Europawahl Warum der Stimmzettel so lang ist – und wie man den Überblick behält
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05. Juni 2024, 16:34 Uhr
In Deutschland sind 35 Parteien für die Europawahl zugelassen. Dadaurch wird der Wahlzettel extrem lang. Doch nur so sind alle gleichberechtigt, wie das Bundesverfassungsgericht entschieden hat. Wissenschaftler haben eine Orientierungshilfe im Internet entwickelt, die Wählern helfen soll.
- Mit 34 Parteien ist der Wahlzettel zur Europawahl weitaus länger als bei anderen Wahlen – und für viele unübersichtlicher.
- Grund ist, dass Parteien bei der Europawahl keine fünf Prozent der Wählerstimmen erreichen müssen und daher eher antreten.
- Wer sich vorher informieren will, kann das online tun.
34 Parteien* mit mehr als 300 Kandidaten – so zum Beispiel sieht der sächsische Wahlzettel für die Europawahl aus. Die wählbaren Parteien und Vereinigungen sind links aufgelistet, das Kreuz wird auf der rechten Seite gemacht. In jeder Parteispalte sind die ersten zehn Kandidierenden jeder Partei kleingedruckt mit Name, Beruf und Wohnort aufgelistet.
Wer den Stimmzettel in der Wahlkabine zum ersten Mal vor sich hat, könnte Geduld brauchen. Einige Briefwähler in Chemnitz haben da schon ihre Erfahrung gemacht: "Den langen Zettel muss man vorher gesehen haben", kritisiert ein Passant. Ein anderer sagt: "Kein Überblick mehr – ich weiß ehrlich gesagt nicht, wen ich wählen könnte, sollte, müsste. Keine Ahnung!"
Zugang für jede Gruppierung und Partei macht Wahlzettel so lang
Vor allem die Vielzahl an Parteien und Vereinigungen sorgen bei vielen Wählern für lange Gesichter. Da tauchen dann auch Namen auf wie "Volt", "MERA25" oder "Menschliche Welt".
Warum hier so viele kleine Gruppierungen auftauchen, erklärt der Politikwissenschaftler Philipp Thomeczek von der Universität Potsdam. "Bei den Europawahlen ist es so, es gibt da keine Fünf-Prozent-Hürde wie bei Bundestags- oder Landtagswahlen. Das bedeutet natürlich auch, dass noch viel mehr Parteien sich größere Chancen ausrechnen, dass sie da was erreichen können. Also einen Sitz zum Beispiel, ein Sitz im Europaparlament."
Dass es in Deutschland bei der Europawahl keine Fünf-Prozent-Hürde gibt, geht auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zurück. Das kam zu dem Schluss, die Sperrklausel verstoße gegen die Grundsätze der Chancen- und Wahlrechtsgleichheit. Jedes EU-Land kann selbst für sich eine Sperrklausel festlegen oder nicht. Für Deutschland gilt: Auf dem Wahlzettel muss auch Platz sein für kleinste Gruppierungen.
Möglichkeit sich vorher zu informieren
Wer keine Briefwahl macht und am Sonntag in der Wahlkabine Schweißausbrüche vermeiden will, der hat zumindest die Chance, sich im Internet vorzubereiten. Unter europartycheck.de gibt’s eine Wahlhilfe.
Die hat Philipp Thomeczek von der Universität Potsdam mit mehreren Wissenschaftlern entwickelt: "Also es gibt in dem Tool die Parteipositionen. Die sind über eine Umfrage unter Parteiexpertinnen und -experten entstanden. Das heißt, da haben wir die dann gefragt die SPD wo steht die in der Wirtschaftspolitik oder die CDU wo steht die zum Beispiel bei gesellschaftspolitischen Themen, Migration, Zuwanderung beispielsweise. Und das Ganze haben wir dann eingespeist in dieses Tool. Und die gleichen Fragen bekommen dann auch die Wählerinnen und Wähler, die das nutzen wollen und am Ende wird das dann verrechnet."
Insofern mache Demokratie für Wählerinnen und Wähler natürlich auch ein bisschen Arbeit, sagt Thomeczek und bis zu einem gewissen Grad müsse man mit den vielen Angaben auf dem Wahlzettel leben.
* In einer vorherigen Version dieses Artikels hieß es, in Deutschland seien 34 Parteien zur Europawahl zugelassen. Es sind allerdings 35 Parteien und sonstigen politischen Vereinigungen zur Europawahl zugelassen. Von diesen nehmen nur zwei mit Listen für einzelne Länder an der Europawahl teil, und zwar die CDU in allen Ländern außer Bayern und die CSU in Bayern. Die übrigen Parteien und sonstigen politischen Vereinigungen haben Listen für alle Länder eingereicht. Die Stimmzettel enthalten daher in jedem Bundesland 34 Wahlvorschläge.
MDR AKTUELL (ksc)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | RADIO | 05. Juni 2024 | 06:12 Uhr
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