Chancengleichheit für Parteien Hunderttausende Euro geschenkt – Wie fair ist das System der Parteispenden?
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24. Januar 2024, 09:32 Uhr
Undemokratischer Geldsegen? Parteien finanzieren sich unter anderem über Spenden. Diese müssen sie auch nach bestimmten Regeln offenlegen. Vor allem die Union profitiert von Großspenden. Kleinere Parteien bekommen kleinere Spenden, wenn auch teilweise in größerer Anzahl. Wäre es nicht gerechter, alle Spenden nach einem Schlüssel aufzusplitten?
- Politikwissenschaftler Frank Decker: Die staatliche Parteienfinanzierung gleicht die Unterschiede bei den Parteispenden aus.
- Die NGO Lobbycontrol kritisiert eine fehlende Obergrenze für Parteispenden.
- Vor allem die CSU und die AfD profitierten 2023 von Großspenden.
In diesem Jahr stehen in Sachsen und Thüringen Landtagswahlen an – und für die Parteien spielt dann immer eine wichtige Rolle, wie viel Geld sie in ihren Wahlkampf stecken können. Eine finanzielle Stütze beim Wahlkampf sind häufig Spenden von Unternehmen oder Privatpersonen.
Ein MDR-AKTUELL-Nutzer findet das Prinzip der Parteispenden undemokratisch – wenn die eine Partei mehrere hunderttausend Euro am Stück bekommt und eine andere mit weniger auskommen muss. Das widerspreche dem Prinzip der Gleichbehandlung. Aber was sagen Experten dazu?
Decker: Staatliche Parteienfinanzierung dient als Ausgleich
Frank Decker ist Politikwissenschaftler an der Uni Bonn mit dem Schwerpunkt "Regierungssysteme und deutsche Politik". Decker sagt: "Es wäre undemokratisch, wenn sich die Parteien ausschließlich bei der Finanzierung auf solche Spenden stützen müssten. Aber die Parteienfinanzierung stützt sich ja auch auf andere Quellen, die Mitgliedsbeiträge der Parteien. Aber es gibt eben auch eine staatliche Parteienfinanzierung. Und die gleicht dann diese Nachteile wieder aus.
Decker zufolge hat Deutschland ein viel besseres System als zum Beispiel in den USA. Dort spielten Spenden von finanzkräftigen Institutionen eine viel größere Rolle – und man könne eigentlich nur noch Präsident werden, wenn man über solche Geldquellen verfüge.
Den Vorschlag unseres Nutzers, die Spenden aufzusplitten, findet Decker kein realistisches und auch kein gutes Szenario: "Denn das Bundesverfassungsgericht hat, wie ich finde, zurecht festgestellt, dass ja auch die Spenden ein Ausdruck einer gesellschaftlichen Verankerung der Parteien sind. Parteien sind ja keine reinen Staatsorgane, sondern sie verbinden im Grunde die Gesellschaft mit dem Staat."
Lobbycontrol: Kritik an fehlender Spendengrenze
Spenden ermöglichen also Bürgerinnen und Bürgern, sich einzubringen, sagt auch Timo Lange von Lobbycontrol – ein Verein, der sich für Lobbytransparenz einsetzt. Trotzdem kritisiert er, dass die Höhe der Spenden unbegrenzt ist. "Da ja eigentlich in der Demokratie das Prinzip 'Ein Mensch, eine Stimme' gilt. Und die allermeisten Menschen eben nicht mal eben 50.000 oder 100.000 Euro oder noch mehr an eine Partei spenden können", erklärt Lange.
"Und klar ist es verboten, an so eine Spende konkrete Erwartungen zu knüpfen, da wären wir dann im Bereich der Korruption", führt Lange fort. "Aber man kann natürlich doch durchaus erheblichen Einfluss auf den Wahlkampf nehmen. Gerade auf Landesebene. Wenn man da eine hohe Spende tätigt, dann hat die Partei natürlich sehr viel bessere Chancen beim nächsten Wahlkampf."
CSU und AfD profitieren von Großspenden
Im vergangenen Jahr haben die meisten Spenden die Parteien CDU, CSU und FDP erhalten – alles Parteien, die im Programm mehr Wirtschafts- und Unternehmensinteressen vertreten. Die größte Einzelspende kam vom Verband der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie an die CSU. Die Höhe: Knapp 570.000 Euro. Die AfD erhielt nur eine Einzelspende, dafür die drittgrößte mit 265.000 Euro.
Carsten Hütter ist Bundesschatzmeister der AfD und sagt: Spenden spielten für eine Partei auch eine wichtige Rolle. "Gerade kleinere Parteien oder Parteien, die sich neu gründen, sind natürlich sehr sehr abhängig von Spenden. Weil unter gewissen Voraussetzungen gibt es dann irgendwann eine staatliche Teilfinanzierung, die hilft, die politischen Ziele umzusetzen", sagt Hütter. "Aber man fängt letztendlich bei einer Parteineugründung an, sich über Spenden und Unterstützung zu finanzieren. Von daher sind Spenden – auch für meine Partei – ein sehr sehr wichtiges Instrument."
Hütter kann die Kritik unseres Hörers trotzdem nachvollziehen – einen gemeinsamen Spendentopf hält der AfD-Politiker aber auch nicht für sinnvoll. Weil Spenden erlaubten, eine politische Sache oder Partei nach den eigenen Wünschen zu unterstützen.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 24. Januar 2024 | 06:24 Uhr
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