An einem Gebäude der Charité in Berlin steht der Schriftzug „Emergency Zentrale Notaufnahme“.
Die Krankenhausreform ist ein langjähriges Großprojekt von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. Bildrechte: picture alliance/dpa | Christophe Gateau

Gesundheitssystem Bundesrat lässt Lauterbachs Krankenhausreform passieren

22. November 2024, 18:26 Uhr

Der Bundesrat hat den Weg für die umstrittene Krankenhausreform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) freigemacht. Ein Antrag auf Anrufung des Vermittlungsausschusses bekam nicht die nötige Mehrheit. Die Reform kann damit im kommenden Jahr in Kraft treten.

Der Bundesrat hat die umstrittene Krankenhausreform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) gebilligt. Die Länderkammer ließ das noch von der Ampel-Koalition im Bundestag beschlossene Gesetz passieren. In einer knappen Abstimmung bekam ein Antrag auf Anrufung des Vermittlungsausschusses von Bundestag und Bundesrat nicht die nötige Mehrheit.

Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg sprachen sich für den Vermittlungsausschuss aus. Sie kamen zusammen auf 30 Stimmen. Für eine absolute Mehrheit braucht es jedoch mindestens 35 der insgesamt 69 Stimmen im Bundesrat.

Sechs Länder stimmten gegen die Einberufung des Vermittlungsausschusses, drei Bundesländer enthielten sich. Das Thüringer Votum wurde für ungültig erklärt, da sich die geschäftsführende rot-rot-grüne Landesregierung auf keine einheitliche Linie einigen konnte. Zuerst stimmte Staatskanzleichef Benjamin-Immanuel Hoff (Linke) für den Vermittlungsausschuss, direkt danach widersprach Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD). Nach Angaben einer Regierungssprecherin war Thüringens fehlende Stimme nicht das entscheidende Zünglein an der Waage.

Der Weg für die Reform ist damit frei. Das Gesetz soll nun zum 1. Januar 2025 in Kraft treten. Die neue Struktur soll schließlich über mehrere Jahre bis 2029 umgesetzt werden.

Lauterbach warnt vor Scheitern der Reform

Der Bundesgesundheitsminister hatte zuvor vor einem Scheitern der Reform gewarnt. 50 Prozent der Häuser machten Defizite und 30 Prozent der Betten stünden leer, sagte Lauterbach. Es gehe um "die einmalige Chance, Zehntausenden Menschen pro Jahr eine bessere Versorgung zukommen zu lassen". Bei möglichen Änderungen müsse man sich ehrlich machen: Dabei gehe es um den Kern der Reform. Wenn diese Änderungen vorgenommen würden, brauche man die Reform nicht mehr.

Reform soll Behandlungsqualität steigern

Durch die teilweise Abkehr der Finanzierung über Fallpauschalen sollen Krankenhäuser künftig stärker spezialisiert werden. Die Fallpauschalen sollen künftig nur 40 Prozent der Vergütung ausmachen. Die restlichen 60 Prozent sollen Kliniken für das Vorhalten bestimmter Angebote bekommen. Hierdurch soll die Behandlungsqualität gesteigert und letztlich auch ein unkontrolliertes Krankenhaussterben verhindert werden.

Kritik aus Sachsen und Sachsen-Anhalt

Kritik an der Reform kam im Bundesrat vor allem von den unionsgeführten Bundesländern. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) warnte, es dürfe nicht passieren, dass bestehende Versorgungsungleichheiten zwischen Ost und West verschärft werden. Es brauche dringend eine Krankenhausreform. "Dieses Gesetz darf aber so nicht bleiben und muss zwingend, gerade an ostdeutsche Bedürfnisse, angepasst werden", sagte Haseloff. Eine geplante Folge der Reform soll auch sein, dass es weniger Krankenhäuser gibt und Patienten in nicht eiligen Fällen teilweise längere Wege zur Klinik in Kauf nehmen müssen.

Sachsens Gesundheitsministerin Petra Köpping hat sich für Nachbesserungen bei der Krankenhausreform ausgesprochen. Die SPD-Politikerin sagte MDR AKTUELL, dabei gehe es vor allem um die Grundversorgung im ländlichen Raum. Sie mache sich Sorgen, dass die Kliniken dort nicht die Vorgaben für Fachärzte für bestimmte medizinische Bereiche erfüllen könnten. Hier seien Ausnahmeregelungen nötig. Mit der Reform seien aber viele gute Punkte gelungen.

Abgestuftes Stimmengewicht im Bundesrat

Der Bundesrat hat insgesamt 69 Stimmen. Jedes Bundesland besitzt demnach drei bis sechs Stimmen, die sich nach der Einwohnerzahl richten. Größere Länder wie Nordrhein-Westfalen haben mehr Stimmen als kleinere Bremen oder Hamburg. So wird sichergestellt, dass die Meinungen der größeren Länder mehr Gewicht haben, aber auch die kleineren Länder gehört werden.

Stimmen nach Einwohnerzahl Gemäß Artikel 51 Absatz 2 des Grundgesetzes hat jedes Land mindestens drei Stimmen, Länder mit mehr als zwei Millionen Einwohnern haben vier, Länder mit mehr als sechs Millionen Einwohnern fünf, Länder mit mehr als sieben Millionen Einwohnern sechs Stimmen.

Jedes Land kann nur so viele ordentliche Mitglieder für den Bundesrat benennen, wie es dort Stimmen hat. So macht die für Beschlüsse in der Regel erforderliche absolute Mehrheit 35 Stimmen und die manchmal notwendige Zweidrittelmehrheit 46 Stimmen aus.

dpa/kna/afp/MDR (mbe,lmb)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 22. November 2024 | 13:00 Uhr

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