Neujahr Silvesternacht: Mehrere Tote bei Unfällen mit Feuerwerk – auch in Sachsen
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02. Januar 2025, 08:03 Uhr
Deutschland hat das neue Jahr begrüßt. Vielerorts gab es buntes Feuerwerk. Beim Hantieren mit Feuerwerkskörpern starben allerdings mindestens fünf Menschen, zwei von ihnen in Sachsen. Die Thüringer Polizei meldete zahlreiche Straftaten. In Sachsen-Anhalt verlief die Nacht aus Sicht der Einsatzkräfte vergleichsweise ruhig.
- Beim Hantieren mit Feuerwerkskörpern sind in der Silvesternacht fünf Menschen gestorben.
- In Berlin gab es zahlreiche Verletzte durch Feuerwerk, in Leipzig wurden dutzende Straftaten registriert.
- Polizei und Feuerwehr waren mit einem Großaufgebot im Dienst, Bundesinnenministerin Nancy Faeser dankte ihnen für ihren Einsatz.
- Die Deutsche Umwelthilfe sprach von einer "Nacht des Grauens" für Natur und Tiere.
Deutschland ist mit Feuerwerken und Partys ins Jahr 2025 gestartet. Bei den Feierlichkeiten kam es allerdings zu zahlreichen Zwischenfällen mit Feuerwerk und Böllern. Mindestens fünf Menschen starben, davon zwei in Sachsen. Viele weitere Menschen wurden verletzt. Es gab abermals Angriffe auf Einsatzkräfte.
Fünf Tote bei Unfällen mit Feuerwerkskörpern
Zu Todesfällen kam es in Oschatz bei Leipzig sowie in der Nähe von Chemnitz. In Oschatz starb nach Angaben der Polizei ein 45-Jähriger, der mit einer Feuerwerksbombe hantiert hatte. Der Mann erlag demnach im Krankenhaus seinen schweren Kopfverletzungen. Nach Angaben einer Polizeisprecherin handelte es sich um ein Großfeuerwerk der Kategorie F4, das nur mit einer entsprechenden Erlaubnis gekauft und abgebrannt werden darf.
In Hartha bei Döbeln starb ein 50-Jähriger. Auch er verletzte sich tödlich mit explodierendem Feuerwerk, wie ein Sprecher des Lagezentrums am frühen Neujahrsmorgen mitteilte.
Weitere Tote gab es in Nordrhein-Westfalen, Hamburg und Brandenburg. So wurde südwestlich von Paderborn ein 24-Jähriger tödlich verletzt, der mit einem Feuerwerkskörper hantierte. In Hamburg starb ein 20-Jähriger nach der Explosion eines selbstgebauten Böllers. Und auch im Norden Brandenburgs wurde ein Mensch durch einen Silvesterböller tödlich verletzt.
Schwerverletzte und beschädigte Häuser in Berlin
Das Unfallkrankenhaus Berlin (UKB) meldete mindestens 17 Bölleropfer. Fünf von ihnen seien durch Kugelbomben schwer an Händen, Gesicht und Augen verletzt worden, darunter auch Kinder, sagte eine Kliniksprecherin. Ein junger Mann sei wohl komplett erblindet, andere Menschen zogen sich demnach Brandwunden zu oder erlitten einen Hörverlust.
"Die Anzahl der Patienten ist im Vergleich zu den Vorjahren eher durchschnittlich oder etwas unterdurchschnittlich. Die Schwere der Verletzungen ist aber ungewöhnlich", erläuterte die Sprecherin. Sie sprach von extremen Verletzungen und "Zerreißungsfrakturen" bei den Opfern aufgrund der großen Sprengkraft der illegalen Böller.
Die Polizei nahm während der Böllerei in der Nacht mindestens 400 Menschen wegen Straftaten fest – etwa so viele wie vor einem Jahr. Etliche griffen Einsatzkräfte oder andere Menschen mit Pyrotechnik an, andere hatten illegale Waffen oder Böller dabei. Wieder andere fielen wegen Gewalttaten oder Brandstiftung auf. Die Polizei leitete 670 Strafverfahren ein.
