Das Werk von Volkswagen in Zwickau
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Nach zweiter Tarifrunde Sächsischer VW-Betriebsrat sieht kaum Annäherung bei Verhandlungen

30. Oktober 2024, 21:58 Uhr

Volkswagen hat bei der zweiten Tarifrunde in Wolfsburg erstmals konkrete Details zu seinen Sparplänen genannt. Demnach sollen die Tariflöhne um zehn Prozent gesenkt werden. Der VW-Betriebsrat für den Standort Sachsen sieht aktuell jedoch keine Annnäherung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Zu möglichen Werksschließungen äußerte sich VW zudem nicht. Der Automotive Cluster Ostdeutschland macht jedoch Hoffnung für den VW-Standort Zwickau.

Uwe Kunstmann, VW-Betriebsrat für den Gesamtstandort Sachsen, sieht aktuell keine Annnäherung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bei den Tarifverhandlungen von Volkswagen. Er sagte MDR AKTUELL, vor einem Kompromiss gehe es erst einmal darum, VW und alle deutschen Standorte zukunftssicher aufzustellen, mit einer echten Perspektive für 2035 und alle drei sächsischen Standorte.

Der Vorstand habe sich zwar gesprächsbereit gezeigt, jedoch wurde eine "Giftliste" mit massiven Einschnitten vorgelegt. "Man kann nicht sagen, wir haben uns heute angenähert. Es ist eher auf dem letzten Stück verhindert worden, dass die Verhandlungen jetzt schon abgebrochen werden", so Kunstmann.

Volkswagen fordert zehnprozentiges Gehaltsminus für Mitarbeiter

Der angeschlagene Autohersteller Volkswagen hatte am Mittwoch nach einer zweiten Tarifverhandlungsrunde mit der Gewerkschaft IG Metall seinen Plan einer massive Gehaltsreduzierung vorgestellt. Das Unternehmen setze sich für eine zehnprozentige Entgeldreduzierung und die Streichung einer Reihe von Sonderzulagen für die Beschäftigen ein, sagte VW-Verhandlungsführer Arne Meiswinkel in Wolfsburg. Auch dann stehe VW im Industriedurchschnitt immer noch als hoch attraktiver Arbeitgeber da.

Zu möglichen Werksschließungen und Personalabbau machte Meiswinkel keine näheren Angaben.

IG-Metall: Dreister Griff in Tasche der Beschäftigten

IG-Metall-Verhandlungsführer Thorsten Gröger bezeichnete die Pläne als "sowohl in der Form als auch in der jeweiligen Größenordnung nicht akzeptabel" und als "dreister Griff in die Tasche der Beschäftigten". Zugleich begrüßte er, dass sich VW nun bereit zeige, über eine Zukunft aller Standorte ohne Werksschließungen und Massenentlassungen zu verhandeln.

Daniela Cavallo, Gesamt- und Konzernbetriebsratsvorsitzende der Volkswagen AG, und Thorsten Gröger, Bezirksleiter der IG Metall in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt, geben nach den zweiten Tarifverhandlungen von Volkswagen und IG Metall Pressestatements ab.
IG-Metall-Verhandlungsführer Thorsten Gröger und Betriebsratschefin Daniela Cavallo zeigen sich nach der zweiten Verhandlungsrunde unzufrieden. Bildrechte: picture alliance/dpa | Moritz Frankenberg

Am Montag hatte der Betriebsrat bekannt gegeben, VW plane, mindestens drei Werke in Deutschland zu schließen und zehntausende Arbeitsplätze abzubauen. Der Konzern selbst hat die Angaben bisher nicht bestätigt. Auch die Zukunft der Standorte Zwickau, Chemnitz und Dresden ist damit unsicher.

Automotive Cluster Ostdeutschland: Hoffnung für Standort Zwickau

"Wenn Zwickau als Standort geschlossen würde, ist das so, als würde ein Komet in diesem Ort einschlagen. Und zwar ein ziemlich großer", sagte Jens Katzek vom Automotive Cluster Ostdeutschland bei MDR AKTUELL. "Das Werk ist eine große Hoffnung schon seit vielen Jahrzehnten. Es sind über 10.000 Menschen, die dort arbeiten, auch wenn man die Zulieferer betrachtet. Es ist ein ganz zentrales Element für die Region."

Weil dort über eine Milliarde Euro investiert und 8.000 Mitarbeiter fortgebildet worden seien, könne er sich nicht vorstellen, dass das Werk geschlossen werde. "Das ist das Flagschiff der Elektromobilität und VW setzt sehr stark auf die Elektromobilität", so Katzek weiter.

Für die anderen beiden sächsischen Standorte falle die Einschätzung schwerer. Gerade in Dresden spreche man schon lange darüber, wie man das Werk auffangen könne, weil dort nur wenig produziert werde.

Volkswagen offen für gemeinsame Lösung

Volkswagen sei "offen für jegliche zielführende Diskussion zur Erreichung des finanziellen Ziels", sagte Meiswinkel von VW nach der Verhandlungsrunde. Und fügte hinzu: "Nur wenn wir gemeinsam Lösungen finden, unsere finanziellen Ziele zu erreichen, dann können wir uns auch konkrete Perspektiven für die deutschen Standorte und eine mögliche Beschäftigungssicherung vorstellen."

Details sollen nun zunächst in drei Kommissionen besprochen werden. Am 21. November wollen VW und Gewerkschaft zur nächsten Tarifrunde zusammenkommen.

Werkschließungen und Massenentlassungen nicht vom Tisch

Betriebsratschefin Daniela Cavallo dämpfte jedoch die Hoffnungen auf eine schnelle Einigung am Verhandlungstisch. Werkschließungen und Massenentlassungen seien nach wie vor nicht vom Tisch. "Dementsprechend warne ich auch davor, das als eine erste Annäherung zu interpretieren", sagte sie. Doch, so Cavallo weiter: "Jetzt liegt wenigstens etwas auf dem Verhandlungstisch – auch wenn das meilenweit von unseren Vorstellungen entfernt ist."

VW kämpft wie viele europäische Hersteller mit niedrigen Absätzen besonders bei E-Autos, zunehmend harter Konkurrenz aus China und zugleich hohen Kosten im Heimatland. Am Mittwochmorgen hatte der Konzern seine Quartalszahlen vorgelegt und verzeichnete darin einen Gewinneinbruch von 63,7 Prozent.

dpa, AFP, MDR (smk)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR AKTUELL | 30. Oktober 2024 | 19:30 Uhr

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