Höhere Kosten So teuer wird die Pflegeversicherung für Menschen ohne Kinder

13. April 2023, 08:32 Uhr

Ab Juli soll der Beitragssatz zur gesetzlichen Pflegeversicherung steigen und an die Zahl eigener Kinder (auch Adoptiv- und Pflegekinder) gekoppelt werden. Wer Kinder hat, muss demnach weniger zahlen – ohne Kinder wird es deutlich teurer. Vom Kinderbonus profitieren allein Mütter und Väter, der Arbeitgeberanteil wird festgeschrieben. Auch Rentner müssen mehr zahlen. Unsere Rechenbeispiele zeigen, was sich ändert. Zugleich sollen mit der Reform Pflegeleistungen verbessert werden.

MDR AKTUELL Mitarbeiter Andreas Sandig
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Ab 1. Juli 2023 soll der Beitragssatz zur gesetzlichen Pflegeversicherung um 0,35 Prozentpunkte auf 3,40 Prozent des beitragspflichtigen Einkommens steigen.

Kinderlose sollen mehr in Pflegeversicherung einzahlen

Zugleich ist geplant, den Zuschlag für Kinderlose auf 0,6 Beitragssatzpunkte anzuheben. Im Gegenzug sollen Beitragszahlerinnen und -zahler mit zwei und mehr Kindern entlastet werden – mit einem Abschlag von 0,25 Beitragspunkten für jedes Kind bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres. Dabei wird der Arbeitgeberanteil auf 1,7 Prozent festgeschrieben. Die Entlastung für Kinder wird komplett an die Mütter und Väter weitergegeben.

Mit der Erhöhung des Beitragssatzes will die Bundesregierung den steigenden Kosten in der Pflege entgegenwirken. Im vergangenen Jahr lag das Defizit der Krankenkassen im Pflegebereich bei etwa 2,2 Milliarden Euro. Die stärkere Belastung Kinderloser ist eine Reaktion auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 7. April 2022, wonach der Erziehungsaufwand von Eltern beim Beitrag zur Pflegeversicherung stärker berücksichtigt werden muss.

Beitragszahlungen ab 5.000 Euro gedeckelt

Aktuell liegt der Beitragssatz zur Pflegeversicherung für Beitragszahler mit Kindern bei 3,05 Prozent. Er wird bundesweit hälftig mit je 1,525 Prozent vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer getragen. Eine Ausnahme macht Sachsen, wo die Arbeitnehmer einen zusätzlichen Feiertag haben und mehr zahlen. Kinderlose zahlen ihren Aufschlag von 0,35 Prozentpunkten allein. Rentnerinnen und Rentner tragen den regulären Pflegebeitrag allein, ebenso den Aufschlag, wenn sie kinderlos sind.

Die Beitragsbemessungsgrenze liegt aktuell bei einem Einkommen von 4.987,50 Euro monatlich, d.h. der Beitrag wird oberhalb dieser beitragspflichtigen Einkünfte gedeckelt.

Was gehört zum beitragspflichtigen Einkommen?

  • Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit
  • Rente laut Rentenbescheid, Beamtenbezüge, Versorgungsbezüge (Betriebsrenten, Direktversicherungen, Pensionen)
  • Witwenrenten
  • Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, Einnahmen aus Kapitalvermögen wie Zinsen oder Dividenden
  • Unterhaltszahlungen vom getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten
  • Bafög (nur der staatliche Zuschuss)

Beispielrechnung: So wirkt sich die Zahl der Kinder auf den Beitragssatz aus

Der durchschnittliche Bruttomonatsverdienst lag zuletzt in Mitteldeutschland bei 3.000 bis 3.500 Euro. In Sachsen-Anhalt gab es im Jahr 2021 in Vollzeit inklusive Sonderzahlungen wie Weihnachtsgeld 3.075 Euro brutto. Teilzeitbeschäftigte verdienten Anfang 2021 durchschnittlich 2.200 Euro brutto. Auf Basis dieser Einkommen hat MDR AKTUELL Beispielrechnungen erstellt.

Pflegeversicherungsbeitrag ab 1. Juli 2023 für Beispieleinkommen mit unterschiedlicher Kinderzahl
  2.000 Euro 3.500 Euro
Anzahl der Kinder bis 25 Jahre | Beitragssatz    
kinderlos: 4,0% | Arbeitnehmeranteil 2,3% 80 | 46 Euro 140 | 80,5 Euro
1 Kind: 3,4% | Arbeitnehmer 1,7% 68 | 34 Euro 119 | 59,5 Euro
2 Kinder: 3,15% | Arbeitnehmer 1,45% 63 | 29 Euro 110,25 | 50,75 Euro
3 Kinder: 2,9% | Arbeitnehmer 1,2% 58 | 24 Euro 101,50 | 42 Euro
4 Kinder: 2,65% | Arbeitnehmer 0,95% 53 | 19 Euro 92,75 | 33,25 Euro
5 und mehr Kinder: 2,4% | Arbeitnehmer 0,7% 48 | 14 Euro 84 | 24,5 Euro

Pflegeleistungen werden ausgeweitet – einige aber erst später

Ziel der Beitragsänderungen ist es, die Finanzierung der gesetzlichen Pflegeversicherung zu stabilisieren. Denn in Deutschland müssen immer mehr Menschen immer länger gepflegt werden. "Die Reform wird insgesamt pro Jahr ab dem Jahr 2025 (…) 6,6 Milliarden zusätzlich in die Pflegeversicherung bringen", rechnet Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach.

Kern der Pflegereform ist aber auch eine Verbesserung der Leistungen. Ab 1. Januar 2024 sollen die Zuschläge der Pflegekasse an Pflegebedürftige in vollstationären Einrichtungen von 5 auf 15 Prozent erhöht (bis 12 Monate Verweildauer), von 25 auf 30 Prozent (13–24 Monate), von 45 auf 50 Prozent (bis 36 Monate) und von 70 auf 75 Prozent (mehr als 36 Monate). Die Regelungen zur Feststellung des Pflegegrades sollen erneuert werden.

Ferner sollen zum Jahreswechsel das Pflegegeld und die ambulanten Sachleistungsbeträge um jeweils fünf Prozent erhöht werden. Der Anspruch auf das sogenannte Pflegeunterstützungsgeld wird ausgeweitet. Diese Lohnersatzleistung zur Pflege eines nahen Angehörigen soll für bis zu zehn Arbeitstage im Kalenderjahr gezahlt werden.

Zum 1. Januar 2025 und zum 1. Januar 2028 sollen dann die Geld- und Sachleistungen in der Pflege automatisch mit der Preis- und Lohnentwicklung steigen. Allerdings war diese sogenannte Leistungsdynamisierung eigentlich schon ab kommendem Jahr geplant und wird nun um ein Jahr verschoben.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 05. April 2023 | 14:00 Uhr

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