Kranke Frau mit gebrochenem Bein telefonierend, mit Unterlagen in der Hand.
Ab Montag kann man sich bei der Unabhängigen Patientenberatung wieder telefonisch beraten lassen. Bildrechte: imago images / Panthermedia

Fragen und Antworten Nach Reform: Patienten können sich wieder unabhängig beraten lassen

06. Mai 2024, 20:58 Uhr

Befunderläuterungen, Konflikte mit Ärzten oder Fragen über Behandlungskosten: Die Unabhängige Patientenberatung soll Menschen bei den verschiedensten Fragen zum deutschen Gesundheitswesen beraten – und das unabhängig, verständlich sowie kostenfrei. Seit diesem Montag ist das wieder möglich. Nach einer Reform nimmt die Unabhängige Patientenberatung als neu gegründete Stiftung ihre Tätigkeit auf. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Wer ist die Unabhängige Patientenberatung (UPD)?

Die Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) ist eine gemeinnützige Einrichtung und als Stiftung bürgerlichen Rechts im Dezember 2023 neu organisiert worden. Sie bietet Ratsuchenden umfassende Beratung in gesundheitlichen und gesundheitsrechtlichen Fragen und erfüllt damit einen gesetzlichen Auftrag.

Dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) wurde dabei die Aufgabe der Errichtung der Stiftung übertragen. Er ist daher vom Gesetzgeber verpflichtet worden, die Stiftung zu finanzieren, ohne jedoch Einfluss auf die Beratungstätigkeit nehmen zu dürfen. Auch das ist gesetzlich festgeschrieben.

Stiftungen des bürgerlichen Rechts Selbständige (rechtsfähige) Stiftungen treten als Stiftungen des bürgerlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Stiftungen in Erscheinung. Das können unter anderem Unternehmensstiftung, Familienstiftung, gemeinnützige Stiftung, Kombinationsmodelle, Gemeinschafts- und Bürgerstiftung sein. Sie bedürfen einer staatlichen Anerkennung seitens der zuständigen Behörde und unterstehen der staatlichen Stiftungsaufsicht sowie der Kontrolle seitens der Finanzbehörden. Daher haben sie keine Mitglieder und bestehen nur aus Stiftungsvermögen. Dabei handelt es sich oft lediglich um ein Sachvermögen (Immobilien, Kunstwerke, Medienbestände, authentische Liegenschaften).

Außerdem ist die Stiftung rechtlich ein selbstständiges Gebilde, sodass sie einen Stiftungsvorstand haben muss, der sie in allen Angelegenheiten vertritt. Für rechtsfähige Stiftungen gilt erfahrungsgemäß bundeseinheitlich ein unteres Dotationslimit von 50.000 Euro.

Stiftungen dienen meistens gemeinnützigen Zwecken wie beispielsweise kulturellen Institutionen, Sportvereinen oder Krankenhäusern.

Wie ist die Stiftung organisiert?

Organe der Stiftung sind der Stiftungsvorstand, der Stiftungsrat und der wissenschaftliche Beirat. Der Stiftungsvorstand besteht aus zwei hauptamtlichen Mitgliedern. Seit dem 1. Mai 2024 ist Sven Arndt als erster von zwei Vorständen bestellt worden. Diese wurden vom Stiftungsrat auf Vorschlag der darin vertretenen Patientenorganisationen bestellt. Der Stiftungsrat setzt sich aus Vertreterinnen und Vertretern verschiedener Interessengruppen zusammen, einschließlich Ministerien, Abgeordneten des Deutschen Bundestages, Vertretern der gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen sowie Patientenorganisationen. Der Vorsitzende des Stiftungsrates ist der Patientenbeauftragte der Bundesregierung. Für die derzeitige Legislaturperiode ist das Stefan Schwartze von der SPD.

Was macht die UPD genau?

Die UPD berät und informiert alle Bürger zu gesundheitlichen und rechtlichen Themen, Fragen und Anliegen rund um das Gesundheitswesen. Die Hauptaufgabe der Stiftung ist es, allen Menschen in Deutschland unabhängige und neutrale Beratung zu gesundheitlichen und gesundheitsrechtlichen Fragen kostenfrei zur Verfügung zu stellen. Dies soll den Ratsuchenden helfen, sich im Gesundheitssystem zu orientieren und informierte Entscheidungen zu treffen. Gibt es zum Beispiel einen Streit mit der eigenen Krankenkasse oder man fühlt sich von einem Arzt schlecht beraten oder falsch behandelt, kann man sich kostenlos beraten lassen.

Zu welchen Themen kann man sich beraten lassen?

Die Themenbandbreite reicht dabei von der Augenheilkunde und Behandlungsfehlern über Fragen zum Krankengeldbezug, Ablehnungen der Kostenübernahme durch die Krankenkasse bis zur Zahnmedizin. Zudem berät die UPD bei Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung. Ein großer Teil der Beratung ist das Thema Pflege. Auch bei der regionalen Suche nach Ärzten, Therapeuten, Kliniken oder Selbsthilfegruppen wird geholfen.

Welche Leistungen bietet das Beratungsangebot und welche Grenzen hat es?

Die Stiftung UPD unterstützt Personen durch eine Beratung, die darauf abzielt, die Situation der Ratsuchenden zu klären und mögliche nächste Schritte zu identifizieren. Das Angebot beinhaltet die Navigation durch das Gesundheitssystem, die Hilfe bei der Identifizierung geeigneter Anlaufstellen und die Aufklärung über zuverlässige Gesundheitsinformationen. Des Weiteren werden Ratsuchende auf Arztbesuche vorbereitet und medizinische Begriffe und Zusammenhänge erklärt.

