Protest der Landwirte Lindner nennt angekündigte Blockaden unverhältnismäßig

06. Januar 2024, 22:02 Uhr

FDP-Chef Christian Lindner hat auf dem Dreikönigstreffen seiner Partei in Stuttgart die von den Landwirten angekündigten Blockaden als "unverhältnismäßig" kritisiert. Er forderte die Bauern zur Umkehr auf.

FDP-Chef und Bundesfinanzminister Christian Lindner hat die Protestaktionen der Landwirte kritisiert. Proteste müssten immer friedlich und "verhältnismäßig im Rahmen unserer demokratischen Ordnung" sein, sagte Lindner am Samstag auf dem Dreikönigstreffen seiner Partei in Stuttgart. Die angekündigten bundesweiten Blockadeaktionen seien das nicht. "Sie haben sich verrannt, bitte kehren Sie um", appellierte er an die Landwirte.

Lindner droht mit rechtlichen Konsequenzen

In seiner Rede nahm er sowohl Bezug auf die Aktion gegen Wirtschaftsminister Robert Habeck als auch Pläne der Bauern, kommenden Woche zahlreiche Straßen und Autobahnauffahrten mit Traktoren zu blockieren. Eine Situation, wie sie Habeck habe erleben müssen, sei völlig inakzeptabel, die angekündigten Blockaden der Bauern seien unverhältnismäßig. Aus Sicht von Lindner kann es da nur eine Konsequenz geben: "Landfriedensbruch, Nötigung, Sachbeschädigung – das sind Fälle für den Staatsanwalt."

Habeck an Verlassen von Fähre gehindert

Am Donnerstagabend hatten protestierende Landwirte mit ihren Treckern einen Fähranleger am Nordseehafen Schlüttsiel blockiert und Habeck am Verlassen der Fähre gehindert. Die Fähre hatte wieder umkehren müssen. Die Staatsanwaltschaft Flensburg ermittelt in dem Fall wegen Nötigung und möglichen Landfriedensbruchs.

Landwirtschaft mit Verantwortung für die Gesellschaft

Lindner mahnte in seiner Rede, die Landwirtschaft sei keine Branche wie jede andere, da sie für die Grundversorgung zuständig sei. "Diese Gesellschaft hat eine Verantwortung für die Landwirtschaft. Aber die Landwirtschaft hat umgekehrt auch eine Verantwortung für diese Gesellschaft", betonte der FDP-Chef.

Zugunsten neuer Subventionen auf alte verzichten

Gleichzeitig verteidigte er die noch geplanten Subventionskürzungen. "Gerade eine europäisch und national so hochsubventionierte Branche wird sich nicht jedes Konsolidierungsbeitrags erwehren können." Man könne nicht auf der einen Seite von der jetzt gesenkten Stromsteuer profitieren wollen und zusätzliche Fördermittel für den Stallumbau fordern und auf der anderen Seite an alten Subventionen festhalten. "Wer neue Subventionen will, muss auch auf alte verzichten", forderte der Minister.

Sparpläne teilweise zurückgenommen

Der Bauernprotest bezieht sich auf Sparpläne der Bundesregierung im Agrarbereich, zum Beispiel den Wegfall der Befreiung von der Kfz-Steuer. Diesen Punkt hat die Regierung inzwischen gestrichen. Die Subventionierung von Agrardiesel soll nicht wie geplant sofort, sondern schrittweise auslaufen.

Die Bauern halten trotzdem an den Plänen für die Protestwoche fest. Der Vorsitzende des Bunds Deutscher Milchviehhalter (BDM), Karsten Hansen, begründete, es gehe "vielen längst um viel mehr als Agrardiesel und eine KfZ-Steuerbegünstigung. Es ist ein Protest gegen den berühmten Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt".

Protest auf den Straßen

Geplant sind den Landesbauernverbänden zufolge vor allem Verkehrsstörungen wie Blockaden von Autobahnauffahrten, Sternfahrten in größere Städte und langsamfahrende Kolonnen. Die tatsächlichen Auswirkungen dürften dabei regional sehr unterschiedlich ausfallen. Der Bauernverband wird bei der Aktionswoche vom Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) unterstützt.

Es wird erwartet, dass die Intensität der Proteste nach dem Auftakt am Montag in den meisten Regionen zurückgeht. Am 15. Januar ist eine zentrale Protestkundgebung mit tausenden Traktoren in Berlin geplant.

Hohe EU-Subventionen für Landwirte

Fast jeder dritte Euro aus dem mehrjährigen EU-Etat fließt in die Landwirtschaft. Auf Deutschland entfallen etwa sechs Milliarden Euro pro Jahr. Der Großteil geht als Direktzahlungen an die Landwirte. Deren Höhe bemisst sich auch nach der jüngsten EU-Agrarreform nach der Größe der Höfe und ist kaum an Auflagen geknüpft. Weil in Deutschland die Lebensmittelpreise im EU-Vergleich niedrig sind, brauchen Landwirte direkte Zahlungen, um ihre Einkommen zu sichern. Mehr dazu, was die EU für die Landwirte tut, erfahren Sie in diesem Audio vom Brüssel-Korrespondenten Jakob Mayr:

Quellen: DPA, AFP (agr)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR AKTUELL 19:30 Uhr | 06. Januar 2024 | 19:30 Uhr

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