Schild vor Wohnungsbaustelle
In der Baubranche brechen die Aufträge weg. Bildrechte: IMAGO / BildFunkMV

Baubranche Auftragseinbrüche im Wohnungsbau: Mehr als die Häfte der Betriebe hat Mangel

07. November 2023, 05:00 Uhr

Hohe Zinsen und teure Baupreise: Immer mehr Projekte im Wohnungsbau werden auf die lange Bank geschoben. Laut ifo-Institut für Wirtschaftsforschung hat die Stornierungswelle einen neuen Höchststand erreicht. Fast die Hälfte der Betriebe berichten über einen Auftragsmangel.

Astrid Wulf, Moderatorin und Autorin
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Seit gut 20 Jahren bauen Mathias Wachs und sein Team fast nur Ein- und Zweifamilienhäuser. Denn damit war die Firma aus dem sächsischen Roßwein sehr gut ausgelastet, erzählt der 58-Jährige. Normalerweise baut die Firma um die 60 Häuser pro Jahr, doch seit zwei Jahren sinken die Auftragszahlen. Für kommendes Jahr gebe es erst sieben Verträge, sagt Wachs.

Wenig Aufträge für Einfamilienhäuser und Wohnungen

"In der gegenwärtigen Situation – speziell im Wohnungsbau – nur von einer Flaute zu sprechen, wird der Situation nicht wirklich gerecht. Wir haben definitiv eine tiefgreifende Rezession und viele Kollegen der Branche zehren noch von Auftrags-Rücklagen aus vergangenen Monaten und Jahren, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass wir nächstes Jahr überhaupt erst mal sehen werden, wie sich die Situation so auswirkt. Das wird es noch ein kräftiges Gewitter in der Branche geben, von dem mancher noch gar keine Vorstellung hat. Davon bin ich überzeugt."

In der gegenwärtigen Situation – speziell im Wohnungsbau – nur von einer Flaute zu sprechen, wird der Situation nicht wirklich gerecht. Wir haben definitiv eine tiefgreifende Rezession.

Mathias Wachs Bauunternehmer

Wachs ist auch Vize-Präsident des Sächsischen Baugewerbeverbands. Seine Kollegin und Verbandssprecherin Katrin Kleeberg ergänzt, dass nicht nur Eigenheime betroffen sind. "Auch große Wohnungsbauunternehmen wie Wohnungsbaugenossenschaften oder städtische Wohnungsbauunternehmen haben ihre Aufträge, die schon zum Teil unterschriftsreif oder unterschrieben waren, auf die lange Bank geschoben."

Gestiegene Materialpreise, Löhne und Zinsen sorgen für Auftragsrückgang

Kleeberg sagt, eine Pleitewelle im Baugewerbe als Folge könne der Verband nicht ausschließen. Auch in Sachsen-Anhalt und Thüringen beobachten die Baugewerbsverbände dramatische Rückgänge. Die Gründe liegen für alle auf der Hand: gestiegene Materialpreise und Löhne, hohe Zinsen und veränderte Förderstandards der Bundesregierung. Burkhard Siebert führt die Geschäfte beim Verband baugewerblicher Unternehmer sowie beim Bauindustrieverband in Thüringen: "Im Wohnungsbau haben wir starke Einbrüche, sowohl bei den geleisteten Stunden – minus 15,2 Prozent – als auch bei dem Umsatz mit knapp minus 10 Prozent. Da muss man berücksichtigen, dass die Preissteigerungen den Rückgang kompensieren. Und der Auftragseingang im Wohnungsbau Januar bis August gegenüber dem Vorjahreszeitraum ist um 30,5 Prozent zurückgegangen."

Kurzarbeit in Bauunternehmen

Die Unternehmen blicken in eine ungewisse Zukunft, bewertet auch der Bauindustrieverband Ost die Situation. Einige Unternehmen hätten bereits Kurzarbeit beantragen müssen.

Wir sollten nicht den gleichen 'Fehler' machen wie in der Gastro. Wenn wir nicht aufpassen, werden wir auch das Problem haben, dass wir die Leute freistellen und die dann in irgendwelche anderen Branchen abwandern.

Mathias Wachs Bauunternehmer

Dazu gehört auch Bauunternehmer Mathias Wachs in Sachsen. Allerdings könne er das Kurzarbeitergeld auf 90 Prozent aufstocken, da sich die Krise lange angekündigt hat. "Ich glaube schon, dass es nicht nur meine, sondern auch die Verantwortung der Branche ist, zu sehen, dass die Mitarbeiter in der Branche gehalten werden. Wir sollten nicht den gleichen 'Fehler' machen wie in der Gastro. Wenn wir nicht aufpassen, werden wir auch das Problem haben, dass wir die Leute freistellen und die dann in irgendwelche anderen Branchen abwandern."

Wachs geht davon aus, künftig nicht mehr nur vom Eigenheimbau leben zu können. Deshalb sorgt er vor und macht seine Mitarbeiter unter anderem für die energetische Sanierung von Häusern fit.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 07. November 2023 | 06:13 Uhr

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