Urteil des OVG Münster Gericht lehnt Schutzstatus für Syrer ab – CDU-Innenexperte fordert Abschiebungen
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24. Juli 2024, 12:49 Uhr
Das Oberverwaltungsgericht in Münster hat einem Syrer den Schutzstatus abgesprochen und erklärt, in Syrien bestehe keine pauschale Gefahr durch einen Bürgerkrieg mehr. Es ist die erste obergerichtliche Entscheidung dieser Art. Der CDU-Innenexperte Alexander Throm fordert bei MDR AKTUELL nun Abschiebungen nach Syrien und nach Afghanistan.
- Einem Gerichtsurteil aus Münster zufolge besteht in Syrien keine pauschale Gefahr durch Bürgerkrieg mehr.
- Die Union fordert Abschiebungen und eine Neubewertung durch das Auswärtige Amt, "Pro Asyl" kritisiert die Gerichtsentscheidung.
- Der Kläger aus Syrien war vor seiner Einreise verurteilt worden, weil er an einer Schleusung von Menschen nach Europa beteiligt war.
Das Oberverwaltungsgericht in Münster hat entschieden, dass ein Syrer keinen Anspruch auf Anerkennung eines Flüchtlingsstatus oder subsidiären Schutz hat. Dem Urteil zufolge besteht für Zivilisten in Syrien keine pauschale Gefahr durch einen Bürgerkrieg und keine ernsthafte Bedrohung für Leib und Leben durch willkürliche Gewalt mehr.
Neue Bewertung durch Auswärtiges Amt gefordert
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Alexander Throm forderte infolge der Entscheidung das Auswärtige Amt auf, die Sicherheitsbeurteilung für Syrien zu überprüfen. Throm sagte MDR AKTUELL, er halte es für zutreffend, dass es nicht mehr in allen Regionen Syriens eine allgemeine willkürliche Gefahr für alle Zivilpersonen gebe. Die Lage heute sei nicht mehr dieselbe wie beim Beginn des syrischen Bürgerkriegs 2011.
Throm erklärte, für die Union sei deshalb klar, dass es wieder Abschiebungen nach Syrien und auch nach Afghanistan geben müsse. Das könne auch ohne direkten Kontakt mit der dortigen Regierung geschehen. Womöglich müssten bereits erteilte Schutzberechtigungen widerrufen werden. Schutz solle nur gewährt werden, so lange er nötig sei, betonte der CDU-Politiker.
Subsidiärer Schutz
Der subsidiäre Schutz greift ein, wenn weder der Flüchtlingsschutz noch die Asylberechtigung gewährt werden können und im Herkunftsland ernsthafter Schaden droht.
Subsidiär schutzberechtigt sind Menschen, die stichhaltige Gründe dafür vorbringen, dass ihnen in ihrem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht und sie den Schutz ihres Herkunftslands nicht in Anspruch nehmen können oder wegen der Bedrohung nicht in Anspruch nehmen wollen. Ein ernsthafter Schaden
kann sowohl von staatlichen als auch von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen.
Als ernsthafter Schaden gelten unter anderem eine drohende Todesstrafe oder Folter.
Quelle: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
Buschmann: "Es muss genau hingeschaut werden"
Bundesjustizminister Marco Buschmann sagte zu möglichen Konsequenzen mit Blick auf Syrien, man könne "eben nicht mehr pauschal sagen, dass die Sicherheitslage im gesamten Land überall gleich ist, sondern es muss genau hingeschaut werden".
Kritik kam von der Organisation "Pro Asyl". Die rechtspolitische Sprecherin Wiebke Judith erklärte, das Oberverwaltungsgericht entscheide "an der Realität in Syrien vorbei". Quellen wie der Lagebericht des Auswärtigen Amts zeigten, dass es weiterhin "eine beachtliche Konfliktlage" gebe. Hinzu komme, dass praktisch niemand vor dem "Folterregime des Diktators Assad" sicher sei.
Kläger wegen Schleusung zu Haftstrafe verurteilt
Im vorliegenden Fall hatte ein Syrer aus der Provinz Hasaka im Nordosten des Landes geklagt, um den Schutzstatus als Flüchtling zugesprochen zu bekommen. Nach Angaben des Gerichts war er vor seiner Einreise nach Deutschland in Österreich zu einer Haftstrafe verurteilt worden, weil er an der Schleusung von Menschen aus der Türkei nach Europa beteiligt war.
Das Oberverwaltungsgericht erklärte, ihm drohe in Syrien keine politische Verfolgung. Von der Anerkennung als Flüchtling sei er auch wegen der begangenen Straftaten ausgeschlossen. Die Voraussetzungen für subsidiären Schutz seien ebenfalls nicht gegeben.
Derzeit gilt bundesweites Abschiebeverbot
Das Urteil aus Münster ist die erste obergerichtliche Entscheidung dieser Art. Sie steht gegen die gängige Praxis beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, syrischen Asylbewerbern im Regelfall subsidiären Schutz als Bürgerkriegsflüchtlinge zuzusprechen. Derzeit gilt in Deutschland ein bundesweites Abschiebeverbot nach Syrien.
Die Gerichtsentscheidung stammt aus der vergangenen Woche und war erst am Montag veröffentlicht worden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Auch wenn die Revision nicht zugelassen wurde, kann dagegen Beschwerde eingelegt werden.
AFP, dpa, MDR (fef)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 24. Juli 2024 | 06:17 Uhr