Eine Frau mit Brille
Künstliche Intelligenz kann mittlerweile viele verschiedene Aufgaben erledigen. Bildrechte: IMAGO/Westend61

Neue Technologien DGB fordert mehr Mitbestimmungsrecht für Betriebsräte wegen KI

15. Juli 2024, 05:00 Uhr

Viele Angestellte fragen sich, ob ihre Arbeit in Zukunft auch von einer künstlichen Intelligenz erledigt werden kann. Und das wird zunehmend auch Thema für Betriebsräte. Der Deutsche Gewerkschaftsbund fordert deswegen, dass Mitspracherechte der Räte ausgeweitet werden. Die Räte selber halten das aber gar nicht unbedingt für nötig.

Ralf Geißler, Wirtschaftsredakteur
Bildrechte: MDR/Isabel Theis

Betriebsrat Sebastian Speer empfängt vor den Toren der Leipziger Wasserwerke. Dahinter steuern Angestellte das Leitungsnetz und befüllen Speicher für den richtigen Wasserdruck. Theoretisch, sagt Speer, könne vieles von dem, was die Kolleginnen und Kollegen machen, auch von künstlicher Intelligenz erledigt werden.

Doch weil am Ende immer noch ein Mensch draufschauen müsse, bereite ihm das keine Sorgen: "In der Industrie gibt es viele Beispiele, wo KI wirklich gute Arbeit leistet und ich glaube auch nicht, dass von heute auf morgen viele Jobs verschwinden. Im Gegenteil, wir müssten eher mehr tun, um die Leute zu befähigen, mit KI zu arbeiten. Das ist, glaube ich, eher das Thema", sagt Speer.

Gewerkschaftsbund fordert Mitbestimmungsrechte

Tatsächlich dürfte es in Deutschland bislang kaum Beschäftigte geben, die wegen einer Künstlichen Intelligenz entlassen wurden. Trotzdem beschäftige das Thema Betriebsräte und Gewerkschaften, sagt Yasmin Fahimi. Die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes wünscht sich deshalb eine Reform des Betriebsverfassungsgesetzes. Das regelt, welche Mitsprachrechte Betriebsräte haben.

Mit Einführung von KI stellten sich für Fahimi viele neue Fragen: Soll die KI Prozesse optimieren? Soll sie Geschäftsmodelle erneuern? Oder soll es dazu dienen, am Ende Beschäftigung zu reduzieren oder gar Menschen zu überwachen und zu kontrollieren? Das Interesse der Beschäftigen sei es von Anfang an, dabei zu sein und mitgestalten zu können, sagt Fahimi. "Wir brauchen Mitspracherechte von Betriebsräten, die auf die neuen Herausforderungen auch angemessen reagieren können und das heißt schlicht und ergreifend auch mehr erzwingbare Mitbestimmungsrechte." Nur mitreden findet Fahimi zu wenig.

Betriebsräte gegen neue Regelungen

Doch wie sehen es die Betriebsräte selbst? Jens Köhler leitet den Betriebsrat von BMW Leipzig. Das Unternehmen lässt Bewerbungen durch KI vorsortieren, es setzt KI in der Logistik ein und will fertige Autos künftig autonom aus dem Werk rollen lassen. Diese Entwicklungen habe der Betriebsrat begleitet, sagt Köhler – unter den bisherigen Regelungen.

Änderungen hält er für unnötig: "Wir werden lange brauchen, bis wir die Vereinbarung fertig haben und bis wir von allen Seiten abgestimmt haben. Wenn wir sie so weit haben, hat sich der Inhalt überholt, weil irgendetwas Technisches schon wieder neu entstanden ist, so schnell wie das mittlerweile geht." Köhler ist der Meinung, dass es keine neuen Regeln brauche.

Auch Oliver Stettes vom arbeitgebernahen Institut der Deutschen Wirtschaft sagt, die Rechte für Betriebsräte seien über Jahrzehnte mühsam austariert worden: "Wir beobachten ein bewährtes Miteinander von Betriebsräten und Geschäftsführung trotz aller Meinungsverschiedenheiten. Beide Seiten sind im Großen und Ganzen mit dem Miteinander zufrieden. Deswegen sollte man das Betriebsverfassungsgesetz und die dort verankerten Mitbestimmungsrechte gar nicht großartig verändern."

Zurück bei den Leipziger Wasserwerken. Betriebsrat Speer findet vor allem wichtig, dass Beschäftigte weitergebildet werden, wenn KI ihren Arbeitsplatz verändert und dass jeder im Job dann eine neue Chance bekommt. Um dabei mitzureden, reichten die jetzigen Regeln aus, sagt Speer. Aber es könnten natürlich neue Fragen auftauchen. Dann müsse man bei den Mitbestimmungsrechten vielleicht doch noch einmal nachsteuern.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 12. Juli 2024 | 06:05 Uhr

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