Gesundheitspolitik Was kostet ein Rettungseinsatz?

07. November 2023, 05:00 Uhr

22.747 Rettungswagen sind in Deutschland unterwegs, die rund 16 Millionen Mal pro Jahr ausrücken. Doch was kostet ein Einsatz? Das ist nicht davon abhängig, wie aufwendig er ist oder wie lange und wie weit der Rettungswagen fahren muss, sondern allein davon, in welcher Stadt oder welchem Landkreis er stattfindet. Wie aber wird das genau berechnet, wer übernimmt diese Kosten? Und wer zahlt, wenn ein Krankenwagen umsonst gerufen wird?

Kosten für den Rettungswagen

Um einen Rettungseinsatz kalkulieren zu können, muss man zunächst wissen, was ein Rettungswagen kostet. Es gibt verschiedene "Lebensretter" wie RTW (Rettungswagen), NEF (Notarzteinsatzfahrzeug), KTW (Krankentransportwagen), oder NAW (Notarztwagen), die für die unterschiedlichsten Typen von Krankenwagen stehen. Der IRTW ist zum Beispiel ein Infektionsrettungswagen, mit dem hochansteckende Patienten transportiert werden können. 2014 war das zum Beispiel in Leipzig nötig, als ein Patient mit Ebola transportiert werden musste.

Der RTW, also der Rettungswagen, ist das Herzstück des Rettungswesens. RTW sind richtige Hightech-Fahrzeuge mit viel medizinischer Technik an Bord. In der Anschaffung kostet einer mindestens 180.000 Euro, dazu kommt noch die Medizintechnik, wie die Patientenliege im Fahrzeug für ca. 40.000 Euro, das EKG für ca.  30.000 Euro und das Behandlungsgerät zur Beatmung von Patienten für etwa 25.000 bis 30.000 Euro. Mit weiterem Equipment und Material kostet ein RTW in der Anschaffung etwa 320.000 Euro.  

Personal- und Betriebskosten

Zu den Anschaffungskosten für den RTW kommen nun die Kosten für das Personal und für die Betriebsstoffe, also Diesel zum Beispiel, um das Fahrzeug zu fahren. Weiterhin sind die Verbrauchsmaterialien zu berücksichtigen. Insgesamt ergeben sich so Kosten für das Betreiben von einem Rettungswagen im Jahr von circa einer Million. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein RTW in der Regel 24 Stunden an 365 Tagen im Jahr vorgehalten wird.

Zahl der Einsätze entscheidend

Wird nun ein Rettungswagen zu einem Einsatz gerufen, erfolgt die Rechnung nicht nach dem tatsächlichen Aufwand, also zum Beispiel wie lange und wie weit der RTW fuhr und wie medizinisch umfangreich der Patient versorgt werden musste, sondern durch eine Pauschale. Diese Pauschale wird in der Regel von Jahr zu Jahr neu festgelegt und ist insbesondere von der Zahl der Rettungseinsätze in einer Stadt oder einem Landkreis abhängig.

Kalkulation der Kosten

In die Kalkulation der Kostenpauschale sind die drei Player des Rettungswesens involviert: der Aufgabenträger, der Leistungserbringer und der Kostenträger. Aufgabenträger ist immer eine kreisfreie Stadt oder ein Landkreis. Diese haben die Aufgabe den Rettungsdienst für die Bürger sicherzustellen.

Leistungserbringer sind die Rettungsdienstleister wie zum Beispiel das Deutsche Rote Kreuz, die Malteser, Johanniter oder andere Rettungsdienstleister. In Leipzig betreibt die Stadt den RTW selbst. Das ist aber eher die Ausnahme. Kostenträger sind immer die Krankenkassen. Sie müssen die RTW-Fahrt ihres Versicherten bezahlen.

Wie aber werden nun die Kosten für einen Rettungseinsatz kalkuliert?

Dazu verhandeln jedes Jahr Aufgabenträger und Leistungserbringer mit den Kostenträgern. Dabei werden alle Kosten für das vergangene Jahr zusammengetragen und auf dieser Basis wird eine Prognose erstellt und die Kosten für einen einzelnen Rettungseinsatz kalkuliert.

