie weiter auf das Absenken bürokratischer Hürden und damit auf mögliche Impulse für den Ausbau von Solarfabriken in Deutschland warten muss. Auch die Verbraucher warten auf das Paket: Wenn es dann einmal verabschiedet ist, wird es deutlich einfacher mit dem Aufbau von Balkonkraftwerken.

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Mit der verzögerten Gesetzgebung verschiebt sich das ebenfalls angedachte "Solarpaket 2" weiter in die Zukunft, denn dieses sollte ursprünglich erst in Angriff genommen werden, wenn die Gesetzgebungsprozesse von Teil 1 abgeschlossen sind. Beide Pakete gehören zur nationalen Photovoltaik-Strategie der Bundesregierung, verabschiedet 2023. Ihr Ziel: den Ausbau der Solarenergie in Deutschland vereinfachen und beschleunigen. Ein grandioser Fortschritt – bei desaströser Ausgangslage, so hatten Akteure aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen die Strategie bewertet. Im Mitteldeutschland sind einige große Solarpark-Projekte geplant, so entsteht in Witznitz ein Solarpark mit einer Leistung von 650 Megawatt. Laut Stromspiegel der Beratungsgesellschaft co2online verbrauchen zwei Personen "durchschnittlich 2.000 Kilowattstunden (kWh) Strom pro Jahr im Mehrfamilienhaus bzw. 3.000 kWh im Einfamilienhaus (ohne Warmwasser)".

Derweil beklagen Unternehmen in Mitteldeutschland, die selbst Solar- und PV-Module herstellen, seit Monaten, dass China den europäischen Markt mit Solarmodulen zu Dumpingpreisen flutet – eine Situation, an der sich bis Ende des Jahres nichts verändert hat – ungeachtet aller Forderungen und Überlegungen. Die Wirtschaft zieht inzwischen Konsequenzen, "Solarwatt" in Dresden zum Beispiel startet mit einer deutlich kleineren Belegschaft ins neue Jahr: Fast 90 Mitarbeitern wurde zum Jahresende gekündigt. Die Firma begründet diesen Schritt auch mit dem Ausbleiben "schneller und unbürokratischer Antworten der europäischen und deutschen Politik auf die ungleichen Bedingungen im Wettbewerb mit chinesischen und US-amerikanischen Herstellern".

Übrigens: "Gesunkene Preise für Solaranlagen dürften den Kauf einer Solaranlage bei zugleich absehbar weiter steigenden Energiepreisen 2024 besonders attraktiv machen", sagt der Geschäftsführer vom Bundesverband der Solarwirtschaft, Carsten Körnig. Die billigen Module aus China erleichtern also den Ausbau der Solarstrom-Erzeugung. Die Förderung von nicht selbst genutztem Solarstrom reduziere sich zum Jahresanfang um ein Prozent, was allerdings nicht nennenswert ins Gewicht fallen dürfte.

7. Welche Veränderungen stehen beim Heizen bevor?

Ab 2024 sind bundesweit alle 11.000 Kommunen verpflichtet, eine kommunale Wärmeplanung zu erstellen. Grundlage dafür ist das Gesetz zur kommunalen Wärmeplanung, das im Dezember im Bundesrat beschlossen wurde. Städte mit mehr als 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern müssen bis Ende Juni 2026 ihre Wärmeplanung abgeschlossen haben. Alle kleineren Kommunen haben zwei Jahre mehr Zeit.

Die Kommunen sollen die Möglichkeiten ermitteln, wie die Wärmeversorgung in den Orten auf treibhausgasneutrale Brennstoffe umgestellt werden kann. Also: Welche erneuerbaren Energiequellen können genutzt werden? Gibt es Anwendungsmöglichkeiten von Wasserstoff? Wo gibt es Abwärme-Potential beispielsweise aus Industrieanlagen? Diese kommunale Wärmeplanung ist wichtig für das Heizungsgesetz, das ebenfalls am 1. Januar 2024 in Kraft getreten ist.

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Liegt der Kommunale Wärmeplan vor, greift das Heizungsgesetz. Bürgerinnen und Bürger müssen beim Einbau einer neuen Heizung darauf achten, dass diese mit mindestens 65 Prozent erneuerbaren Energien betrieben wird. Mit der Planung soll die Entscheidung leichter fallen, ob beispielsweise eine Wärmepumpe oder der Anschluss ans Fernwärmenetz am günstigsten ist.

Schon jetzt sind einige Städte und Kommunen dabei, kommunale Wärmeplanungen zu erarbeiten. Die Stadt Leipzig zum Beispiel. Ihr Ziel ist, in Zusammenarbeit mit Stadtwerken und Wohnungsbaugesellschaft schon bis 2038 eine klimaneutrale Energie- und Wärmeversorgung umzusetzen. Ariane Pflaum vom Klimaschutz-Referat der Stadt Leipzig hat auf der ersten Info-Veranstaltung zur kommunalen Wärmeplanung erörtert, wie umfangreich und herausfordernd so eine Planung ist: "Innerhalb der Verwaltung arbeiten zwölf Ämter zusammen, um tatsächlich zu schauen, wie kriegen wir diesen Wärmeplan hin. Das hat was mit Daten zu tun, das hat was mit Personalkapazitäten zu tun. Das hat aber auch ganz viel mit der Infrastrukturplanung zu tun."

Das Thema sei für die meisten Kommunen neu, also "finanziell und personell eine enorme Herausforderung", so ein Sprecher des Thüringer Umwelt- und Energieministeriums zu MDR Aktuell. Die Nachfrage nach Beratung zur kommunalen Wärmeplanung sei enorm. Beratungsangebote sollen weiter ausgebaut werden. Kommunen können sich für die Beratung an die Landesenergieagenturen, ans Kompetenzzentrum Kommunale Wärmewende und private Beratungsunternehmen wenden. Der Bund will zudem 2024 einen Leitfaden zur kommunalen Wärmeplanung für die Kommunen herausgeben. Bis Ende 2023 konnten sich Kommunen die Wärmeplanung bis zu 100 Prozent fördern lassen. Wie zukünftig gefördert wird, ist noch offen.

Das Bundesbauministerium setze sich für eine Förderung in Höhe von 500 Millionen Euro ein, so eine Sprecherin. Die Abstimmung darüber habe sich durch die Haushaltskrise verschoben. Anfang Februar 2024 soll nun über die genaue Summe im Bundestag abgestimmt werden. Außerdem müssen ein Großteil der Bundesländer noch landesrechtliche Bestimmungen zur kommunalen Wärmeplanung treffen. Der lange Weg hin zu einer klimaneutralen Wärmeversorgung in Deutschland wird 2024 mit der kommunalen Wärmeplanung eingeleitet.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 05. Januar 2024 | 12:10 Uhr

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