Bundesparteitag in Halle Linke-Parteitag gegen Grundeinkommen und für AfD-Verbotsverfahren
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21. Oktober 2024, 06:40 Uhr
Der Linke-Parteitag in Halle hat am Sonntag die Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen in Deutschland abgelehnt. Zuvor war mit Ines Schwerdtner und Jan van Aken eine neue Führung gewählt worden.
- Kein Grundeinkommen im Linke-Parteiprogramm
- Schwerdtner und van Aken sind die neue Parteiführung
- "Aktion Silberlocke" soll Linke im Bundestag halten
Die Linke nimmt die Forderung nach einem gänzlich bedingungslosen Grundeinkommen nicht in ihr Parteiprogramm auf. Ein Antrag dazu wurde am Sonntag auf dem Bundesparteitag in Halle in Sachsen-Anhalt mit deutlicher Mehrheit abgelehnt. Bei einem Mitgliederentscheid hatte eine Mehrheit von 56 Prozent von rund einem Drittel der Wahlberechtigten dafür gestimmt.
Auf dem Parteitag gab es dazu eine hitzige Debatte, in der es neben dem Grundeinkommen selbst auch um die Bindungskraft des Basisvotums ging. Gegen den Antrag hatte unter anderem die neue Bundesvorsitzende Ines Schwerdtner argumentiert. Sie plädierte stattdessen für eine "sanktionsfreie Mindestsicherung", die allerdings nur bedürftigen Menschen zugute käme.
Zudem stellte sich die Linke am Sonntag hinter die Forderung nach einem AfD-Verbotsverfahren, wozu auf dem Parteitag eine Resolution mit großer Mehrheit beschlossen wurde.
Zum Abschluss des Parteitags am Sonntag sprachen die neu gewählten Parteichefs Ines Schwerdtner und Jan van Aken noch einmal. Sie waren am Sonnabend mit 79,8 und 88 Prozent der Stimmen gewählt worden. Van Aken kündigte an, sich mit "unanständig Reichen" anlegen zu wollen. Im Leitantrag werden als Ziele bezahlbare Wohnungen genannt, solidarische Gesundheits- und Pflegeversicherungen, eine Kindergrundsicherung und höhere Renten. Der russische Angriff auf die Ukraine wird verurteilt. Das Land müsse sich verteidigen. Die Linke will allerdings vor allem auf Diplomatie setzen.
Am Sonntag forderte van Aken seine Partei auf, weiter für Abrüstung zu kämpfen. "Wir sind und bleiben eine Partei des Friedens und der Abrüstung", da sei die Linke einig. Als Beispiel nannte er die Ablehnung des 100-Milliarden-Sondervermögens für die Bundeswehr: "Darauf müssen wir aufbauen."
Van Aken: "Wir rocken die Republik"
Ines Schwerdtner ist 35 Jahre alt, wurde 1989 im sächsischen Werdau geboren und wuchs in Hamburg auf. Sie studierte Politikwissenschaften, Englisch und politische Theorie. Als Journalistin schrieb sie über die Linke und entschloss sich dann, selbst aktiv in der Partei zu werden. Im Sommer 2023 trat sie ein und wurde als Kandidatin zur Europawahl nominiert. Auf dem Listenplatz fünf verpasste sie aber den Einzug ins EU-Parlament.
Am Sonntag kündigte Schwerdtner an, dass es am Montag mit dem Bundestagswahlkampf losgehe. Sie und van Aken wollen in den nächsten Wochen mit Freiwilligen an hunderttausenden Haustüren klingeln und Menschen nach ihren Nöten und Wünschen fragen.
Jan van Aken saß von 2009 bis 2017 für den Wahlkreis Hamburg-Altona im Bundestag und war Mitglied im Auswärtigen Ausschuss. Ob er erneut für den Bundestag kandidiert, ist unklar. Momentan habe er das nicht vor, sagte er.
Wir rocken die Republik und nächstes Jahr ziehen wir wieder mit großer Stärke in den Bundestag ein, und dann geht es richtig los.
Der 63 Jahre alte Biologe entwickelte Kampagnen bei Greenpeace, war von 2004 bis 2006 Biowaffen-Inspekteur der UNO und ist seit 2007 bei der Linken. Er blickte in Halle optimistisch in die Zukunft: "Wir rocken die Republik und nächstes Jahr ziehen wir wieder mit großer Stärke in den Bundestag ein."
"Aktion Silberlocke" geplant
Die Linke hatte zuletzt bei Landtagswahlen deutlich verloren. In Thüringen bekam sie 13,1 Prozent der Stimmen, bei der Wahl 2019 waren es noch 31 Prozent. In Sachsen kam sie nur durch zwei Direktmandate wieder in den Landtag, in Brandenburg verpasste sie den Wiedereinzug klar.
Nach einer Umfrage von infratest dimap würden bei Bundestagswahlen aktuell nur drei Prozent der Wahlberechtigten die Linke wählen und sie damit an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern. Linke-Urgestein Gregor Gysi erwog deshalb eine neue Kandidatur für den Bundestag. Der 76 Jahre alte Gysi sagte in Halle, auch Dietmar Bartsch und Bodo Ramelow könnten bei der "Aktion Silberlocke" mitmachen, per Direktmandat in den Bundestag kommen und damit auch ihre Partei, wenn sie unter der Fünf-Prozent-Hürde bliebe.
Die neue und deutlich jüngere Parteichefin Schwerdtner sagte dazu im Interview mit dem TV-Sender phoenix: "Wir zielen auf sechs Direktmandate. Wenn wir dann davon drei bekommen und es dann die drei sind, dann habe ich nichts dagegen. Aber ich glaube, wir haben sehr viele starke Kandidaten." Sie selbst wolle in Berlin-Lichtenberg antreten, wahrscheinlich gegen Sahra Wagenknecht (BSW). Gute Chancen habe auch der Vorsitzende der Linken-Bundestagsgruppe Sören Pellmann in seinem Wahlkreis in Leipzig.
dpa/AFP, MDR (kar, ksc)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 20. Oktober 2024 | 12:00 Uhr