Die Grenzen des Beratungsangebots sind klar definiert: Die UPD stellt keine medizinischen Diagnosen und beurteilt nicht die Eignung spezifischer Behandlungen oder Untersuchungen. Sie gibt keine Zweitmeinungen und empfiehlt keine spezifischen medizinischen Einrichtungen oder Fachpersonen. Ferner vermittelt die UPD keine Arzt-Termine und bietet keine spezialisierte fachärztliche Beratung an.

Wer berät die Patienten?

Für die Beratung bilden interdisziplinäre Teams aus geschulten Experten die Grundlage. Darunter befinden sich unter anderem Rechtsanwälte, Ärzte sowie medizinische, pharmazeutische und psychosoziale Fachkräfte oder Sozialversicherungsfachangestellte. Die Qualität der Beratung wird durch regelmäßige Schulungen und Weiterbildungen des interdisziplinären Teams sichergestellt. Dadurch sollen sie kontinuierlich über den neuesten Stand der Wissenschaft und Gesetzgebung informieren werden.

Wie und wo kann man sie erreichen?

Die Beratung ist in der Aufbauphase der Stiftung zunächst noch begrenzt und erfolgt ausschließlich telefonisch. Aufgrund dieser Einschränkung wird es zunächst keine Möglichkeit für Rückrufe geben. Auch schriftliche oder Online-Beratungen sind momentan nicht möglich. Zudem sind die Informationen auf der Website noch begrenzt. Anschließend soll schnellstmöglich auch in regionalen Beratungsstellen und über weitere Kanäle geholfen werden. Weitere Formate der Beratung (Online-Chat, E-Mail oder Video-Chat) sollen der Stiftung zufolge schrittweise erprobt und implementiert werden.

Das Beratungstelefon ist in der Startphase mit folgenden Beratungszeiten verfügbar: Montag, Dienstag und Donnerstag von 09:30 bis 12:00 Uhr und von 15:00 bis 17:00 Uhr, Mittwoch und Freitag von 09:30 bis 14:00 Uhr. Die Beratung erfolgt dabei anonym und ist über die kostenfreie Telefonnummer 0800-0117722 erreichbar. Die Zeiten sind Teil einer Übergangsphase und können angepasst werden, um den Bedürfnissen der Ratsuchenden besser gerecht zu werden.

Wie wird das Angebot finanziert?

Die Beratung ist für die Patienten kostenfrei. Dafür soll der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung dem Gesetzesentwurf zufolge der UPD jährlich einen Gesamtbetrag in Höhe von 15 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Auch die private Krankenversicherung kann sich an der Finanzierung entsprechend ihrem Versichertenanteil beteiligen. In den Vorjahren betrug dieser sieben Prozent. Diese Mittelgeber dürfen keinen Einfluss auf die Beratungstätigkeit der Stiftung nehmen.

Was unterscheidet die Stiftung UPD von anderen Beratungseinrichtungen?

Die Stiftung UPD zeichnet sich durch ihr gesetzliches Mandat und ihre Unabhängigkeit von Einflüssen Dritter aus. Die Beratungsinhalte werden nicht von Pharma-Unternehmen, Versicherungen, Krankenhäusern oder Behörden beeinflusst. Dies gewährleistet eine neutrale und objektive Beratung, die ausschließlich den Interessen und Bedürfnissen der Ratsuchenden dient.

UPD: Entstehung und Kontroverse

Die bundesweite UPD wurde 2020 gegründet, um Bürgerinnen und Bürger in gesundheitlichen und gesundheitsrechtlichen Fragen zu beraten. Davor wurde sie vom Sozialverband VdK Deutschland, dem Verbraucherzentrale Bundesverband und dem Verbund unabhängige Patientenberatung (VuP) als Gesellschafter seit 2006 betrieben. 2015 hatten der GKV-Spitzenverband und der Patientenbeauftragte der Bundesregierung den kommerziellen Gesundheitsdienstleister und Call-Center-Betreiber Sanvartis mit der Trägerschaft beauftragt. Seitdem wuchs die Kritik an der Beratung und an möglichen Interessenkonflikten von Sanvartis.

Deshalb verabschiedete die Koalition aus SPD, Grünen und FDP Anfang 2023 ein Gesetz, mit dem die Trägerschaft der UPD ab 2024 in eine Stiftung des öffentlichen Rechts umgewandelt werden sollte. Der entsprechende Gesetzesentwurf wurde im März 2023 beschlossen. Im Dezember 2023 wurde die Stiftung als "rechtsfähig" von der zuständigen Senatsverwaltung für Justiz von Berlin ernannt. Gesundheitsminister Karl Lauterbach zufolge wird durch die Reform die Patientenberatung "in eine staatsferne und unabhängige Struktur" überführt.

Allerdings gab es auch hier zuletzt Kritik von Patientenverbänden. Sie zweifeln an der Unabhängigkeit der Stiftung, da mit der GKV als Stifter eine zu starke Stellung und damit Einflussnahme in der Stiftung vermutet wird. Denn Konflikte zwischen Patienten und Krankenkassen machen einen großen Teil der Patientenberatung aus.

mit KNA.

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Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 06. Mai 2024 | 10:16 Uhr

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