Gesetzesänderung Bundesregierung will Nierenspenden "über Kreuz" erleichtern
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18. Juli 2024, 07:44 Uhr
Nierenspenden sollen in Deutschland künftig leichter möglich sein. Einen entsprechenden Gesetzentwurf dazu hat das Bundeskabinett am Mittwoch verabschiedet. Demnach sollen Nierenspenden auch zwischen zwei unterschiedlichen Paaren "über Kreuz" erlaubt sein. Bislang muss für eine Spende ein enges persönliches Verhältnis vorliegen.
- Mit einem neuen Gesetzesentwurf sollen Nierenspenden künftig auch "über Kreuz" möglich sein.
- Die Spenden sollen von den Transplantationszentren organisiert werden.
- Spenderinnen und Spender sollen zudem besser aufgeklärt und begleitet werden.
Im Ringen um mehr Organspenden sollen erweiterte Möglichkeiten für die Übertragung von Nieren kommen. Das Bundeskabinett beschloss am Mittwoch einen Gesetzentwurf von Gesundheitsminister Karl Lauterbach, mit dem Nierenspenden künftig auch zwischen zwei unterschiedlichen Paaren "über Kreuz" erlaubt sein sollen. Das gebe vielen Nierenkranken Hoffnung, sagte der SPD-Politiker.
Welche Regeln zum Nierenspenden galten bisher? Derzeit gelten enge Grenzen für Nierenspenden zu Lebzeiten. Zulässig sind sie nur an Verwandten ersten oder zweiten Grades, Ehegatten, eingetragenen Lebenspartnern oder Personen, die den Spendern "in besonderer persönlicher Verbundenheit offenkundig nahestehen".
Konkret geht es um das Übertragen einer Niere, wenn das unter Spendepaaren (Spender/Empfänger) medizinisch nicht möglich ist. Künftig soll die Niere dann nicht an die geplante nahestehende Person gehen, sondern "über Kreuz" an einen passenden Empfänger, der mit seinem vorgesehenen nahestehenden Spender ebenfalls nicht kompatibel ist. Im Gegenzug geht die Spenderniere des anderen Paares dann an die Empfängerin oder den Empfänger des ersten Paares.
Transplantationszentren sollen Organisation übernehmen
Damit würde der Kreis der Empfänger und Spender deutlich erweitert. Organisiert werden soll die Spende dem Gesetzentwurf zufolge von den Transplantationszentren. Spender und Empfänger sollen dabei anonym bleiben. Geplant ist zudem der Aufbau eines "nationalen Programms für die Vermittlung und Durchführung der Überkreuzlebendnierenspenden". Die Vorgabe, dass Nierenspenden nur zulässig sind, wenn kein Organ eines Gestorbenen verfügbar ist, soll aufgehoben werden.
Bessere Aufklärung und Unterstützung für Spender
Zudem soll der Schutz für Spenderinnen und Spender durch mehr Aufklärung sowie medizinische und psychosoziale Unterstützung gestärkt werden. Während des gesamten Transplantationsprozesses soll eine ausgebildete Begleitperson zur Seite stehen. Lebendspender, die im Verlauf ihres Lebens selbst eine Spenderniere benötigen, können außerdem Zusatzpunkte auf der Warteliste erhalten.
Ebenfalls ermöglichen will die Ampel-Koalition die sogenannte nicht gerichtete anonyme Nierenspende. So könnten Menschen hierzulande künftig aus selbstlosen Motiven eine Niere spenden, ohne dass sie wissen, an wen sie geht. In Ländern wie den USA existiert diese Möglichkeit schon viele Jahre.
Mehr als 6.500 Menschen warten auf Spenderniere
Seit Langem reicht die Zahl der Spendernieren in Deutschland nicht, um den Bedarf zu decken. Mehr als 6.500 als transplantabel eingestufte Menschen warteten laut der Deutschen Stiftung Organtransplantation Ende 2023 auf eine neue Niere. Gleichzeitig wurden im selben Jahr nur knapp 2.100 Nieren transplantiert, circa 600 von lebenden Spendern.
Lauterbach: Langfristig braucht es Widerspruchslösung
"Das Sterben auf der Warteliste muss ein Ende haben", erklärte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach am Mittwoch in Berlin. Kurzfristig könnten die neuen Regelungen zu mehr Organspenden führen, langfristig sei aber die Widerspruchslösung notwendig. Sie sieht vor, dass grundsätzlich jeder Mensch als Organspender gilt, wenn er nicht zu Lebzeiten einen Widerspruch geäußert hat. Der Bundestag hatte bereits im Jahr 2020 darüber abgestimmt, damals kam aber keine Mehrheit dafür zustande.
Ebenfalls am Mittwoch hat das Bundeskabinett zudem eine Reform der Notfallversorgung beschlossen, die Krankenhäuser entlasten und Patienten gezielter in passende Behandlungsangebote vermitteln soll.
dpa, AFP, MDR (smk)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 17. Juli 2024 | 13:37 Uhr