37 Polizisten und eine Einsatzkraft der Feuerwehr seien verletzt worden, bilanzierten Innensenatorin Iris Spranger und die Berliner Polizei. Zum Vergleich: Im Vorjahr hatten 54 Polizisten Verletzungen erlitten, darunter 34 Beamte der Einsatzhundertschaften und 20 Streifenpolizisten im Rahmen ihres normalen Dienstes.
Die Berliner Feuerwehr meldete schwere Schäden durch illegale Feuerwerkskörper, mutmaßlich sogenannte Kugelbomben. So wurden etwa im Stadtteil Schöneberg bei einer heftigen Detonation zahlreiche Häuserfassaden schwer beschädigt, Fenster gingen massenhaft zu Bruch. 36 Wohnungen seien nun vorerst unbewohnbar und zwei Menschen in Krankenhäuser gebracht worden, sagte ein Sprecher der Berliner Feuerwehr. Er sprach von einem "Schlachtfeld".
Die Berliner Feuerwehr hat nach eigenen Angaben zwischen 19.00 Uhr und 6.00 Uhr mehr als 1.800 Einsätze gefahren. Das waren 294 mehr als im Vorjahr. Darunter waren demnach 825 Brände, 847 Rettungsdiensteinsätze sowie 220 technische Hilfeleistungen und sonstige Einsätze. In 13 Fällen wurden Einsatz- und Rettungskräfte laut Feuerwehr angegriffen oder bei ihrer Arbeit behindert.
Dutzende Straftaten in Leipzig
Schwerpunkt des Einsatzgeschehens in Mitteldeutschland war Leipzig. Wie die Polizei mitteilte, wurden in einer ersten Bilanz 31 Straftaten registriert. Unter anderem haben Container gebrannt und es wurden Barrikaden gebaut. Bei vielen registrierten Straftaten sei es um gefährliche Körperverletzung, Landfriedensbruch und Verstöße gegen das Sprengstoffgesetz gegangen.
So bewarfen sich etwa größere Gruppen von Jugendlichen gegenseitig mit Böllern und Raketen. Nach Angaben eines Reporters der Deutschen Presse-Agentur versammelten sich die etwa 100 bis 150 junge Menschen im Stadtteil Volkmarsdorf und beschossen sich mit Pyrotechnik. Sie hätten zudem auf Autos und Straßenbahnen gezielt.
In Leipzig-Connewitz errichteten Unbekannte nach Mitternacht Barrikaden aus Baustellenabsperrungen und anderen Gegenständen, wie die Polizei berichtete. Die Einsatzkräfte hätten das Geschehen per Hubschrauber beobachtet. Es sei dann zu einer spontanen Demonstration mit etwa 300 Teilnehmern gekommen, die sich später auflöste.
Am frühen Morgen wurde laut Polizei am Connewitzer Kreuz ein Feuer entzündet, um das sich etwa 60 Personen versammelten. Die Einsatzkräfte löschten mit einem Wasserwerfer. Die Einsatzkräfte der Polizei seien mit Feuerwerk und Flaschen angegriffen worden, berichten dpa-Reporter. Nach Angaben der Polizei wurden Einsatzkräfte auch an anderen Orten in der Stadt mit Feuerwerk beschossen.
Polizeifahrzeug in Weimar in Brand gesetzt
Die Thüringer Polizei registrierte in der Silvesternacht zahlreiche Körperverletzungen, Verstöße beim Gebrauch von Pyrotechnik und Sachbeschädigungen. Wie die Landespolizeidirektion am Neujahrsmorgen mitteilte, wurde etwa auf dem Weimarer Goetheplatz ein Streifenwagen in Brand gesetzt und unbrauchbar gemacht. Die Täter seien unbekannt.
In Unterwellenborn im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt detonierte den Angaben zufolge ein Feuerwerkskörper in unmittelbarer Nähe eines 28-Jährigen. Der Mann wurde mit schweren Gesichtsverbrennungen in ein Klinikum eingeliefert.
