Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD,M) Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen , r), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, und Christian Lindner (FDP), Bundesminister der Finanzen, nehmen an einer Pressekonferenz zum Haushaltsplan 2025 teil.
Christian Lindner, Olaf Scholz und Robert Habeck haben sich in langen Verhandlungen geeinigt. Bildrechte: picture alliance/dpa | Michael Kappeler

Haushaltsstreit Ampel-Koalition einigt sich auf Bundeshaushalt – Schuldenbremse wird eingehalten

05. Juli 2024, 21:16 Uhr

Die Spitzen der Ampel-Koalition haben sich im Streit um den Bundeshaushalt für das kommende Jahr geeinigt. Den Plänen zufolge soll in der mittelfristigen Finanzplanung bis 2028 die Schuldenbremse eingehalten werden. Außerdem haben die Parteien ein Wachstumspakt beschlossen.

Die Spitzen der Ampel-Koalition haben nach langen Verhandlungen einen Durchbruch beim Bundeshaushalt 2025 und beim Wachstumspaket erzielt. Das berichten mehrere Medien aus Koalitionskreisen.

Die Einigung zum Bundeshaushalt 2025 und zum Finanzplan bis 2028 sehe vor, dass die Schuldenbremse eingehalten wird. Eine Notlage werde demnach nicht festgestellt. Die Ampel-Koalition hat sich außerdem auf einen Nachtragshaushalt in Höhe von 11 Milliarden Euro für 2024 verständigt.

Der Bund will im kommenden Jahr 44 Milliarden Euro neue Schulden aufnehmen: Mit dieser Kreditaufnahme bei einem Haushalts-Gesamtvolumen von 481 Milliarden Euro halte die Bundesregierung die Vorgaben der Schuldenbremse ein, sagte Finanzminister Christian Lindner (FDP). Die Investitionsausgaben sollen demnach mit 57 Milliarden Euro ein neues Rekordniveau erreichen.

Einigung auch bei Verteidigungsausgaben

Kanzler Olaf Scholz, Vizekanzler Robert Habeck und Lindner hatten seit gestern Nachmittag im Kanzleramt zusammengesessen, um ein Milliardenloch im Haushalt zu schließen.

Nach vielen Diskussionen einigte sich die Ampel-Koalition auch bei den Verteidigungsausgaben. In der mittelfristigen Finanzplanung setzt die Ampel-Koalition auf eine erhebliche Steigerung des Verteidigungsetats, nachdem das Sondervermögens für die Bundeswehr aufgebraucht ist. "Von 2028 an, also nachdem das Sondervermögen komplett ausgegeben sein wird, wird der reguläre Verteidigungshaushalt dann 80 Milliarden Euro umfassen, um die zwei Prozent weiterhin sicherzustellen", sagte Scholz.

Wachstumsturbo für die Wirtschaft

In diesem Jahr wird in Deutschland nur ein Mini-Wachstum erwartet. Hier will die Regierung mit dem "Wachstumsturbo" ansetzen und hat Entlastungsmaßnahmen beschlossen, um die Wirtschaft anzukurbeln. Das Paket soll zu einer zusätzlichen Wirtschaftsleistung in Höhe von 26 Milliarden Euro führen.

So sind beschleunigte Abschreibungen von Investitionen und eine verbesserte Forschungszulage geplant. Daneben soll es Anreize für mehr Beschäftigung geben. Scholz hatte bereits gesagt, die Bundesregierung wolle private Investitionen fördern. Außerdem sollten die Erwerbstätigkeit von Eltern erleichtert und Arbeitsanreize erhöht werden, auch steuerlich. 

Im Bürgergeld soll eine "Anschubfinanzierung" eingeführt werden. Wenn Langzeitarbeitslose mit einem Job aus dem Bürgergeldbezug herauskommen, sollen sie im ersten Jahr deutlich mehr von ihrem Verdienst behalten, ohne dass dies etwa auf das Wohngeld angerechnet wird.

Unternehmen halten sich aktuell mit Investitionen zurück, auch der private Konsum kommt nicht in Schwung. Wirtschaftsverbände beklagen seit Langem Standortnachteile wie eine hohe Steuer- und Abgabenlast, einen Mangel an Fachkräften und zu viel Bürokratie.

