Aktivisten der Anti-Atom-Bewegung projizieren eine große Anti-Atom-Sonne auf den Kühlturm eines Atomkraftwerkes
Aktivisten haben anlässlich der Abschaltung der letzten AKW in Deutschland am 15. April eine große Anti-Atom-Sonne auf den Kühlturm des Atomkraftwerks Emsland projiziert. Bildrechte: picture alliance/dpa | Lars Klemmer

Energieversorgung Atomkraft-Ausstieg: Industrie warnt vor Versorgungsengpässen

11. April 2023, 15:58 Uhr

Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) hält durch den bevorstehenden Atomausstieg die Energieversorgung für nicht gesichert. Das Risiko bedeutet zudem einen Standortnachteil für Deutschland, warnt DIHK-Chef Peter Adrian. Wirtschaftsminister Robert Habeck hatte zuvor die Versorgungssicherheit garantiert.

Industrievertreter widersprechen der Aussage von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), dass die Energieversorgung in Deutschland auch nach dem Atomausstieg gesichert sei. Der Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer, Peter Adrian, betonte in der "Rheinischen Post", Deutschland sei auf alle verfügbaren Energieträger angewiesen. Nur so könnten Versorgungsengpässe und eine erneute Steigerung der Energiepreise vermieden oder abgemildert werden.

Wir müssen deshalb weiterhin alles dafür tun, das Angebot an Energie auszuweiten und es keinesfalls weiter einzuschränken.

DIHK: Unsichere Energieversorgung als Standortnachteil

Ausfälle oder Einschränkungen bei der Energieversorgung seien für Deutschland ein bislang unbekanntes Risiko und ein Standortnachteil, der in einem Industrieland durch nichts ausgeglichen werden könne, warnte er. "Vor diesem Hintergrund setzen weite Teile der deutschen Wirtschaft darauf, einsetzbare Kernkraftwerke bis zum Ende der Krise weiterlaufen zu lassen."

Verband sieht Risiken für höheren CO2-Ausstoß

Die Vorsitzende der Geschäftsführung des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), Kerstin Andreae, sagte, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, brauche man wasserstofffähige Gaskraftwerke. Die fehlten bislang. Andreae warnte zugleich, dass durch den Atomausstieg der Kohlendioxid-Ausstoß zunehme, weil Kohlekraftwerke länger laufen müssten.

Habeck garantiert Versorgungssicherheit nach Ausstieg

Habeck hatte am Ostermontag in einem Zeitungsinterview garantiert, dass die Energieversorgung nach dem Ausstieg aus der Atomkraft am 15. April sicher sei. Die Energieversorgungssicherheit in Deutschland werde gewährleistet sein, sagte er in den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Die Lage sei durch die hohen Füllstände in den Gasspeichern, die neuen Flüssiggasterminals an den norddeutschen Küsten und durch mehr erneuerbare Energien gut. Habeck prognostizierte einen Anteil von 80 Prozent erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2030.

Göring-Eckhardt erwartet sinkende Strompreise

Ähnlich äußerte sich die Bundestagsvizepräsidentin der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, bei MDR AKTUELL. Atomkraft habe schon im vergangenen Winter keine wesentliche Rolle mehr gespielt, so Göring-Eckardt. Trotz Atomausstiegs gehe sie davon aus, dass die Strompreise sinken werden. Erneuerbare Energien seien günstiger. Wind und Sonne bekäme man zum Nulltarif. Bis dahin diene Gas als Übergangslösung.

In der Ampelkoalition sind sich die Parteien weiter nicht einig über den Atomausstieg. Die FDP will die drei Meiler Isar 2, Neckarwestheim und Emsland zumindest in Reserve halten. Politiker von SPD und Grünen bekräftigen den Ausstieg und nennen ihn "unumkehrbar".

Bisher keine Lösung für Atommüll-Lagerung

Die Nutzung der Atomkraft in Deutschland für die Stromerzeugung wird in Deutschland am 15. April nach gut sechs Jahrzehnten beendet. Die Hinterlassenschaften der Akw, weit über tausend Behälter mit Atommüll, dürften das Land aber noch viele Jahrhunderte, wenn nicht Jahrtausende beschäftigen. Angestrebt wird eine sichere Einlagerung tief im Gestein für eine Million Jahre.

Bisher gibt es in Deutschland aber kein Endlager für Atommüll. Die Suche nach einem geeigneten Standort sollte nach der ursprünglichen Planung bis 2031 abgeschlossen sein. Die Entscheidung trifft auf Grundlage der wissenschaftlichen Erkenntnisse letztlich der Bundestag. Ein Endlager sollte dann bis 2050 zur Verfügung stehen. 

dpa/AFP/epd (kkö/ajn)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 11. April 2023 | 07:00 Uhr

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