Polizei und Politik üben Kritik an Gewalt gegen Einsatzkräfte
Die Gewerkschaft der Polizei sieht nach der Silvesternacht eine bedenkliche Entwicklung. Der Bundesvorsitzende Jochen Kopelke sagte den Funke-Medien, dass die Angriffe auf Einsatz- und Rettungskräfte schnelle Konsequenzen haben müssten. Das Macho-Verhalten einiger junger Männer aus sozialen Brennpunkten sei nicht länger zu ertragen. Diese meinten, sie beherrschten die Straße. Die Polizei brauche immer mehr Personal, um die Bevölkerung zu schützen.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) kündigte eine konsequente Bestrafung solcher Angriffe an. Sie dankte den Einsatzkräften von Polizei, Rettungsdiensten und Feuerwehren für ihren Dienst in der Silvesternacht. Faeser sagte, viele Einsätze seien fordernd und gefährlich gewesen. Erneut seien Einsatzkräfte mit Böllern und Raketen beschossen worden. Die Ministerin kündigte eine konsequente Bestrafung dieser Angriffen an.
Die SPD-Politikerin betonte aber, insgesamt hätten die Menschen an den meisten Orten im Land einen friedlichen Jahresstart erlebt. Der starke Einsatz von Polizistinnen und Polizisten der Landespolizeien sowie der Bundespolizei habe sich ausgezahlt – allein die Bundespolizei habe 4.100 Beamtinnen und Beamte im Einsatz gehabt.
Ein "frühzeitiges konsequentes Durchgreifen" sei das "richtige Mittel gegen Gewalttäter und Chaoten", erklärte Faeser. Die vielen Festnahmen allein in Berlin und die erneuten Angriffe auf Einsatzkräfte zeigen ihrer Ansicht nach, dass genau dieses harte Durchgreifen absolut notwendig gewesen sei.
Gewaltfreie Silvesternacht in Sachsen-Anhalt
Die Sachsen-Anhalter sind bisherigen Informationen zufolge überwiegend friedlich ins neue Jahr gestartet. Das ergaben erste Nachfragen von MDR SACHSEN-ANHALT am Mittwochmorgen in den vier Polizeiinspektionen. Dabei war in den Lagezentren zumeist von einer relativ ruhigen Nacht die Rede.
Aus Magdeburg hieß es konkret, die Nacht sei ruhiger als in den Vorjahren verlaufen. Auch der Hasselbachplatz sei dank gezielter Vorab-Kontrollen auf Waffen und Böller diesmal frei gewesen. Aus der Polizeiinspektion Halle hieß es auf Nachfrage lediglich, man habe gut zu tun gehabt.
Feinstaubbelastung grenzwertig
Was die Feinstaubbelastung durch Böller und Raketen anbelangt, kursieren unterschiedliche Einschätzungen. Laut Bundesverband Pyrotechnik lagen die Konzentrationen kurzfristig über den üblichen Grenzwerten. Diese seien allerdings an 90 Prozent der Messstationen um 4.00 Uhr morgens wieder unterschritten worden.
Die Deutsche Umwelthilfe sprach dagegen von einer "Nacht des Grauens" und verwies auf teils erschreckend hohe Messwerte. Auch seien die Belastungen für die Umwelt durch verunreinigten Müll enorm. Dem von der Umwelthilfe initiierten Bündnis für ein bundesweites Böllerverbot gehören inzwischen 35 Organisationen an, darunter auch die Gewerkschaft der Polizei.
Im ganzen Bundesgebiet versetzte der Lärm von Raketen und Knallern viele Tiere in Panik. So gingen bei der Polizei in München mehrere Anrufe ein, in denen entlaufene Haustiere gemeldet wurden. "Einige der Tiere konnten mit ihren Besitzern bereits wieder vereint werden", hieß es am Mittwochmorgen.
dpa, KNA (lmb, dak, ala, ewi)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 01. Januar 2025 | 00:00 Uhr