Ein volluniformierter Polizist vor einer offenstehenden Restauranttür 1 min
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Die Polizei hat zwei mutmaßliche Drogendealer mit Verbindungen zur italienischen Mafia festgenommen. Wie das LKA Thüringen und die Staatsanwaltschaft Gera mitteilten, wurden die Männer in Leipzig und Düsseldorf gefasst.

MDR FERNSEHEN Mo 17.02.2025 17:05Uhr 00:32 min

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Mafia-Razzia LKA Thüringen ermittelt im 'Ndrangheta-Umfeld: Festnahmen in Leipzig und Düsseldorf

17. Februar 2025, 17:13 Uhr

Dem Thüringer Landeskriminalamt ist nach 30 Jahren das erste Mal ein Schlag gegen die italienischen Mafia gelungen. Am Montag wurden zwei Männer festgenommen. Beide sollen laut den Behörden Verbindungen zur kalabrischen 'Ndrangheta haben.

Die Ermittlungen liefen seit gut zwei Jahren und unter größter Geheimhaltung im Dezernat 62 des Thüringer Landeskriminalamtes und bei der für Organisierte Kriminalität zuständigen Staatsanwaltschaft Gera. Das hatte Gründe: Denn die beiden Beschuldigten sollen Kontakte zu einer der größten Mafia-Organisationen der Welt haben, der italienischen 'Ndrangheta. Am Montagvormittag klickten nun die Handschellen. Über 160 Polizeibeamte waren an den Razzien in Düsseldorf, Leipzig und Krefeld beteiligt. Zudem auch der Zoll.

Polizeifahrzeuge stehen vor einem Haus in Leipzig.
Die Polizei-Razzia fand in mehreren Städten statt, unter anderem in Leipzig. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Wer oder was ist die 'Ndrangheta?

Die 'Ndrangheta ist nach Einschätzung des Bundeskriminalamtes eine der relevantesten Mafia-Gruppierungen mit einer dominanten Stellung auf dem europäischen Kokainmarkt. Ihre Wurzeln liegen im italienischen Kalabrien, im Ort San Luca. Die Mafia ist aber auch in Deutschland aktiv. 

Vorwurf: Jahrelanger Kokainhandel

Nach Anhaben von LKA und Staatsanwaltschaft geht es um Kokaindeals. Die beiden 56 und 30 Jahre alten Männer sollen zwischen 2022 und 2025 an einem schwunghaften Handel beteiligt gewesen sein. Dabei besteht der Verdacht, dass sie Kokain unter anderem im zweistelligen Kilobereich gehandelt haben. Nach Recherchen von MDR Investigativ soll das ganze International gelaufen sein. Bei den Ermittlungen sollen die Thüringer Fahnder auch die Schmuggel-Route des Kokains enttarnt haben.

Ansicht von San Luca und durchlöchertes Ortseingangsschild 37 min
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Aber warum ist dieses Dorf für die mächtigste italienische Mafia so wichtig? Wie kann ein solcher Ort weltweit so stark die Geschicke der Organisation mitbestimmen? Und ist San Luca wirklich nur Mafia?

MDR FERNSEHEN Di 19.11.2024 14:25Uhr 36:37 min

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Spur offenbar über anderes Verfahren

Ausgangspunkt soll nach MDR Investigativ-Recherchen ein anderes Drogenverfahren gewesen sein. Bei diesem fiel den Ermittlern offenbar ein Verdächtiger auf, der Kontakt zu den beiden am Montag festgenommenen Italienern gehabt haben soll. Über diesen wurden die Polizei auf die beiden aufmerksam und begann mit einer umfangreichen Überwachung. Bei dieser sollen dann Informationen über den Drogenhandel gesammelt worden sein. Nach MDR Investigativ-Recherchen soll es zudem in dem Verfahren auch um Geldwäsche gehen. Nähre Details dazu sind aber noch nicht bekannt.

Beschuldiger stammt aus Kalabrien

Der 30 Jahre alte Italiener, der in Leipzig festgenommen worden sein soll, stammt offenbar aus dem Umfeld des Ortes San Luca. Das Dorf gilt als eine der wichtigsten Hochburgen der 'Ndrangheta. Von dort aus sollen besonders seit Mitte der Neunziger Jahre Kalabresen nach Thüringen und Sachsen gekommen sein und eine Zelle der 'Ndrangheta hier aufgebaut haben. Die italienischen Behörden sprechen von der sogenannten Erfurter Gruppe. Sie soll bei der Mafia-Kolonialisierung Ostdeutschlands nach der Wende eine wichtige Rolle gespielt haben.