Fallen für einen RTW pro Jahr zum Beispiel eine Million Euro Kosten an und der RTW wäre nur zwei Mal im Jahr im Einsatz, dann würde ein Rettungseinsatz also 500.000 Euro kosten, um die Kosten zu decken. Ein RTW ist im Jahr natürlich viel öfter unterwegs, in Leipzig zum Beispiel 3.500 Mal. Also wird es billiger. In den Verhandlungsrunden wird genau kalkuliert: Wie oft fährt ein Wagen raus? Und wie viel muss im Durchschnitt bezahlt werden, damit alle Kosten gedeckt sind?

460 Euro pro Einsatz in Leipzig

In der Stadt Leipzig kostet aktuell ein Rettungseinsatz 460 Euro, völlig unabhängig davon, wie lange der Einsatz gedauert hat, welche Materialien zum Einsatz gekommen sind und welche Geräte genutzt oder nicht genutzt wurden.

Insgesamt gibt es zwischen den Kommunen und Landkreisen erhebliche Kostenunterschiede. In Sachsen liegen die Kosten pro Fahrt zwischen 460 und 913,90 Euro, in Thüringen zwischen 324,01 und 622,59 Euro und in Sachsen-Anhalt zwischen 343 und 971 Euro.

Diese Unterschiede kommen deshalb zustande, weil z.B. in der Stadt ein Rettungswagen deutlich häufiger ausrückt als auf dem Land. Beispiel Leipzig: Der RTW fährt hier rund. 3.500 Mal im Jahr und kommt auf mehr als eine Million Euro an Vorhaltekosten. Um diese und alle weiteren Kosten abzudecken, schlägt eine Fahrt im Schnitt mit 460 Euro zu Buche.

Im Landkreis Börde in Sachsen-Anhalt kostet eine RTW-Fahrt 937 Euro, was auf den ersten Blick ziemlich teuer erscheint, zumal im Landkreis Börde der Unterhalt eines RTW viel weniger kostet als in Leipzig: nämlich nur 750.000 Euro. Allerdings fährt der RTW im Schnitt viel seltener, denn die Bevölkerungsdichte ist hier viel geringer als zum Beispiel in Leipzig. Daher sind die Kosten pro Fahrt deutlich höher.

Gut zu wissen In Deutschland gibt es aktuell 22.747 Rettungswagen. Diese werden pro Jahr rund 16 Millionen Mal zum Einsatz gerufen.

Wer zahlt bei Leerfahrten und Missbrauch?

Bei Leerfahrten zahlt übrigens keiner. Wird ein Patient behandelt, aber nicht transportiert, bezahlt die Krankenkasse diese Fahrt nicht. Aber bei der Gesamtkalkulation werden diese Leerfahrten mitberechnet und auf die anderen Fahrten umgelegt.

Und dann gibt es zwei Fälle, in denen die Krankenkassen sich gänzlich weigern, einen Rettungseinsatz zu zahlen: nämlich, wenn ein Patient wirklich krank ist, den Transport aber verweigert und den Rettungswagen später noch einmal ruft. Hier muss der Patient für die Fahrt selbst aufkommen. Und natürlich zahlen die Krankenkassen auch bei Missbrauch nicht, wenn also ein RTW einfach aus Spaß gerufen wird. Dann muss der Anrufer die Kosten selbst tragen und bekommt im Zweifel sogar noch eine Anzeige.

Fazit

Allein die Anschaffung eines RTW ist mit rund 320.000 Euro teuer. Diesen für ein Jahr zu betreiben, kostet im Durchschnitt je nach Standort zwischen 750.000 und 1,2 Millionen Euro. Sechs bis acht Jahre hält so ein Rettungswagen. Dann muss er ersetzt werden. 22.747 Rettungswagen sind aktuell in Deutschland unterwegs. Anschaffungs-Kosten dafür insgesamt: rund sieben Milliarden Euro. Je nach Kommune fallen ganz unterschiedliche Kosten pro Fahrt an. Diese liegen in Mitteldeutschland zwischen 324,01 und 971 Euro. Am Ende werden die Rettungswagen von den Krankenkassen finanziert, also von uns Beitragszahlern.

MDR (cbr)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Umschau | 14. November 2023 | 20:15 Uhr

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