Haushaltskrise Muss das deutsche Haushaltrecht flexibler werden?
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22. Dezember 2023, 06:38 Uhr
Das Bundesverfassungsgericht hat geurteilt, dass 60 Milliarden Euro zur Bewältigung der Coronakrise nicht in Klimafonds hätten fließen dürfen. MDR AKTUELL-Hörer Kurt Becker fragt sich nun, was jetzt mit den Milliarden passiert und ob es nicht besser wäre, das Haushaltsrecht so anzupassen, dass Geld flexibel dorthin fließen kann, wo es gebraucht wird?
- Die Kredite, aus denen Geld für den Klima- und Transformationsfonds verwendet werden sollte, wurden noch nicht ausgezahlt.
- Mit überschüssigem Geld im Haushalt werden in der Regel Schulden getilgt.
- FDP und CDU sprechen sich gegen ein flexibleres Haushaltsrecht aus.
Physisch gab es die 60 Milliarden Euro noch gar nicht, als die Bundesregierung angekündigt hatte, das Geld für den Klima- und Transformationsfonds zu verwenden. Denn die Mittel sollten über Kredite besorgt werden, erklärt Henning Tappe, Experte für Haushaltsrecht an der Universität Trier.
Und diese Kredite seien noch nicht ausbezahlt gewesen, erklärt Tappe. Das Geld liege nirgendwo einfach herum, sondern: "Man kann sich das vielleicht so vorstellen, dass die Bank einem dann den Kredit kündigt. Das heißt, man bekommt das Geld gar nicht erst und muss dann zusehen, wie man seine Ausgaben entweder absenkt oder aus anderen Quellen finanziert."
Hörer Kurt Becker geht davon aus, dass es überschüssiges Geld im Haushalt gibt. So ein Fall würde aber kaum vorkommen, sagt Tappe.
Falls es durch Planungsfehler oder höhere Steuereinnahmen doch Überschüsse gibt, dann wird laut Tappe damit folgendermaßen umgegangen: "In dem Fall benutzt man diese Überschüsse üblicherweise dazu, dass man Schulden, die man ansonsten aufgenommen hätte, gar nicht erst aufnimmt oder Schulden, die man aufgenommen hat, direkt wieder tilgt. Das heißt in der Regel nimmt man keine Überschüsse mit ins nächste Jahr, sondern rechnet das mithilfe der Kredite spitz ab."
CDU und FDP gegen mehr Flexibilität
Und sollte das Haushaltsrecht nun so geändert werden, dass Überschüsse auch für andere Projekte einfacher ausgegeben werden können? Nachgefragt bei der FDP, die das Finanzministerium führt und damit auch für den Haushalt verantwortlich ist. Otto Fricke, haushaltspolitischer Sprecher der Liberalen im Bundestag, sagt dazu: "Auf den ersten Blick hört sich das sehr gut an: schnelles Umwidmen von überschüssigen Geldern. Aber in einer Demokratie ist das hochgefährlich. Denn wer würde das denn dann umwidmen? Irgendein Beamter in einem Ministerium?"
Der Sinn eines Haushalts sei die Verkörperung der Gewaltenteilung, sagt Fricke: "Dass eine Regierung nicht einfach machen kann, was sie will und sagt: Ich habe Geld übrig und dann verwende ich das nicht dafür, sondern dafür."
Auch Christian Haase findet nicht, dass das Haushaltsrecht flexibler werden sollte. Er ist haushaltspolitischer Sprecher der Fraktion von CDU und CSU. "Überschüssige Gelder, wenn es denn so etwas gibt, werden erst einmal eingespart. Das heißt, sie werden gar nicht umgewidmet. Aber sonst dienen sie zum Ausgleich über- und außerplanmäßigen Ausgaben." Damit ist das Haushaltsrecht schon hochflexibel, findet der CDU-Politiker.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 22. Dezember 2023 | 06:23 Uhr