Gelangweilt im Job Boreout: Ausgebrannt durch Unterforderung
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28. August 2024, 07:52 Uhr
Nach einer aktuellen Studie der Beratungsagentur Auctority fühlt sich jeder zweite Beschäftigte entkräftet. 40 Prozent der Erwerbstätigen wünschen sich weniger sinnlose Arbeit. Auf Dauer können sinnlose oder stupide Aufgaben zu einem "Boreout" führen – mit ähnlichen Symptomen wie bei einem Burnout.
- Die Symptome von Boreout sind ähnlich wie beim Burnout.
- Trotzdem seien Bore- und Burnout nicht vergleichbar, betont Psychologe Dirk Windemuth.
- Künstliche Intelligenz könne dabei helfen, Boreout zu verhindern.
Boreout – Lisa Tubinski hat es erlebt. Die studierte Betriebswirtin heißt eigentlich anders. Sie will vermeiden, dass das, was sie hier erzählt, auf sie zurückfällt. Als sie aus ihrer Elternzeit zurückkommt, teilt der Chef ihr eine neue Aufgabe zu. "Und dann habe ich einen Stapel Akten gekriegt. Und dann hieß es: So, das ist deine Aufgabe. Gib die Daten ein. Das habe ich auch gemacht."
Der Sinn dieser Arbeit sei ihr nicht erläutert worden. Aber über ihre Situation mit dem Chef zu besprechen, habe sie sich auch nicht getraut. "Ich hatte auch Angst, dass ich zu schnell bin und dann keine neuen Akten da sind. Und dann keiner weiß, was ich machen soll. Deswegen habe ich schön langsam gemacht, was aber dazu führte, dass eben schon das allein langweilig ist. Und dann habe ich mich halt total unterfordert gefühlt."
Obwohl Tubinski so wenig zu tun hatte, fühlte sie sich mitunter erschöpft. "Es gab sicher Phasen, da war ich einfach auch müde, weil es schon sehr anstrengend ist, immer so zu tun, als wäre man ganz beschäftigt."
Psychologe: Bore- und Burnout nicht vergleichbar
"Die Menschen fühlen sich gelangweilt und auch antriebslos," erklärt Dirk Windemuth, Psychologe und Gesundheitswissenschaftler. In Dresden leitet er das Institut für Arbeit und Gesundheit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung. Auch wenn die Symptome denen eines Burnouts durch zu viel Arbeit und Stress ähneln könnten, gebe es zum Boreout einen entscheidenden Unterschied.
"Boreout ist keine Krankheit, sondern einfach ein Gefühl, das durch bestimmte Arbeitsumstände verursacht ist. Aber es ist überhaupt nicht vergleichbar mit dem, was ein Mensch mit Burnout durchmacht. Nicht der Mensch ist krank, sondern die Arbeitsumgebung ist falsch."
Das hätten Unternehmen aber oft nicht im Fokus, sagt Katharina Ibrahim. Die selbstständige Organisationsberaterin aus Halle hilft, die Zusammenarbeit und das Miteinander im Unternehmen zu verbessern. "Was hier bei diesem Boreout-Phänomen immer zu beobachten ist, ist, dass den Menschen die Gelegenheit genommen wird, Sinn zu erleben." Dabei sei das ja im Interesse beider Seiten – des Unternehmens, das einen Gegenwert für den Lohn erwartet sowie für den Arbeiternehmer.
Mit KI Boreout verhindern?
Eine Chance, zumindest stupide Routinearbeit loszuwerden, sieht Dirk Windemuth in Künstlicher Intelligenz. "Dass wir einfach ein Arbeitsniveau bekommen, das mehr herausfordernd ist. Aber das ist kein Selbstläufer. Wir müssen die Arbeit, auch wenn wir KI einsetzen, so gestalten, dass sie eben menschengerecht ist und für Menschen nicht langweilig ist."
Lisa Tubinski arbeitet immer noch bei demselben Unternehmen. Mit ihrer Arbeit ist sie heute aber zufriedener. Nicht, weil sie irgendwann das Gespräch gesucht hätte. "Ich hab noch ein Kind gekriegt", lacht sie.
Nach "Elternzeit Nummer 2" habe sich die spannendere Tätigkeit einfach ergeben. Heute würde sie, wenn Langeweile droht, schnell selbst aktiv werden. Alles besser, als noch ein Boreout.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 27. August 2024 | 06:53 Uhr