Bundestagswahl 2025 Direktkandidaten: Wenn der Wohnort nicht im Wahlkreis liegt
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13. Februar 2025, 05:00 Uhr
Mehr als 2.600 Kandidatinnen und Kandidaten treten in 299 Wahlkreisen zur Bundestagswahl an. Doch wie viel haben sie eigentlich mit ihrem Wahlkreis zu tun? MDR-AKTUELL-Hörer Sven Vollstädt hat sich seinen Wahlkreis genauer angeschaut, und ihm ist aufgefallen, dass lediglich einer von sechs Kandidaten, die dort antreten, seinen Wohnort auch im Wahlkreis hat. Wie können sie die Belange der Bürger vertreten, wenn sie dort gar nicht leben?
- Nicht immer wohnen Bundestagsabgeordnete oder Direktkandidaten in ihrem Wahlkreis.
- Besonders konservativen Parteien sei die regionale Anbindung wichtig, sagt Politikwissenschaftler Höhne.
- Dass Politiker eine enge Beziehung zu ihrem Wahlkreis haben, sei entscheidend für eine Demokratie.
Sophie Pojar will in den Bundestag. Die 39-Jährige tritt erstmals als Direktkandidatin für die CDU an: im Wahlkreis Chemnitzer Umland – Erzgebirge II. Doch dort lebt Pojar gar nicht. Ihr Wohnort ist das benachbarte Chemnitz. "Zur Wahrheit gehört aber dazu, dass ich gebürtige Erzgebirglerin bin", sagt sie. 26 Jahre lang habe sie im Erzgebirge gelebt. "Ich bin dort aufgewachsen. Ich habe dort die Schule und die Berufsausbildung gemacht. Meine Familie lebt dort, meine Freunde leben dort. Wir sind nach wie vor ganz oft in meiner Heimat, eben weil ich mich verbunden fühle."
Auch wenn Pojar dort nicht mehr wohnt, kenne sie den Alltag der Menschen im Wahlkreis, sagt die CDU-Kandidatin: "Aus dieser Erfahrung heraus, dieser Tradition, dem Bewusstsein und dem Feedback meiner Freunde und meiner Familie traue ich mir selbst schon zu, dass ich gute Entscheidungen für die Leute treffe, die im Wahlkreis leben."
Politikwissenschaftler: Konservativen Parteien ist regionale Anbindung wichtiger
Generell sei der Regionalproporz für die Parteien wichtig, sagt Politikwissenschaftler Benjamin Höhne. So würden Parteien auf ihren Landeslisten darauf achten, dass Kandidaten aus sämtlichen Regionen vertreten sind. Auch bei den Direktkandidaten spiele es oft eine Rolle, dass sie in der Region leben, für die sie kandidieren.
Allerdings sieht Höhne dabei Unterschiede zwischen den Parteien. Bei den konservativen christdemokratischen Parteien CDU und CSU sei es sehr wichtig, dass man vor Ort lebt und die regionale Anbindung an den Wahlkreis hat. "Dass man als 'einer von uns' gilt, das ist schon was Wichtiges. Bei den Grünen gibt es eine größere Toleranz, dass man sich jetzt nicht unbedingt über Jahrzehnte im Wahlkreis fest verankert haben muss."
Enge Beziehung zum Wahlkreis wichtig für Demokratie
Gerade im Osten hätten Parteien wie die Grünen und auch die FDP das Problem, nicht genügend Kandidatinnen und Kandidaten aufstellen zu können. Genaue Zahlen, wie viele Bundestagswahlkandidaten tatsächlich in ihrem Wahlkreis leben, sind Höhne nicht bekannt.
Dass Abgeordnete aber eine enge Beziehung zum Wahlkreis haben, sei für eine Demokratie entscheidend, sagt der Politikwissenschaftler. "Das ist schon wichtig, dass sie die Interessenlagen aus dem Wahlkreis in die große Politik mitbringen, in die Landespolitik oder nach Berlin, und sich dort in der Fraktionssitzung hinstellen können und argumentieren können, dass bei ihnen an der Basis gerade der Schuh drückt." Und das funktioniere nur, wenn Abgeordnete tatsächlich vor Ort nahe bei den Menschen sind.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 13. Februar 2025 | 06:52 Uhr