Staatliche Parteienfinanzierung Nach Urteil gegen NPD/Die Heimat: Debatte um Finanzierung der AfD entbrannt
Hauptinhalt
24. Januar 2024, 08:54 Uhr
Der Ausschluss der rechtsextremen Partei "Die Heimat" – früher NPD – aus der staatlichen Finanzierung ist parteiübergreifend begrüßt worden. Zugleich ist eine Debatte aufgeflammt, ob auch die AfD auf diese Weise ihre staatlichen Zuschüsse verlieren könnte.
- Bundeskanzler Olaf Scholz begrüßt das Urteil des Bundesverfassungsgerichts gegen die NPD/Die Heimat
- Bayerns Ministerpräsident Söder spricht von einer Blaupause für die AfD - ähnliche Äußerungen kommen von SPD, Grünen und Linken
- AfD entgegnet, nicht sie, sondern andere Parteien hätten Grundgesetz verletzt
Vertreter der Regierung und mehrerer Parteien haben das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Ausschluss der rechtsextremen NPD, die sich inzwischen "Die Heimat" nennt, aus der staatlichen Parteienfinanzierung begrüßt.
Bundeskanzler Olaf Scholz sagte, die Entscheidung bestätige, "dass man den Feinden der Freiheit nicht viel Raum bieten darf". Man werde sich nun genau anschauen, "was uns das in anderen Zusammenhängen sagt, die uns interessieren können".
Innenministerin Nancy Faeser erklärte: "Von der heutigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts geht ein klares Signal aus: Unser demokratischer Staat finanziert keine Verfassungsfeinde. Auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) begrüßte das Urteil. Der Richterspruch zeige, dass es auch "unterhalb der Schwelle des Parteiverbots Mittel und Wege" gebe, "sich gegen die Verfassungsfeinde zu stellen".
Söder nennt Urteil Blaupause für die AfD - auch SPD und Linke für Prüfung
SPD-Chefin Saskia Esken sprach auch von einem "Signal" in der Auseinandersetzung mit der AfD. Noch deutlicher wurde Bayerns Ministerpräsident Marcus Söder. Der CSU-Politiker sagte, das Urteil könne eine "Blaupause für die AfD und gegen die AfD" sein. Es sei jetzt wichtig, "dass die Verfassungsschutzbehörden akribisch genau dokumentieren und sammeln, ob es eine Verfassungsfeindlichkeit der AfD als Gänze gibt". Dafür spreche sehr vieles, sagte Söder.
Auch der Jenaer Verfassungsrechtler Michael Brenner sieht im Karlsruher NPD-Urteil ein Signal an die AfD. Brenner sagte bei MDR AKTUELL, die Richter hätten eine Art Leitplanke für zukünftige Fälle formuliert. Er sei sicher, dass sich die AfD dieses Urteil sehr genau anschauen werde.
Die Grünen-Fraktionsgeschäftsführerin Irene Mihalic rief alle Verfassungsorgane dazu auf, "die Nutzung der jeweiligen Instrumente im Lichte aktueller Erkenntnisse in Betracht zu ziehen". Die Bundestagsabgeordnete Clara Bünger sagte, "um die politischen Handlungs- und Einflussmöglichkeiten der AfD deutlich zu reduzieren", müsse ein Ausschluss der Partei von der staatlichen Finanzierung ernsthaft geprüft werden.
Skepsis unter anderem bei der FDP und Grünen
FDP-Chef Christian Lindner mahnte dagegen Zurückhaltung bei dieser Frage an. Lindner sagte dem Sender "Welt", es dürfe "nicht der Eindruck entstehen, dass die Parteien des demokratischen Zentrums sich einer unliebsamen Konkurrenz erwehren wollen, indem sie auf Mittel des Parteienrechts zurückgreifen". Man solle beim Umgang mit der AfD ganz exakt auf das verfassungsrechtlich Notwendige und Mögliche schauen.
Auch die Chefin der Grünen-Bundestagsfraktion, Britta Haßelmann, sieht in dem Karlsruher Urteil zunächst keine Folgen für die AfD. Ihre Fraktion werde sehr, sehr gründlich betrachten, welche Rückschlüsse daraus zu ziehen sind. Aber einfach übertragbar sei das Urteil nicht.
AfD wirft anderen Parteien Verletzung des Grundgesetzes vor
Der stellvertretende AfD-Vorsitzende Stephan Brandner sieht in dem Karlsruher Urteil nach eigenen Worten keine Vorlage für ein Vorgehen gegen seine Partei. Brandner sagte dem Portal "t-online", statt der AfD müssten die anderen Parteien ins Visier genommen werden – etwa jene, die durch Corona-Schutzmaßnahmen "das Grundgesetz mit Füßen getreten" hätten.
Das Bundesverfassungsgericht hatte die rechtsextreme Partei "Die Heimat" – früher NPD – für sechs Jahre von der staatlichen Finanzierung als auch von der steuerlichen Begünstigung bei Spenden ausgeschlossen. Zur Begründung sagten die Richter, die Partei überschreite die Schwelle von der bloßen Ablehnung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu deren Bekämpfung.
DPA, AFD (dko)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 23. Januar 2024 | 10:30 Uhr