Engpässe in Apotheken Immer mehr Medikamente sind nicht lieferbar
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10. November 2022, 10:13 Uhr
Immer mehr Medikamente sind in Deutschland nicht lieferbar und täglich kommen neue hinzu. Einige Arzneien seien bereits seit Monaten nicht verfügbar, sagt Friedemann Schmidt, Präsident der Landesapotherkammer Sachsen.
Studie: 93 Prozent aller Apotheken kämpfen täglich mit Engpass
93 Prozent aller Apotheken kämpfen laut aktuellen Zahlen des Marktforschungsinstituts Bonsai Research täglich mit Lieferengpässen bei Medikamenten. "Mehr als zwei Drittel der Lieferengpässe in Apotheken betreffen verschreibungspflichtige – also versorgungsrelevante, das heißt mitunter lebenswichtige – Medikamente", erklärt Bettina Mertens-Danowski, die Leiterin der Anfang November dazu veröffentlichten Studie.
Apotheker: "Nachlieferungsankündigungen mit Lieferterminen in mehreren Monaten"
Friedemann Schmidt, Apotheker und Präsident der Landesapothekerkammer Sachsen, muss seit Wochen Patienten und Patientinnen vertrösten und nach Ersatz für angefragte Medikamente suchen. Jeden Tag kämen neue Artikel auf die Mängelliste, sagt er. Mehr als 240 fehlende Produkte seien es bereits aktuell gewesen.
Mittel gegen Erkältungen wie Nasenspray und Lutschtabletten seien massiv betroffen. Fiebersäfte fehlten seit Monaten, auch Elektrolytpulver für Kinder. Bei rezeptpflichtigen Medikamenten sei unter anderem ein Mangel an Antibiotika zu verzeichnen, auch an Inhalationsmedikamenten gegen Asthma und COPD. Außerdem gäbe es Ausfälle bei bestimmten Insulinen. "Wir haben Nachlieferungsankündigungen mit Lieferterminen in mehreren Monaten", sagt der Präsident der Landesapothekerkammer Sachsen.
Suche nach alternativen Medikamenten teuer für Apotheken
Das Personal in den Apotheken versucht daher immer öfter, die Lücken zu kompensieren und prüft die Bestände nach möglichen Alternativprodukten. "Eine durchscnittliche Apotheke wendet im Jahr 15.000 Euro zusätzlich auf, um diese Lieferengpässe irgendwie für die Patienten erträglich zu machen", sagt Friedemann Schmidt. Eine Mitarbeiterin sei in seiner Apotheke mit der Warenbeschaffung allein täglich ein bis zwei Stunden extra beschäftigt. Dabei würden unter anderem Lieferanten, Ärzte, Patienten und andere Apotheken angerufen, um fehlende Produkte doch noch an Patienten ausgeben zu können.
Mangel auch an Flaschen und Verpackungen
Viele Pharmazeuten sind inzwischen dazu übergangen, dringend benötigte Mittel vermehrt selbst herzustellen. Doch auch dies wird zur Herausforderung, weil das dafür nötige Equipment ebenfalls zur Mangelware geworden ist. Es fehlten etwa "Rezeptursubstanzen, Flaschen und Zubehör", sagt Friedemann Schmidt.
Dass die Medikamente knapp werden, hat viele Gründe. Einer davon sind auch hier Lieferengpässe bei Herstellern im Ausland. Aber der Papiermangel in Deutschland verschlimmert ebenso die Lage. Arzneimittel sind mitunter nicht zu bekommen, weil schlicht die Verpackungen dafür fehlen.
MDR Wirtschaftsredaktion
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Sachsenspiegel | 06. November 2022 | 19:00 Uhr