
Finanzpaket von Union und SPD Parteien mit unterschiedlicher Kritik – Wirtschaft großteils optimistisch
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06. März 2025, 19:05 Uhr
Das von Union und SPD geplante Finanzpaket ist auf ein gemischtes Echo gestoßen. Die möglichen Regierungspartner hatten sich auf eine Lockerung der Schuldenbremse für Militärausgaben und auf ein 500 Milliarden Euro schweres Sondervermögen für die Infrastrukltur geeinigt. Für die Umsetzung brauchen sie Stimmen aus anderen Parteien.
- Zustimmung zum Finanzpaket von Union und SPD
- FDP will die Ausnahmen mittragen
- Linke reagiert mit Zweifeln
- Grüne beklagen Fehlen des Themas Klimaschutz
- BSW ist gegen die Pläne
- Die Wirtschaft ist teils optimistisch, teils kritisch
Das von Union und SPD geplante Finanzpaket ist auf gemischte Reaktionen gestoßen. Beide möglichen Regierungspartner hatten sich am Dienstag in ihren Sondierungsgesprächen für eine neue Regierung auf das Finanzpaket geeinigt.
Geplant ist demnach, die Verteidigungsausgaben oberhalb von einem Prozent des Bruttoinlandsproduktes von der Schuldenbremse ausnehmen. Zudem vereinbarten Union und SPD ein 500 Milliarden Euro schweres Sondervermögen, das über zehn Jahre Investitionen in die Infrastruktur in Bund, Ländern und Kommunen finanzieren soll.
Zustimmung von Union und SPD
Insbesondere von Wirtschaftsverbänden sowie führenden Unions- und SPD-Politikern gab es viel Lob für die Pläne. Kritik daran äußerten die Linkspartei, Grüne und FDP - sie ließen auch ihre Zustimmung zu den Finanzspritzen für Verteidigung und Infrastruktur offen. Über diese könnte der Bundestag schon nächste Woche beraten.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) begrüßte die Pläne - und wertete sie als Bestätigung seines eigenen Kurses. Der Kanzler habe "in der vergangenen Regierung immer wieder dafür gekämpft - ohne Erfolg", sagte sein Sprecher Steffen Hebestreit in Berlin. Die nun gefundene Vereinbarung entspreche "im grundsätzlichen Herangehen" dem, was Scholz anvisiert habe.
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sprach von "einem historischen Tag, für die Bundeswehr und für Deutschland". Innenministerin Nancy Faeser (SPD) lobte den "sehr guten Schritt für die innere Sicherheit in Deutschland".
Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) sieht in der Einigung "ein kraftvolles Signal für Stabilität in unsicheren Zeiten". CSU-Chef Markus Söder betonte: "Deutschland wehrt sich, Deutschland wappnet sich, Deutschland stellt sich neu auf."
FDP will Ausnahmen mittragen
Die FDP warnte vor einer Aufweichung der Schuldenbremse. Die Liberalen wären aber bereit, "über ein Sondervermögen für die Bundeswehr zu sprechen, damit Beschaffung und Modernisierung verlässlich sichergestellt sind", sagte Fraktionsvize Christoph Meyer.
FDP-Fraktionschef Christian Dürr sagte der "Rheinischen Post", seine Partei könne eine Ausnahme der Verteidigungsausgaben von der Schuldenbremse mittragen. Ein schuldenfinanziertes Sondervermögen für Infrastruktur lehnte er hingegen ab.
Linke mit Zweifeln
Die Linke warnte vor einem "Blankoscheck für Aufrüstung". Es sei "völlig übereilt und demokratisch höchst fragwürdig", für Ausnahmen für Verteidigungsausgaben von der Schuldenbremse "eine Grundgesetzänderung in nie dagewesener finanzieller Dimension durch den Bundestag zu peitschen", erklärten die Partei- und Fraktionsvorsitzenden der Linken.
Partei und Fraktion kündigten zudem eine rechtliche Prüfung an, ob die geplante Entscheidung noch durch den alten Bundestag überhaupt verfassungskonform sei. Das konkrete Abstimmungsverhalten im Bundestag ließ die Linke offen.
Grüne beklagen Fehlen des Themas Klimaschutz
Dies taten auch die Grünen: "Ob wir am Ende den Grundgesetzänderungen zustimmen werden, ist offen", sagte Ko-Fraktionschefin Katharina Dröge. Ihre Fraktion habe "eine Reihe von Fragen", unter anderem, warum der Klimaschutz "überhaupt keine Rolle" spiele.
Bundestags-Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt sagte dem MDR, es sei schon auffällig, dass der Klimaschutz im Katalog von Union und SPD gar nicht vorkomme. Für die Grünen gehöre das aber dazu
Thüringer BSW-Chefin gegen die Pläne
Die Thüringer BSW-Vorsitzende Katja Wolf lehnt eine Lockerung der Schuldenbremse für höhere Militärausgaben ab. Wolf sagte MDR AKTUELL, das sei ein ganz falsches Signal. Geld werde dringend etwa für Bildung, Infrastruktur und Klimaschutz benötigt. Sie gehe davon aus, dass Thüringen den Rüstungsplänen im Bundesrat nicht zustimmen werde. Zuvor hatte BSW-Chefin Sahra Wagenknecht bereits erklärt, dass ihre Partei gegen höhere Militärausgaben sei.
Reaktionen aus Mitteldeutschland
Thüringens Ministerpräsident Mario Voigt sieht in dem von CDU und SPD geplanten Finanzpaket Chancen für ein Modernisierungsjahrzehnt in Deutschland. "Es repariert am Ende nicht nur, es modernisiert gezielt. Das ist eine große Chance, wie eine Art Deutschland-Schub", sagte der CDU-Politiker.
Nach Auffassung von Sachsens Wirtschaftsminister Dirk Panter (SPD) kommt es nun auf die genaue Ausgestaltung für die Länder an. "Aufgrund der schwierigen haushalterischen Lage, in der sich die meisten Länder befinden, darf es keine Kofinanzierungsverpflichtungen geben."
Wirtschaft ist zwiegespalten
Die deutsche Wirtschaft begrüßt das Finanzpaket von Union und SPD für Infrastruktur und Verteidigung überwiegend. "Das ist ein wichtiges Signal, um die gefährliche Abwärtsspirale aus ausbleibenden Investitionen und Wachstumsschwäche zu stoppen und verteidigungsfähig zu werden", sagte Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Tanja Gönner.
Kritische Worte kommen vom Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA). "Wir begeben uns auf einen gefährlichen Weg", sagte Präsident Dirk Jandura. Zusätzliche Investitionen in die Bundeswehr und in die Infrastruktur seien zwar richtig und notwendig. "Aber all das über neue Schulden zu finanzieren ohne gleichzeitig die strukturellen Probleme des Landes anzugehen, ist ein hohes Risiko".
Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher, sieht hingegen keine Gefahr für den Staatshaushalt. Der Ökonom sagte MDR AKTUELL, die Pläne von Union und SPD bedeuteten zwar kurzfristig mehr Schulden. Unter den großen EU-Ländern habe Deutschland aber die geringsten Staatsschulden.
Die Staatsfinanzen seien nach wie vor sehr solide. Zudem kämen Zusatzausgaben für Verteidigung und Infrastruktur nach Fratzschers Worten den deutschen Unternehmen zugute. Er mache sich deshalb keine Sorgen, dass mehr Schulden weniger Leistungsfähigkeit bedeuten könnten. Ganz im Gegenteil würden die Wachstumskräfte gestärkt.
Quelle: dpa, AFP (isc)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 05. März 2025 | 16:00 Uhr