Vorsorgestreit Gesundheitscheck-Ups in der Apotheke: Apotheker und Mediziner skeptisch
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18. Oktober 2023, 07:04 Uhr
Nach den Plänen von Bundesgesundheitsminister Lauterbach sollen Apoheken künftig Vorsorgeuntersuchungen mit übernehmen. Zum Beispiel Blutdruckmessen, Cholesterin- oder Zuckerwerte bestimmen. Doch die Idee kommt nicht bei allen gut an. Während Mediziner die fachmännische Einordnung der Ergebnisse bemängeln, haben Apotheker Bedenken den Mehrwand personaltechnisch stämmen zu können.
- Ärzten fehlt die medzinische Einordnung der genommenen Werte
- Apotheken halten es für gut, ihre pharmazeutische Expertise einzubringen.
- Die personelle und finanzielle Aufstellung der Apotheken bereitet Sorgen.
Nach den Plänen von Bundesgesundheitsminister Lauterbach sollen Apotheken künftig Vorsorgeuntersuchungen mit übernehmen. Zum Beispiel Blutdruckmessen, Cholesterin- oder Zuckerwerte bestimmen. Doch diese Idee kommt nicht bei allen gut an.
Hausarzt: Es braucht keine Zusätzlichen Strukturen
Dr. Holger Fischer ist Allgemeinmediziner in Quedlinburg. Hier in der Harzstadt betreibt er seit 30 Jahren eine eigene Praxis. Rund 100 Patienten versorgt er pro Tag. So sind Vorsorgeuntersuchungen wie Blutdruckmessen oder Zuckerwerte bestimmen für ihn Routine. Dass Apotheker diese Aufgaben mit übernehmen sollen, kann Holger Fischer nicht verstehen.
"In den Hausarztpraxen werden seit vielen Jahren Check-Up-Untersuchungen angeboten, und zwar bis zum 35. Lebensjahr einmalig, und dann ab dem 35. Lebensjahr alle drei Jahre. Dafür zusätzlich Geld in die Hand zu nehmen, eine Struktur zu etablieren, ist weder finanzpolitisch sinnvoll noch medizinisch notwendig. Eine Entlastung für die Hausärzte stellt das jedenfalls nicht dar. Menschen, die an Prävention nicht interessiert sind, gehen auch nicht in eine Apotheke und lassen sich auch nicht untersuchen."
Gesundheitscheck in der Apotheke: Einordnung der Werte fehlt
Vorsorgeuntersuchungen seien nicht Aufgabe der Apotheken, sagt Fischer. Solche Ideen führten nicht zur Verbesserung der Versorgung. Welche Konsequenzen diese Idee für Patienten habe, erklärt der Bundesvorsitzende des Deutschen Hausärzteverbandes, Markus Beier.
"Wir halten von dieser Maßnahme gar nichts. Es tauchen dann plötzlich Werte auf, ein erhöhter Wert oder ein erniedrigter Wert ist noch keine Erkrankung. Das heißt, die Einordnung, ist es eine Erkrankung, kann die Apotheke gar nicht leisten. Unzählige Menschen werden mit Werten konfrontiert, die Fragen aufwerfen, Ängste, Unsicherheiten und die werden alle dann in unseren Praxen adressiert. Von unstrukturierten Screeningverfahren halten wir überhaupt nichts."
Apotheker: Pharmazeutische Expertise stärker nutzen
In den Apotheken selbst sorgt die Idee von Bundesgesundheitsminister Lauterbach für gemischte Gefühle. Die grundsätzliche Bereitschaft sei da, aber viele Fragen noch offen, so die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände ABDA.
"Die Pläne zu Vorsorgeuntersuchungen aus dem Bundesgesundheitsministerium kennen wir bislang nur aus den Medien. Die pharmazeutische Expertise der Apothekerinnen und Apotheker kann und sollte stärker genutzt werden, um die Gesundheit der Menschen zu verbessern. Nichtsdestotrotz muss man sich genau anschauen, welche Präventionsleistungen in Apotheken sinnvollerweise angeboten werden können.“
In Apotheken wird schon seit Jahren Vorsorgeuntersuchungen durchgeführt
Man erwarte, dass das Bundesgesundheitsministerium alle Schritte bei diesem Vorhaben gemeinsam mit der Apotheker- und Ärzteschaft vornimmt. Der Thüringer Apotheker Ronald Schreiber weist darauf hin, dass in den Apotheken schon seit Jahren Vorsorgeuntersuchungen durchgeführt werden. Schreiber ist Präsident der Landesapothekerkammer Thüringen. Er betreibt in Erfurt selbst eine Apotheke und sieht deshalb vor allem den Personalengpass als kritisch.
"Wenn Herr Lauterbach dieses Problem zusammen mit uns lösen will, dann kann er das gerne tun und dann ist es sicherlich auch möglich, dass wir zusätzliche Aufgaben übernehmen. Vorher muss man sich natürlich auch noch über andere Rahmenbedingungen unterhalten und das ist eine auskömmliche Vergütung. Denn, wenn man sich die aktuellen Plänen von Herrn Lauterbach fürs Apothekenwesen ansieht, dann sind die ja keinesfalls in eine Richtung gelenkt, wo es um eine Verbesserung der Einkommenssituation in der Apotheke geht."
So gäbe es seit zehn Jahren keine Honorar-Anpassungen, zudem sei in diesem Jahr der Apothekenabschlag für die Krankenkassen erhöht worden. Schreiber kritisierte außerdem, dass der Bundesgesundheitsminister mit seiner Idee an die Öffentlichkeit gegangen sei, ohne sie vorab mit den Apotheken zu besprechen.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 18. Oktober 2023 | 06:10 Uhr