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Audio: Die Baustelle zur A14-Verlängerung in Sachsen-Anhalt im Jahr 2021: Immer wieder hatten Klagen den Ausbau der Autobahn verzögert. Bildrechte: picture alliance/dpa/Jan Woitas

Infrastruktur Bauprojekte: Branche beklagt Verzögerungen durch Bürokratie und Einspruchsmöglichkeiten

09. Juli 2024, 10:51 Uhr

Die eigentliche Bauzeit macht in Deutschland nur einen kleinen Anteil der Dauer von Bauprojekten aus. Bürokratie und mangelnde Digitalisierung der Behörden machen der Baubranche zu schaffen. Auch die Möglichkeit, jederzeit gegen ein Bauvorhaben zu klagen sowie neue EU-Gesetze führen immer wieder zu Baustopps. Das ginge anders, sagen Experten.

Gebaut ist am Ende schnell. Das zumindest sagt Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe (ZDB): "Wenn wir uns heute öffentliche Bauvorhaben angucken, vom Beginn der Planung bis zur Fertigstellung, vergehen 85 Prozent der Zeit für Planung, Genehmigung und Gerichtsverfahren."

Das eigentliche Bauen mache im Durchschnitt nur noch 15 Prozent der Gesamtdauer eines Bauprojekts aus, so Pakleppa. Bei einer durchschnittlichen Dauer von 23 Jahren bei Bahnprojekten wären demnach die eigentlichen Bauarbeiten in drei bis vier Jahren abgeschlossen.

Kürzere Bauprojekte durch Digitalisierung und Bürokratie-Abbauz

Um die Dauer von Bauprojekten zu verkürzen, müsse an vielen Stellschrauben gedreht werden, sagt Klaus-Heiner Röhl, Bürokratie-Experte am Institut der deutschen Wirtschaft. Etwa bei der Digitalisierung der Verfahren, "sodass alle Genehmigungsbehörden auf den gleichen digitalen Stand zugreifen können". Es sei so, dass ein Genehmigungsverfahren verschiedene Fachbehörden miteinbeziehe. Dadurch würden Akten zwischen Behörden hin- und herwandern, was den Prozess verzögere.

Dazu könnten gerade bei Sanierungen und Ersatzneubauten viele bürokratische Maßnahmen wegfallen. Etwa bei den gut 5.000 maroden Brücken in Deutschland, sagt Felix Pakleppa vom ZDB: "Dann machen wir teilweise ein Planfeststellungsverfahren, Umweltverträglichkeitsprüfung und denken viele Jahre über die Sinnhaftigkeit nach, an dieser Stelle eine Brücke zu bauen, obwohl da vielleicht schon 100 Jahre eine Brücke war."

Gesetze und Gerichtsverfahren verzögern Bauprojekte

Pakleppa stoßen darüber hinaus noch zwei weitere bürokratische Hürden auf. So wünscht er sich eine gesetzliche Stichtagsregelung: "Also wenn Sie normalerweise sagen, Sie haben eine Planung fertiggestellt und dann werden alle geltenden Gesetze, Verordnungen, alle Regeln eingehalten – und dann wird begonnen zu bauen." Wenn sich aktuell jedoch ein Gesetz oder eine Verordnung ändere oder neue Gesetze in Brüssel beschlossen würden, müssten Bauvorhaben gestoppt und die Planung neu begonnen werden.

Ein anderes Problem sieht Pakleppa in der Möglichkeit, zu jeder Zeit eines Bauprojekts vor Gericht dagegen zu klagen, was die Arbeiten immer wieder stoppe: "In Deutschland leisten wir uns den Luxus, dass ich in jeder Instanz neue Argumente vortragen kann." Dann komme wieder ein neuer Sachverständiger und es gebe wieder neue Gutachten. Dadurch dauere es in jeder Instanz deutlich länger.

Sogenannte Legalplanungen als Lösung

Das lässt sich derzeit in Deutschland nur durch sogenannte Legalplanungen verhindern, erklärt Bürokratie-Experte Röhl. "Das hat man ja damals mit den Verkehrswegen in Ostdeutschland durch das Beschleunigungsgesetz eingeführt. Das heißt, dass man ein Planungsgesetz macht." Das verhindere die Einspruchsmöglichkeiten. "Man hat auch nur noch eine, die oberste Ebene im Gerichtsverfahren dagegen. Das kann man aber natürlich nicht für jedes Projekt machen", so Röhl.

Die Branche liebäugelt daher mit dem dänischen Model. Dabei werden zu Beginn eines Projekts alle Beteiligte an einen Tisch gesetzt, um im Zweifelsfall auch gerichtlich zu streiten. Doch ist diese Phase abgeschlossen, steht einem Bau nichts mehr im Wege.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 09. Juli 2024 | 06:09 Uhr

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