Eine Tablette wird in die Hand einer Seniorin gelegen
Viele Menschen wünschen sich selbstbestimmt über das Ende ihres Lebens entscheiden zu können. Bildrechte: imago images/Becker&Bredel

Reaktionen Erleichterung und Enttäuschung nach Scheitern des Sterbehilfegesetzes

07. Juli 2023, 08:24 Uhr

Am Donnerstag hat das Parlament zwei Vorschläge diskutiert, die die Sterbehilfe neu regeln sollen. Doch keiner der Entwürfe fand eine Mehrheit und so bleibt Hilfe bei der Selbsttötung unreguliert. Doch es gibt ein großes Bedürfnis nach einer Lösung – sowohl bei Bürgern als auch bei Medizinern.

Es ist nur eine Handvoll Menschen, die an diesem Vormittag über das Thema Sterbehilfe reden will. Doch die wenigen sind sich relativ einig: Ein Mensch sollte selbstbestimmt über das Ende seines Lebens entscheiden und dafür auch Hilfe in Anspruch nehmen dürfen.

Eine ehemalige Altenpflegekraft erzählt, dass sie schlimme Sachen erlebt habe und deswegen die Sterbehilfe in bestimmten Fällen befürworte. Eine andere Person stellt klar: "Ich möchte sterben, wie ich will und dabei Hilfe haben."

Sterbehilfe in der Medizin umstritten

Doch das Ringen um gesetzliche Regelungen zur Sterbehilfe geht weiter. Zwei Entwürfe hat der Bundestag abgelehnt. Zur Erleichterung von Heiner Melching. Er ist Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin. Er freut sich darüber, dass es eine große Mehrheit für die Suizidprävention gegeben habe: "Die beiden anderen Gesetzesentwürfe hätten wir wirklich für ungeeignet gehalten. Jeder, das hat man heute gemerkt, hat da andere Menschen im Kopf: Von psychisch Kranken, von Menschen in Krisen, einsamen Hochaltrigen oder Schwerstkranken und die hätte man nicht in eine Regel packen können, weil die unterschiedliche Dinge brauchen."

Das weiß auch die Jenaer Psychiaterin Sabine Köhler. Sie habe häufig Patientinnen und Patienten mit Suizidgedanken, die man aber behandeln könne. Trotzdem findet es die Bundesvorsitzende des Berufsverbandes Deutscher Nervenärzte fatal, dass es weiter kein Gesetz zur Sterbehilfe gibt: "Das ist eine Katastrophe für alle, die damit zu tun haben, weil damit ein Raum geöffnet wird, in der sich die Menschen, die mit Sterbehilfe konfrontiert sind, zwar sicher sein können, dass sie nicht strafverfolgt werden, aber in der Ausgestaltung dessen, was sie tun oder tun wollen, sehr verunsichert sind."

Keine zeitnahe Lösung in Sicht

Die beiden abgelehnten Gesetzentwürfe wollten festschreiben, dass es unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt ist, tödliche Medikamente für einen assistierten Suizid zu verschreiben.

Der Strengere sah vor, geschäftsmäßige Sterbehilfe weiter unter Strafe zu stellen und nur nach Beratung, psychiatrischer Begutachtung und langen Bedenkzeiten die Sterbehilfe zu erlauben.

Im zweiten Entwurf hieß es, Sterbehilfe solle grundsätzlich straffrei bleiben, aber eine Beratung vorgeschaltet werden. Eine solche Beratungspflicht stößt unter den Bürgern auf geteiltes Echo: "Mir hilft bei meinem Lebensweg auch nicht wirklich jemand, wenn ich Entscheidungen treffe. Die treffe ich oder nicht und wenn ich möchte, gehe ich irgendwo hin und frage nach."

Ob es zeitnah einen neuen Anlauf für ein Gesetz zur Sterbehilfe geben wird, ist noch unklar. Psychiaterin Köhler würde sich eine Regulierung gewerbsmäßiger Sterbehilfe wünschen. Der Palliativexperte Heiner Melching meint, neben Aufklärung und Qualifikation müsste man im Arzneimittelrecht klarstellen, dass Ärzte keine Angst haben müssen, wenn sie im Ernstfall tödliche Medikamente verschreiben.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 07. Juli 2023 | 06:00 Uhr

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