Ausbildung statt Studium Gewerkschaftsbund wünscht sich bessere Berufsberatung am Gymnasium
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12. September 2023, 07:38 Uhr
Es ist nicht selten der Fall, dass junge Menschen ihr Studium abbrechen, um doch eine Berufsausbildung zu beginnen. Häufig können sie die sogar verkürzen. Doch warum nicht gleich für die Ausbildung entscheiden, statt erstmal zu studieren? Für den Deutschen Gewerkschaftsbund liegt das Problem an den Gymnasien und welches Bild dort von beruflichem Erfolg und finanzieller Absicherung vermittelt wird.
- Ein Teil der Studienabbrecher fängt noch einmal eine Berufsausbildung an.
- Durch bereits gesammelte Erfahrungen können die Quereinsteiger ihre Ausbildung oft verkürzen.
- Der Deutsche Gewerkschaftsbund wünscht sich, dass sich junge Menschen häufiger direkt für eine Berufsausbildung entscheiden.
Felix Herrmann hat nochmal von vorn angefangen. Der 25-Jährige besitzt bereits ein Diplom in der Immobilienwirtschaft, er hat zwei Jahre lang Häuser bewertet. Doch so richtig glücklich war er damit nicht. Nun hat er eine Lehre zum Maler begonnen. Schon als Student jobbte er nebenbei als Maler, was ihm stets gefiel. "Dieses Rauskommen, selber was mit den Händen machen. Nicht zu 100 Prozent vorm Rechner nur zu sitzen. Und auf der anderen Seite bezogen aufs Malerhandwerk einfach die Abwechslung. Das ist ja bei weitem nicht so, dass es nur Wände und Wohnungen weiß streichen ist. Und man sieht halt jeden Tag, was man geschafft hat", sagt Herrmann.
Er ist kein Einzelfall. Immer wieder sitzen auch Quereinsteiger in den Berufsschulen. Es sind zumeist Mittzwanziger, die bereits ein Studium abgeschlossen oder – deutlich häufiger – abgebrochen haben.
Dass diese Lehrlinge mitunter zehn Jahre älter sind als klassische Berufsschüler, findet Gert Ziener von der IHK Leipzig unproblematisch. "Da gibt es keinerlei Berührungsängste. Sicherlich werden die am Anfang schon etwas verwundert beäugt, aber im Endeffekt befruchtet sich das eher. Vielleicht können die jungen Leute, die mit 16 oder 17 in die Berufsschule einsteigen von den Älteren ein Stück weit etwas lernen, wie man bestimmte im alltäglichen Leben meistert. Und vielleicht auch umgekehrt."
Verkürzte Ausbildung für Quereinsteiger
Auch Felix Herrmann hat mit seinen 25 Jahren nun noch mal Matheunterricht und Sport. Allerdings locken die Kammern Quereinsteiger wie ihn mit der Möglichkeit, die Ausbildung zu verkürzen.
Der Geschäftsführer des Sächsischen Handwerkskammertages, Andreas Brzezinski, sagt: Wer schon Erfahrungen und Wissen mitbringe, könne um ein Jahr reduzieren. "Wenn jemand sagt, er bricht ein Ingenieurstudium ab und macht dann eine Ausbildung im Bereich Sanitär, Heizung, Klima oder Elektro, dann kann man ja vielleicht auch mal auf Studieninhalte schauen und auch die vielleicht mit anrechnen. Das funktioniert schon sehr gut und wird dann auch sehr individuell gestrickt."
IHKs werben gezielt um Studienabbrecher
Weil Azubis fehlen, werben die Kammern ganz gezielt um Studienabbrecher. Rund 80.000 gibt es jedes Jahr. Ein kleiner Teil lässt sich auf die zweite Chance Berufsausbildung ein. Dabei stellt sich die Frage, warum die Abiturienten nicht von vornherein diesen Karriereweg gefunden haben, sondern erst ein Studium aufnehmen.
Die Ursachen liegen für Vincent Drews in den Gymnasien. Der Jugendsekretär des DGB Sachsen kritisiert, dort finde zwar eine Studienberatung statt, aber oft keine Berufsberatung. "Wir müssen einfach bildungspolitisch die Struktur schaffen, dass es Berufsberatung an jedem Gymnasium gibt. Und dann würde sich dort schon ein Stück weit die Perspektive verändern."
Gymnasien vermitteln bestimmtes Bild
Aus Drews' Sicht ist das Narrativ des Gymnasiums in der Gesellschaft ein grundsätzliches Problem. Dort werde suggeriert: Wer etwas werden will, muss studieren. "Wenn man ein ausreichendes Einkommen haben will, das auch die Rente sichert, dann muss man studieren. Und das stimmt ja nun wirklich nicht", sagt der Gewerkschafter.
Gäbe es an allen Gymnasien eine Berufsberatung, würden sich womöglich mehr Abiturienten von vornherein für eine Lehre entscheiden, meint Drews. Die Universitäten könnte das entlasten. Und vielleicht fänden ein paar mehr Abiturienten in Berufe, in denen Nachwuchs so dringend gesucht wird.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 12. September 2023 | 06:47 Uhr
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