Ein Polizist kontrolliert den Fahrer eines Transporters
Auch wenn der Ruf nach stationären Grenzkontrollen bei einigen Politikern immer lauter wird, gibt es dafür rechtliche Hürden. Bildrechte: IMAGO/ZUMA Wire

Faktencheck Warum Geflüchtete nicht einfach an der deutschen Grenze abgewiesen werden können

27. September 2023, 08:31 Uhr

In der Migrationsdebatte kommt immer wieder die Frage und Forderung nach stationären Grenzkontrollen. Die Zuflucht der Menschen soll so besser gesteuert werden können, glauben Befürworter. Doch bei der Abweisung von Geflüchteten hat auch die EU ein Wort mitzureden. Ein Faktencheck.

Eine Notlösung, aber notwendig – das denkt Ronny Wähner über Kontrollen an den Grenzen zu Tschechien und Polen. Der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion im sächsischen Landtag will damit Migration stärker steuern. "Es ist ja auch Grund unserer Forderung nach stationären Grenzkontrollen, dass man direkt an der Grenzlinie zurückweisen kann und damit auch ein Stück die Zuwanderung begrenzt", sagt Wähner. So könne man ein Stück weit illegale Schleuserfahrten unterbinden.

Kontrollen müssten bei EU-Kommission angemeldet werden

Auch Heiko Teggatz glaubt, dass bei den Grenzkontrollen Menschen abgewiesen werden können. Dafür müsste Bundesinnenministerin Nancy Faeser die Kontrollen in Brüssel anmelden, sagt der stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft.

Teggatz erklärt: "Wir können alle diejenigen zurückweisen an der Grenze, die Deutschland noch nicht betreten haben und auch keinen Asylantrag gestellt haben. Auch diejenigen, bei denen bereits eine Wiedereinreisesperre verhängt worden ist, wenn sie zuvor schon mal nach einem abgelehnten Asylverfahren abgeschoben worden sind, können an der Grenze zurückgewiesen werden."

Keine Abweisung bei Schutzersuchen

Lars Wendland ist ebenfalls Polizeigewerkschafter im Vorstand der konkurrierenden GdP, der Gewerkschaft der Polizei. Anders als Teggatz glaubt er nicht, dass Menschen bei Grenzkontrollen abgewiesen werden können. "Aufgrund der Tatsache, dass über 90 Prozent derjenigen, die an die Grenze kommen und unerlaubt nach Deutschland rein wollen, ein Schutzersuchen stellen. Jeder, der ein Schutzersuchen stellt, auch an der Grenze, der muss bearbeitet werden von der Bundespolizei und weitergeleitet werden an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge."

EuGH-Urteil: Flüchtender Person muss Frist gesetzt werden

Und auch diejenigen, die keinen Asylantrag stellen, könnten nicht mehr so einfach an der Grenze zurückgewiesen werden, sagt Bernd Kasparek. Er forscht zu Migration an der Humboldt-Universität zu Berlin.

Kasparek erklärt: "Weil es da ein einschlägiges und hochaktuelles Urteil vom Europäischen Gerichtshof gibt, der sagt, eigentlich muss die Rückführungsrichtlinie zur Anwendung kommen. Und die besagt eben auch, dass eine direkte Zurückweisung nicht möglich ist, sondern dass den Personen erst einmal eine Frist gesetzt werden muss, in der sie freiwillig ausreisen. Und wenn sie das nicht tun, dann ist es natürlich auch möglich, Zwang anzuwenden, wie zum Beispiel Abschiebehaft oder eine Rückführung."

Nach einem anderen Urteil des Europäischen Gerichtshofs dürfen stationäre Grenzkontrollen außerdem maximal für sechs Monate eingeführt werden, sagt Kasparek weiter. Deshalb glaubt der Wissenschaftler nicht, dass mit den Kontrollen langfristig illegale Migration eingedämmt werden kann.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Nachrichten | 27. September 2023 | 06:06 Uhr

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