Wehr- und Zivildienst Ampel streitet über Dienstpflicht für junge Menschen
Hauptinhalt
15. Februar 2023, 16:00 Uhr
SPD-Verteidigungsminister Boris Pistorius spricht sich für eine Debatte über eine allgemeine Dienstpflicht in Deutschland aus. Justizminister Marco Buschmann von der FDP und die Jusos sehen das ganz anders: Während ein ranghoher Juso von "vollkommenem Humbug" spricht, hat Buschmann verfassungsrechtliche Bedenken.
- Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius erhofft sich von einer Dienstpflicht mehr gesellschaftlichen Zusammenhalt.
- Die Jusos und die FDP lehnen den Vorstoß von Pistorius ab.
- Mit dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs kam eine neue Diskussion über Wehr- und Dienstpflicht auf.
In SPD und Ampel-Koalition ist eine Debatte über eine allgemeine Dienstpflicht für junge Menschen entbrannt. Verteidigungsminister Boris Pistorius sieht gute Argumente für einen solchen Dienst: "In den vergangenen Monaten ist der Eindruck entstanden, dass manche nicht die nötige Wertschätzung für Feuerwehr und Rotes Kreuz, Polizei und Bundeswehr aufbringen", sagte Pistorius der Deutschen Presse-Agentur. Die allgemeine Dienstpflicht könne helfen, Menschen und staatliche Organisationen wieder ein Stück näher zusammenzubringen.
Pistorius: Dienstpflicht könnte gut für gesellschaftlichen Zusammenhalt sein
Pistorius schränkte zugleich ein, in der politischen Meinungsbildung zu dieser Frage müsse die Stimme der jüngeren Menschen gehört werden. "Ich habe mich ausdrücklich nicht für die Reaktivierung der Wehrpflicht ausgesprochen", betonte er. Vielmehr halte er die Diskussion um eine allgemeine Dienstpflicht für wertvoll.
Die allgemeine Dienstpflicht könnte helfen, die Menschen und die staatlichen Organisationen wieder ein Stück näher zusammenzubringen.
Zudem sei er zurückhaltend, "einer Generation, die sowieso schon eine schwierige Zukunft vor sich hat, jetzt mal eben so eine allgemeine Dienstpflicht aufzubürden", sagte Pistorius weiter. "Was aus meiner Sicht dafür spräche? Sie könnte vor Augen führen, wie wichtig diese Einrichtungen für das Funktionieren unserer Gesellschaft sind."
Jusos und FDP gegen Dienstpflicht
Dagegen lehnt der stellvertretende Bundesvorsitzende der SPD-Jugendorganisation Jusos, Johannes Barsch, eine Wehr- oder Dienstpflicht strikt ab. Barsch sagte MDR AKTUELL, sie sei nicht notwendig, um gesellschaftliche Werte zu vermitteln: "Dieses Argument wird gerne von konservativer Seite angebracht, ist aber vollkommener Humbug." Stattdessen benötigten junge Menschen attraktive Ausbildungsbedingungen, bezahlbaren Wohnraum und "eine Politik, die nicht zu geizig ist, in eine resiliente Gesellschaft zu investieren".
Auch bei Pistorius' Koalitionspartnern von der FDP stieß die Forderung nach einer Dienstpflicht auf Widerstand. Justizminister Marco Buschmann sagte der dpa, er halte die Diskussion für völlig verfehlt: "Gerade die junge Generation war in den letzten Jahren durch die Corona-Pandemie über die Maßen belastet." Und auch aus verfassungsrechtlicher Sicht bestünden an einer solchen Pflicht ernsthafte Zweifel.
Diskussion über Dienstpflicht seit Ukraine-Krieg
Die Wehrpflicht war 2011 nach 55 Jahren ausgesetzt worden, was einer Abschaffung von Wehr- und Zivildienst gleichkam. Der russische Angriff auf die Ukraine hatte zuletzt wiederholt eine Debatte um eine Wiedereinführung ausgelöst. Der von Pistorius verwendete Begriff der Dienstpflicht umfasst nach allgemeinem Verständnis einen zeitlich begrenzten Dienst für die Allgemeinheit. Dabei könnte die Bundeswehr eine Option neben anderen Tätigkeiten etwa im sozialen Bereich sein.
MDR/dpa (jan)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 15. Februar 2023 | 06:30 Uhr