Entlastung der Krankenkassen Freie Arztwahl nur noch gegen Aufpreis? Kritik an Vorschlag aus Studie
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17. Februar 2025, 06:35 Uhr
Eine Studie der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung hat den Vorschlag unterbreitet, dass gesetzlich Versicherte ihren Arzt nur noch frei wählen dürfen, wenn sie dafür einen höheren Tarif zahlen. Damit sollen die Krankenkassen entlastet werden. Die Idee stößt auf heftige Kritik.
- Der Chef des Hausärzteverbandes hält den Vorschlag aus der Studie für schwierig umsetzbar.
- Fachärzte verweisen auf gesetzliche Vorgaben und einen enormen Aufwand, der nicht zu leisten wäre.
- Kritik an dem Vorstoß kommt auch aus der Politik.
Die Idee erinnert irgendwie an Möglichkeiten, die es bei der Kfz-Versicherung gibt: Mein Tarif fällt geringer aus, wenn die Versicherung festlegt, in welcher Werkstatt mein Fahrzeug repariert werden soll. Werkstattbindung nennt sich das. Bei der Wahl eines Arztes sei das aber nicht so einfach umsetzbar, sagt Markus Beier, der Vorsitzende des Deutschen Hausärzteverbandes.
Beier zufolge gibt es zwei Teile an der Aussage: "Die eine begrüßen wir, nämlich dass Hausarztpraxen der erste Anlaufpunkt sind. Eine Verpflichtung, dem jetzigen System ein Tarifmodell überzustülpen, das lehnen wir ab. So einfach funktioniert das nicht. Dazu braucht es gewisse Qualität, dazu braucht es eine Bindung zwischen Patient und Praxis, das wird nicht mit einem Federstrich funktionieren."
Sozialgesetzbuch regelt Recht auf freie Arztwahl
Fachärzte gehen noch einen Schritt weiter. Freie Arztwahl nur noch gegen Aufpreis, das sei allein schon rechtlich nicht realisierbar, meint Uwe Kraffel, der stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Facharztverbandes. Das Sozialgesetzbuch nämlich regele, dass jeder Mensch ein Recht auf freie Arztwahl und mindestens eine zweite ärztliche Meinung habe. "Wenn Sie jetzt zu einem Augenarzt als Beispiel möchten, das ist etwas, was nicht funktionieren wird, weil es einen Riesenaufwand machen würde, Ihnen jetzt irgendwo Ärzte zuzuordnen", so Kraffel.
"Da muss man eine zentrale Vergabestelle führen. Als Beispiel: Die Berliner Augenärzte machen pro Tag etwa 20.000 Termine. Die bräuchten also ein Büro, das in der Lage wäre, alle 20.000 Telefonate zu führen und 20.000 Termine zu vergeben für einen Tag, das ist überhaupt nicht zu leisten."
Linken-Politikern von Angern: "Völlig an der Realität vorbei"
Auch politisch fallen die Urteile zur Idee der Konrad-Adenauer-Stiftung wenig wohlwollend aus. Freie Arztwahl nur noch gegen Aufpreis sei ein Modell lediglich für Besserverdienende und Reiche, sagt Eva von Angern, die Vorsitzende der Linksfraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt: "Es geht völlig an der Realität in Ostdeutschland und speziell in Sachsen-Anhalt vorbei."
Es gebe schon jetzt so gut wie keine freie Arztwahl, weil einfach nicht genügend Ärztinnen und Ärzte da seien. meint von Angern: "Was wir brauchen statt so einer Klassengesellschaft im Rahmen der Gesundheitsversorgung, wir brauchen mehr Ärztinnen und Ärzte auf dem Markt. Aber hier so eine Spaltung der Gesellschaft zu realisieren, das ist der völlig falsche Ansatz."
CDU-Politikerin Kuge: Gefahr von Zwei-Klassen-Gesellschaft in der Medizin
Auch aus den Reihen der CDU kommt wenig Unterstützung für die Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung, die der Union nahesteht. Die gesundheitspolitische Sprecherin der sächsischen CDU-Landtagsfraktion Daniela Kuge sagt: "Ich finde den Vorschlag nicht besonders gut, weil es ist ja wirklich die Gefahr da einer Zwei-Klassen-Gesellschaft auch in der Medizin und deswegen wäre das ein Fortschritt, wenn wir wieder das Hausärzte-Modell umsetzen würden. Wir haben es in Sachsen auch schonmal gemacht, das ist eine gute Lösung. Das Hausärztemodell ist, dass jeder einen festen Hausarzt hat, der kümmert sich drum und schaut, ob der Patient wirklich zum Facharzt muss oder nicht und gibt dann eine Überweisung."
Das Hausarzt-Modell gibt es nach wie vor in einigen Bundesländern, geregelt durch Verträge zwischen Krankenkassen und den Hausarztverbänden der Länder. Nicht alle Kassen nehmen aber daran teil.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 17. Februar 2025 | 06:05 Uhr