Kindergeld, Rentenreform und Wohngeld

Bei der Einigung auf einen Bundeshaushalt haben die Ampel-Spitzen ein Entlastungspaket für Familien mit Kindern vorgesehen. Der Etatplan soll Mittel von rund einer Milliarde Euro für armutsgefährdete Kinder und Familien enthalten. So sollen der Sofortzuschlag für arme Kinder im Bürgergeld, das Kindergeld und der Kinderfreibetrag um fünf Euro pro Monat steigen. Zudem ist vorgesehen, in den kommenden beiden Jahren jeweils zwei Milliarden Euro in die Kita-Qualität zu investieren.

Bei der geplanten Rentenreform habe sich die Koalition ebenfalls geeinigt. Für künftige Rentnerinnen und Rentner soll das Rentenniveau im Verhältnis zur Lohnentwicklung künftig gesichert werden. Gleichzeitig sollen Beitragsanstiege durch Erträge eines neuen Kapitalstocks am Aktienmarkt abgedämpft werden.

Auch der Klima- und Transformationsfonds sowie das Wohngeld sind laut SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich gesichert.

Erleichterung nach der Einigung

Der Grünen-Europapolitiker Anton Hofreiter zeigte sich erleichtert über den Durchbruch. "Ich glaube, angesichts der Weltlage wäre es komplett unverantwortlich gewesen, wenn die Regierung jetzt auseinandergefallen wäre", sagte der Vorsitzende des Europaausschusses im Bundestag. Deutschland habe "eine große Verantwortung" für den Zusammenhalt und für die Abwehrbereitschaft Europas.

Auch FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai hat die Einigung der Ampel-Spitzen auf den Bundeshaushalt für das kommende Jahr begrüßt. "Der Haushalt steht und die Wirtschaftswende kommt: Mit Einhaltung der Schuldenbremse, Entlastung der hart arbeitenden Mitte und deutlichen Impulsen für mehr Wachstum", teilte Djir-Sarai am Freitag in Berlin mit.

Die SPD-Fraktionsvorsitzenden sind ebenfalls froh über die Einigung im Haushaltsstreit. Laut Fraktionschef Mützenich ist es vor allem ein Verdienst von Kanzler Scholz. Scholz sei zwei Monate lang eingesprungen, um für Lindner mit den Ressortchefs zu verhandeln, sagte er im ARD-"Morgenmagazin".

CSU-Chef Markus Söder hingegen sieht den Haushalt als nicht ausreichend für eine grundlegende Wende in Deutschland. Die Ampel habe sich "noch mal zusammen gerappelt, hat noch mal letzte Kräfte mobilisiert, um eine Einigung zu finden". Er fügte hinzu: "Ob das reichen wird, glaube ich nicht."

Beschluss zum Haushalt Ende des Jahres erwartet

Die drei Spitzenvertreter der Ampel-Regierung hatten in den vergangenen Wochen immer wieder über eine Lösung im Haushaltsstreit verhandelt. FDP-Chef Lindner hatte dabei eine insbesondere von der SPD geforderte erneute Aussetzung der Schuldenbremse abgelehnt und stattdessen milliardenschwere Einsparungen gefordert.

Einzelne Ressorts wie das Auswärtige Amt oder das Entwicklungsministerium wollten Sparvorgaben Lindners mit Blick auf internationale Verpflichtungen zunächst nicht akzeptieren. Strittig war auch der Sozialetat. Daneben bestand immer noch eine Lücke von rund zehn Milliarden Euro, die geschlossen werden musste. Vor allem die SPD drang mit Blick auf finanzielle Belastungen durch den Ukraine-Krieg, die Schuldenbremse erneut auszusetzen, um mehr Spielraum für Investitionen zu haben. Für Lindners FDP kam das nicht infrage. Die SPD lehnte Kürzungen im Sozialetat ab.

Die Bundesregierung will nach bisherigen Plänen den Haushaltsentwurf am 17. Juli im Kabinett verabschieden. Er soll dann nach der Sommerpause im Bundestag beraten und Ende November beschlossen werden.

AFP/dpa/Reuters (jst)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 05. Juli 2024 | 07:00 Uhr

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