Eine Hand hält eine Geldkarte und einen 50-Euro-Schein. 3 min
Audio: Nach langem Gezerre einigten sich Bund und Länder auf eine gemeinsame Lösung bei der Bezahlkarte für Asylbewerber. Doch es gibt weiter erhebliche regionale Unterschiede bei der Umsetzung. Bildrechte: IMAGO / epd
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Bilanz Was die Bezahlkarte für Asylbewerber gebracht hat

29. Dezember 2024, 05:00 Uhr

Vor einem Jahr schlugen bundesweit Kommunen Alarm, sie seien mit Geflüchteten überfordert. Deutschland sei für Asylbewerber zu attraktiv, die Bargeldleistungen müssten gekürzt werden. Auch sei der Verwaltungsaufwand zu hoch. Deshalb wurde und wird auf sogenannte Bezahlkarten umgestellt. Hat jetzt jeder Asylbewerber eine Karte? Warum haben manche zwei Karten? Und was bringt das?

Die Vorbereitungen laufen, sagt Frances Lein. Noch wenige Tage, dann werden im sächsischen Landkreis Bautzen die neuen bundesweit einheitlichen Bezahlkarten ausgegeben, so die Sprecherin des Landratsamtes. 880 Karten werden demnach ab Januar verteilt: "Alle volljährigen Asylbewerberinnen und Asylbewerber mit Leistungsanspruch erhalten einen Termin im Landratsamt, um ihre neue Bezahlkarte abzuholen." 

Für viele Geflüchtete kommt jetzt die zweite Bezahlkarte

Kann sein, dass sich Geflüchtete im Landkreis Bautzen jetzt fragen: Wozu noch eine? Denn tatsächlich werden sie nun vorübergehend zwei Karten haben. Neben der neuen auch eine alte, die sie behalten können, bis deren Guthaben aufgebraucht ist. Alle sächsischen Landkreise verfahren so. Und auch viele in Thüringen. Sie wiederholen die Ausgabe der Bezahlkarte, sie führen die bundesweit einheitliche im Januar ein und ersetzen die von der Funktionsweise her identische alte Karte, die sie erst im Frühling verteilt hatten. Das klingt umständlich und nach doppelter Arbeit.

Doch Frances Lein vom Landkreis Bautzen verteidigt das Vorgehen: "Der Landkreis Bautzen hat die Bezahlkarte im April dieses Jahres als Pilotprojekt eingeführt. In Vorbereitung auf die bundesweite Einführung einer einheitlichen Bezahlkarte." Die Frage, ob sich das gelohnt habe, bejaht Lein. Weniger Bargeldauszahlungen entlasteten die Verwaltungen und verringerten die Anreize für Asylbewerber, Geld ins Ausland zu schicken.

Neuer Verwaltungsaufwand und Probleme, da nicht überall mit Karte bezahlt werden kann

Anderer Meinung ist Dave Schmidtge vom Flüchtlingsrat Sachsen. Geflüchtete und Behörden hätten in den vergangenen Monaten immer wieder von Problemen berichtet, sagt Schmidtge. Zum Beispiel bei Überweisungen, die das Amt prüfen müsse, aber damit nicht hinterherkäme. Dann bekämen Asylbewerber Mahnungen von ihrem Telefonanbieter.

Das größte Problem gebe es allerdings beim Einkaufen, z.B. im Second-Hand-Geschäft oder im Eckladen. Schmidtke erklärt: "Die Digitalisierung in Deutschland ist noch nicht an den Punkt vorangeschritten, dass gerade Menschen mit wenig Einkommen ohne Bargeld auskommen." Demnach gab es auch wiederholt Beschwerden, dass Kinder nicht das Geld im Sportverein bezahlen können, weil kleinere Sportvereine gar keine Überweisungen durchführen können, sondern dort bar gezahlt werden muss.

Bundesweit unterschiedliche Bargeldleistungen und Regelungen

Ein weiterer Kritikpunkt des Flüchtlingsrats ist: Die Bezahlkarte wird bundesweit unterschiedlich gehandhabt. In manchen Landkreisen oder Städten kann man mit ihr nur 50 Euro abheben, in anderen 120. In manchen Ländern ist die Einführung Pflicht, in Thüringen zum Beispiel nicht. Voraussichtlich werden daher die Städte Erfurt, Weimar, Jena und Suhl gar keine Bezahlkarte einführen.

Schrittweise Einführung in Sachsen-Anhalt und Sachsen

Auch in Sachsen-Anhalt gab es bis auf Magdeburg bislang keine Bezahlkarten. Doch das Land hat nun knapp 10.000 Bundesbezahlkarten verschickt und die Städte und Kreise verpflichtet, diese auszugeben, erklärt Innenministerin Tamara Zieschang: "Die liegen mittlerweile alle bei den Landkreisen und kreisfreien Städten vor, insofern ist der erste Abruf abgeschlossen."

Den Angaben zufolge wurde mit der Ausgabe teils schon begonnen, der Landkreis Börde war der erste. Und die anderen folgten sukzessive. In wenigen Wochen sollen dann alle Asylbewerber in Sachsen-Anhalt eine Bezahlkarte haben. Übrigens auch in Sachsen, das Innenministerium hat ebenfalls 10.000 Karten an die Städte und Kreise verschickt. 

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 29. Dezember 2024 | 08:00 Uhr

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