Organisierte Kriminalität Anti-Mafia-Prozess in Italien gestartet: Gastwirt aus Erfurt unter den Angeklagten
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11. Juni 2024, 05:00 Uhr
Im süditalienischen Locri beginnt am Dienstagvormittag der Prozess gegen 32 Männer, die im Rahmen des Anti-Mafia-Verfahrens Eureka verhaftet worden sind. Unter den Angeklagten ist auch ein Gastwirt aus Erfurt sowie ein Mann, der ebenfalls jahrelang in der thüringischen Landeshauptstadt aktiv gewesen ist.
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Im italienischen Locri müssen sich ab Dienstag, den 11. Juni 2024, 32 Angeklagte im Rahmen der weltweiten Anti-Mafia-Operation Eureka vor Gericht verantworten. Nach Informationen von MDR Investigativ und der Frankfurter Allgemeine Zeitung (F.A.Z.) befinden sich unter ihnen auch mehrere Menschen mit Verbindungen nach Deutschland. Einer von ihnen ist der im Mai vergangenen Jahres in Erfurt verhaftete Gastronom Maurizio C.
In Kalabrien im Hausarrest
Die Staatsanwaltschaft Reggio Calabria wirft C. vor, an einer Kokainlieferung von Ecuador nach Australien mitgewirkt zu haben. C.s Anwalt Giuseppe Milicia betonte gegenüber MDR und F.A.Z., dass seinem Mandanten nicht vorgeworfen werde, Teil einer kriminellen Vereinigung zu sein. C. wurde inzwischen aus der Haft entlassen und befindet sich in Kalabrien im Hausarrest.
Zu den Angeklagten zählt außerdem auch Domenico G. Er soll als Gastronom in Portugal und in Italien sehr umtriebig gewesen sein. Die Staatsanwaltschaft Reggio Calabria wirft ihm unter anderem vor, für etliche Gewerbe Strohmänner eingesetzt und dies zum Vorteil eines 'Ndrangheta-Clans gemacht zu haben.
G.s Anwalt sagte MDR und F.A.Z., sein Mandant habe in einem Drogenprozess nichts zu suchen. Noch weniger könne man davon ausgehen, er würde im Dienste der 'Ndrangheta agieren, da der Ermittlungsrichter die erschwerende Straftat der Mafia-Unterstützung bereits ausgeschlossen habe.
G. hat seit Mitte der 90er-Jahre jahrelang in Erfurt gelebt und war dort in der Gastronomie tätig. 2021 hatten MDR Investigativ und F.A.Z enthüllt, dass die Staatsanwaltschaft Gera Anfang der 2000er gegen G. und weitere mutmaßliche Komplizen ermittelt hatte. Sie warf ihnen Geldwäsche und die Mitgliedschaft in der Mafia vor.
Die operativen Maßnahmen des Verfahrens mit dem Decknamen “Fido” waren auf merkwürdige Art und Weise nach wenigen Jahren eingestellt worden. Damit befasst sich gegenwärtig ein Untersuchungsausschuss im Thüringer Landtag.
Die Anti-Mafia-Operation Eureka
Am 3. Mai vergangenen Jahres hatten Ermittler im Rahmen der Operation Eureka rund 130 Verdächtige verhaftet. Dabei handelte es sich um eines der größten internationalen Verfahren, die es im Kampf gegen die kalabrische Mafia ‘Ndrangheta je gab.
Es war zu Razzien in verschiedenen europäischen Ländern gekommen, unter anderem in Italien, Deutschland, Portugal, Belgien und Spanien. In Deutschland waren Spezialeinsatzkommandos und Polizisten aus Bayern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland im Einsatz.
Im Fokus der Ermittlungen stehen drei kriminelle Gruppierungen, die Verbindungen zu ‘Ndrangheta-Clans aus den kalabrischen Dörfer San Luca und Africo haben sollen. Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft Reggio Calabria gegen die insgesamt 115 Angeklagten reichen unter anderem von der Mitgliedschaft in der Mafia über Drogenhandel und Geldwäsche bis hin zum illegalen Besitz von Kriegswaffen.
Die meisten Angeklagten haben sich für das sogenannte "rito abbreviato" (Deutsch: abgekürztes Verfahren) entschieden. Dabei handelt es sich um eine Prozessform in Italien, bei der sich das Urteil grundsätzlich auf die Akten der Staatsanwaltschaft stützt und die ohne Hauptverhandlung geführt wird. Die 32 Angeklagten, die sich ab Dienstag in Locri verantworten müssen, haben sich dagegen für die reguläre Prozessführung entschieden.
Prozess läuft auch in Deutschland
Aktuell läuft im Rahmen des Eureka-Verfahrens auch in Deutschland ein Prozess vor dem Landgericht Dortmund. Dort müssen sich derzeit drei Angeklagte verantworten. Ihnen wirft die Staatsanwaltschaft Düsseldorf vor, Mitglieder der kalabrischen Mafia zu sein. Außerdem sollen sie in Siegen Geld aus den Drogengeschäften der `Ndrangheta gewaschen haben.
Gegen eine weitere Gruppierung, die Kokain quer durch Europa geschmuggelt haben soll, ermittelt die Staatsanwaltschaft Düsseldorf aktuell weiter.
MDR (nir)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 11. Juni 2024 | 06:00 Uhr