Grünen-Bundesparteitag Mitteldeutsche Grüne erwarten belebten Parteitag

• Themen wie das vorläufige Weiterlaufen zweier Atomkraftwerke und gebilligte Waffenlieferungen in Kriegsgebiete dürften die Debatte auf dem Grünenparteitag beleben.
• Besonders die Grüne Jugend wolle ihr Partei daran erinnern, für welche Werte man steht und welche Kernziele man sich gesetzt hat.
• Der eng vernetzte grüne Osten will eigene Themen weiter vorantreiben.

Für stimmungsvolle Parteitage sind die Grünen bekannt. Auch in Bonn werden sich die fast 900 Delegierten emotionale Auseinandersetzungen liefern. Mit Eklats rechnet aber der Kreisvorsitzende der Grünen in der Sächsischen-Schweiz/Osterzgebirge, Nino Haustein, nicht und hofft: "Da wir uns ja auch in dieser sachlichen Streitkultur in den letzten Jahren stark geübt haben, dass es nicht zu Tortenwürfen oder ähnlichem kommt, wie es in den letzten Jahren – vor allem vor 2010 – oftmals dann auch auf Parteitagen gekommen ist."

Schließlich ist man jetzt Teil der Regierung, es gehe vor allem darum, den grünen Ministern den Rücken zu stärken.

Dennoch gibt es natürlich Punkte, bei denen die Bundesregierung, und auch die Grünen Ministerinnen und Minister Entscheidungen getroffen haben, die die Grüne Seele stark angreifen, sagt Cornelia Lüddemann, Sachsen-Anhalts Grüne Fraktionsvorsitzende. Zum Beispiel die Entscheidung, Atomkraftwerke länger laufen lassen. Oder "die Debatte zu Waffenlieferungen. Und wenn ich dort dieses Stichwort wertegetragen aufgreife, dann habe ich auch persönlich durchaus große Bauchschmerzen, wenn ich sehe, dass Waffen in ein Land geliefert werden, das sich seit Jahrzehnten im Krieg mit dem Jemen befindet. Und Saudi-Arabien jetzt als Adressat, das ist echt noch mal eine andere Hausnummer, als zu sagen: Wir unterstützen die Ukraine in ihrem Freiheitskampf für europäische Werte. Da habe ich auch große Bauchschmerzen."

Und nicht nur sie. Hier wird es wohl zu großen Diskussionen kommen, denn das Parteiprogramm schließt Waffenlieferungen in Kriegs- und Krisenregionen aus. Auch wenn Lüddemann einordnet, dass die Grünen vom Grundsatz her keine pazifistische Partei seien, sondern eine Partei die Werte verteidige.

Noch klarere Kante gegen die Politik der Bundesregierung kündigt die Grüne Jugend an. Sachsens Vorsitzende Charlotte Henke sieht die Gefahr, in der aktuellen Krise wesentliche Parteiziele aus den Augen zu verlieren.

Henke sagt: "Zum Beispiel ist es uns sehr wichtig, dass wir das Ende des Monats – also sagen wir Nebenkostenabrechnung beispielsweise – nicht gegen das Ende des Jahrzehnts ausspielen. Dass wir weiter darauf pochen, dass wir einerseits mehr soziale Gerechtigkeit brauchen, aber dass wir eben auch radikalen Klimaschutz brauchen. Und damit geht einher – wo die Grüne Jugend auch wirklich anderer Meinung ist als Robert Habeck: der Punkt Lützerath. Für uns ist total klar, dass Lützerath bleibt und, dass die Kohle unter Lützerath auch nicht angerührt wird."

Das Dorf in NRW zwischen Aachen und Düsseldorf soll abgerissen werden, um einen Braunkohletagebau auszuweiten. Das hat Wirtschaftsminister Robert Habeck selbst erst letzte Woche angekündigt, um die Energieversorgung zu sichern.

Entsprechend gespannt geht auch Thüringens Parteichef Bernhard Stengele in das Wochenende. Er ist als Delegierter selbst vor Ort: "Ich freue mich oder hoffe auf ganz strittige und lebendige Diskussionen. Wir vernetzen uns auch vom Osten her ganz, wir treffen uns mehrfach, also alle Ostverbände, um unsere Sache aus dem Osten eben auch voranzubringen. Und am Samstagabend legt Omid Nouripour auf. Und da haben alle gesagt, das kann der gut. Also da freue ich mich auch drauf."

Und Stegele sieht trotz aller ideeller Abstriche, die die Grünen als Teil der Bundesregierung machen müssen, auch Lichtblicke. Die knapp sechs Prozentpunkte Zuwachs, die es bei der Wahl in Niedersachsen trotz aller Krisen gegben habe, seien ein großer Erfolg. Und zeigten auch, dass die Partei auf dem richtigen Weg sei.