Nach Ampel-Aus Merz und die Opposition drängen auf schnelle Neuwahlen
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07. November 2024, 13:32 Uhr
Bundeskanzler Scholz will erst im März Neuwahlen, Unionsfraktionschef Merz schon im Januar. Auch bei anderen Oppositionsparteien und in der Wirtschaft wird der Ruf nach einem schnellen Wahltermin immer lauter.
Nach dem Bruch der Ampel-Koalition drängen Opposition und Wirtschaft Kanzler Olaf Scholz (SPD), schnellstmöglich den Weg für Neuwahlen freizumachen. Union, AfD, BSW und auch die FDP forderten Scholz auf, dazu schon kommende Woche die Vertrauensfrage im Bundestag zu stellen. SPD und Grüne planen das erst am 15. Januar. Ein Treffen des Kanzlers mit Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) am Donnerstag über das weitere Vorgehen bis zur Neuwahl brachte keine Annäherung.
Merz: Können uns keinen Stillstand leisten
Scholz will die Vertrauensfrage im Bundestag erst Mitte Januar stellen und peilt eine vorgezogene Bundestagswahl Ende März an. Merz hingegen bekräftigte am Donnerstagmorgen: "Wir können es uns einfach nicht leisten, jetzt über mehrere Monate hin eine Regierung ohne Mehrheit in Deutschland zu haben und anschließend über weitere Monate einen Wahlkampf zu führen und dann möglicherweise mehrere Wochen Koalitionsverhandlungen. Das muss jetzt schnell gehen."
Scholz und Habeck planen Minderheitsregierung
Scholz will nach dem Ausscheiden der FDP im Streit um die Wirtschafts- und Haushaltspolitik vorerst mit den Grünen in einer Minderheitsregierung weiterregieren. Bis Weihnachten will er noch mehrere ihm wichtige Gesetzesvorhaben durch das Parlament bringen, darunter das geplante Rentenpaket, die Umsetzung von EU-Asylregelungen sowie Hilfen für die Industrie.
Auch Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) sagte am Donnerstag, die rot-grüne Regierung werde ihr Amt "mit vollem Pflichtbewusstsein ausüben. Wir sind im Amt, wir können Entscheidungen treffen und wir werden Entscheidungen treffen." Habeck räumte ein, man sei dabei auf Unterstützung von CDU/CSU oder FDP angewiesen, darauf hoffe er punktuell.
Auch FDP drängt auf schnelle Neuwahlen
Kritik am Zeitplan von Scholz für Neuwahlen erst im März kommt auch vom abtrünnigen Koalitionspartner. FDP-Fraktionschef Christian Dürr sagte im ZDF: "Wir brauchen schnell Klarheit. Ich verstehe nicht, warum der Bundeskanzler damit bis zum nächsten Jahr warten will." Auch FDP-Chef Lindner stellte klar: "Das Richtige wäre die sofortige Vertrauensfrage und Neuwahlen." Das sei nicht nur "für die Demokratie wichtig (...). Unser Land darf keine Zeit verlieren."
Söder: CSU ist ab sofort im Wahlkampf
CSU-Chef Markus Söder warnte vor einer noch viel grundsätzlicheren Krise in Deutschland. Die Ampel hinterlasse einen "Scherbenhaufen", sie sei "komplett gescheitert", sagte Söder nach einer Schaltkonferenz des CSU-Präsidiums.
Der bayerische Ministerpräsident mahnte, jetzt sei "keine Zeit für Spielchen. Wenn das scheitert, scheitert nicht nur Deutschland, sondern auch die Demokratie". Söder zufolge muss die Bundestagswahl so schnell wie möglich stattfinden. Er sehe seine Partei ab sofort im Wahlkampf.
BSW und AfD wollen schnellen "Neustart"
BSW-Chefin Sahra Wagenknecht sagte der Nachrichtenagentur AFP: "Der Kanzler hat längst jede Kontrolle verloren. Keinem Bürger ist dieses Chaos noch vermittelbar." Neuwahlen duldeten keinen Aufschub.
AfD-Chefin Alice Weidel rief Scholz ebenfalls auf, umgehend die Vertrauensfrage zu stellen. Am Donnerstag forderte sie Union und FDP auf, sich mit der AfD zu verständigen, um eine "Regierung ohne SPD und Grüne" zu ermöglichen.
Wirtschaft fordert politische Stabilität
Auch die Wirtschaft wünscht sich schnell stabile politische Verhältnisse. Der Präsident des Industrieverbandes BDI, Siegfried Russwurm, sagte: "Angesichts der weltpolitischen Lage und der schlechten wirtschaftlichen Entwicklung des Standorts Deutschland brauchen wir jetzt so schnell wie möglich eine neue, handlungsfähige Regierung mit eigener parlamentarischer Mehrheit." Unsicherheit, wer Deutschland mit welchem Programm regiere, schade dem Land und dem Wirtschaftsstandort.
Auch der Automobilverband VDA setzt auf schnelle Neuwahlen. Präsidentin Hildegard Müller sagte: "Weiteren Stillstand kann Deutschland sich in dieser Lage nicht leisten." Ähnlich äußerte sich Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing. Er forderte einen stabilen Rahmen für Investitionen in der Wirtschaft. Er schrieb er auf der Plattform "Linkedin", jeder Monat ohne Reformen werde "später ein fehlendes Wachstumsjahr" sein.
AFP/dpa/Reuters(ans)
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Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 07. November 2024 | 12:00 Uhr