Verkehr Sind unversicherte ukrainische Fahrzeuge ein Problem?
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21. März 2023, 09:07 Uhr
Jedes Auto auf deutschen Straßen braucht eine Haftpflichtversicherung. Sie springt ein, wenn bei einem Unfall Menschen oder Sachwerte geschädigt werden. Die Versicherung ist auch für ausländische Wagen Pflicht. Also auch für solche aus der Ukraine. Wer kontrolliert die Pflichtversicherung für ukrainische Fahrzeuge und was passiert, wenn man unverschuldet in einen Unfall mit einem solchen Fahrzeug verwickelt wird?
- Seit den 1. Juni 2022 gab in Deutschland es 262 Unfälle, die durch ein unversichertes ukrainisches Fahrzeug verursacht wurden – die Zahl ist eher klein.
- Ausländische Fahrzeuge werden mit der Grünen Karte oder einer Grenzversicherung haftpflichtversichert.
- Spätestens ein Jahr nach Einreise braucht das Auto ein deutsches Kennzeichen.
Diese Bilder gingen Anfang 2022 um die Welt: Blechschlangen, die aus Kiew herausdrängen. Staus an Tankstellen und an Grenzübergängen. Viele Ukrainer sind im Auto vor dem Krieg geflohen. Schätzungen gehen davon aus, dass Zehntausende Fahrzeuge mit ukrainischem Kennzeichen nach Deutschland gelangt sind.
Nur ein Bruchteil davon war in Unfälle verwickelt, sagt Sandra Schwarz. Sie ist die Geschäftsführerin des Vereins Verkehrsopferhilfe, einer Einrichtung der deutschen Kfz-Versicherer. "Nach heutigem Stand haben wir 262 Unfälle gehabt seit dem 1. Juni 2022, die durch unversicherte ukrainische Fahrzeuge auf dem Gebiet der Bundesrepublik verursacht worden sind. Das sind im Schnitt 28 pro Monat, also noch nicht mal einer pro Tag."
Etwa ein Unfall pro Tag
Etwa so viele, wie die Verkehrsopferhilfe monatlich durch andere nicht versicherte Autos zählt. Die Entschädigungsstelle hilft Menschen, die in Unfälle mit nicht versicherten Fahrzeugen hineingezogen werden, mit deutschen oder ausländischen Kennzeichen. Ausländische Fahrzeuge bekommen die Haftpflichtversicherung entweder in Form der sogenannten Grünen Karte, die in vielen Ländern der Welt gilt. Oder als Grenzversicherung, die zum Beispiel die deutschen KfZ-Versicherer anbieten. Eines von beiden ist auch für ukrainische Fahrzeuge seit dem 1. Juni 2022 verpflichtend.
Nach Angaben von Schwarz wurden diese Verträge schon ab dem 1. Juni "unglaublich zahlreich" abgeschlossen. Zusätzlich gebe es auch noch andere Möglichkeiten für ukrainische Fahrzeuge, Versicherungsschutz in Deutschland zu haben, erklärt Schwarz: "Die Grüne Karte aus der Ukraine holt sich der ukrainische Halter bei seinem eigenen ukrainischen Versicherer. Das ist seit Beginn des Krieges online möglich, völlig problemlos."
Polizei überprüft Versicherungsschutz
Wie der Versicherungsschutz kontrolliert wird, weiß ebenfalls Sandra Schwarz: "Das ist eine Sache, die in allererster Linie den Sicherheits- und Ordnungsbehörden obliegt, sprich der Polizei. Das kennt man ja von Verkehrskontrollen, man wird angehalten: 'Bitte einmal die Fahrzeugpapiere vorlegen'." Und genau das passiere auch bei der Überprüfung des Versicherungsschutzes. "Das sind tatsächlich stichprobenartige Kontrollen."
Spätestens ein Jahr nach Einreise muss das ukrainische Fahrzeug ohnehin in der Bundesrepublik zugelassen werden, bekommt also ein deutsches Kennzeichen. Dann ist auch der Nachweis eines Versicherungsschutzes notwendig. Diese Frist steht nun für viele geflohene Ukrainerinnen und Ukrainer an.
Schadensmeldung ans Büro Grüne Karte
Und was, wenn ein Fahrer trotz allem in einen Unfall mit einem nicht versicherten ukrainischen Fahrzeug verwickelt wird? Sandra Schwarz rät dem betroffenen Fahrer, den Schaden beim Deutschen Büro Grüne Karte anzumelden. Das deutsche Büro Grüne Karte ist die zuständige Stelle für die Abwicklung von Schäden mit versicherten ukrainischen Fahrzeugen, die sich in Deutschland ereignet haben, erklärt Schwarz: "Und nur, wenn ausnahmsweise im Zuge der dort durchgeführten Ermittlungen zum zuständigen Versicherer rauskommen sollte, dass es den gar nicht gibt – in dem Fall ist dann die Verkehrsopferhilfe zuständig."
Das ist angesichts von durchschnittlich rund 200.000 Verkehrsunfällen, die die Polizei insgesamt pro Monat erfasst, aber sehr unwahrscheinlich.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 20. März 2023 | 06:20 Uhr