Ein Polizist geht in ein Restaurant in Leipzig, in dem gerade eine Razzia stattfindet.
Betroffen von der Razzia war ein Restaurant in Leipzig. Ein Beschuldigter im Ermittlungsverfahren wurde festgenommen. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Jahrelange Mafia-Ermittlungen in Thüringen

Immer wieder hatten Thüringer Ermittlungsbehörden versucht, gegen die italienische Mafia vorzugehen. Bisher hatten sie dabei aber keinen Erfolg. Bereits Mitte der 1990er-Jahre hatten Fahnder für Organisierte Kriminalität des LKA in einem Strukturermittlungsverfahren versucht, hinter die Kulissen der Erfurter Gruppe zu schauen. Anfang der 2000er-Jahre startete dann die Operation FIDO unter der Leitung der Staatanwaltschaft Gera. In diesem aufwendigen Verfahren wurde damals gegen acht beschuldigte Italiener ermittelt. Sie alle standen im Verdacht, Mitglieder der 'Ndrangheta zu sein oder zu ihrem Umfeld zu gehören. In diesem Verfahren gelang des dem Bundeskriminalamt, einen verdeckten Ermittler in die Erfurter Mafia-Gruppe einzuschleusen.

Verfahren gestoppt oder eingestellt

Im Sommer 2002 wurden dann im FIDO-Verfahren alle Operationen gestoppt und der verdeckte Ermittler abgezogen. Die Gründe dafür wurden bis heute nicht völlig aufgeklärt. FIDO wurde schlussendlich 2006 eingestellt, ohne eine einzige Festnahme oder eine Durchsuchung. Nachdem MDR Investigativ und die Frankfurter Allgemeine Zeitung (F.A.Z.) im Februar 2021 das bis dahin geheim gehaltene Verfahren öffentlich machten, wurde ein Untersuchungsausschuss im Thüringer Landtag zur Aufklärung eingesetzt.

Geheimes Treffen 2019 in Rom

Erst über zehn Jahre später startete das LKA Thüringen einen neuen Versuch, Ermittlungen gegen die 'Ndrangheta in Gang zu bringen. im Oktober 2019 kam es in Rom zu einem treffen zwischen Thüringer Fahndern und italienischen Mafia-Ermittlern. Dabei präsentierte das LKA eine geheime Liste von mutmaßlichen Mitgliedern der Erfurter Gruppe und ihrem Umfeld. In dem brisanten Papier, das MDR Investigativ vorliegt, wurden damals über 70 Namen aufgelistet. Dazu auch, an welchen Restaurants und welchen Handelsgesellschaften sie in Thüringen und anderen Bundesländern beteiligt waren. Doch der Austausch brachten offenbar keine verwertbaren Ergebnisse oder entsprechende Ermittlungsverfahren.

Eureka-Ermittlungen auch in Thüringen

Erst am 3. Mai 2023 rückte Erfurt in das Visier von Mafia-Ermittlungen. Im Rahmen des sogenannten Eureka-Verfahren wurde ein Beschuldigter festgenommen. Der Erfurter Gastwirt steht im Verdacht, an einem Kokain-Geschäft zwischen Australien und Südamerika beteiligt gewesen zu sein. Dafür muss er sich derzeit vor einem Gericht in der süditalienischen Region Kalabrien verantworten. Eine Mitgliedschaft in der 'Ndrangheta wurde ihm in dem Verfahren bisher aber nicht zur Last gelegt.

Beschuldigte sollen Haftrichter vorgeführt werden

Eureka war das bisher größte und umfangreichste Verfahren gegen die 'Ndrangheta weltweit. Allein in Deutschland wurden 30 Beschuldigte festgenommen. Allerdings musste die deutsche Justiz inzwischen einen Rückschlag einstecken. Vor knapp einer Woche wurden drei im Eureka-Verfahren angeklagte Italiener in Düsseldorf von allen Vorwürfen freigesprochen. Nun laufen die aktuellen Ermittlungen in Thüringen gegen die beiden 56 und 30 Jahre alten Italiener. Beide sollen bis Dienstag nach Thüringen überstellt und am Amtsgericht Gera dem Haftrichter vorgeführt werden.

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MDR (pvk)

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