Reaktionen auf "Zeit"-Artikel Ramelow wirft Springer-Chef Döpfner Menschenverachtung vor
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14. April 2023, 18:56 Uhr
Der "Zeit"-Artikel zu verunglimpfenden Aussagen von Springer-Chef Mathias Döpfner über Ostdeutschland schlägt hohe Wellen. Thüringens Ministerpräsident Ramelow warf ihm Menschenverachtung vor, der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Schneider, forderte Döpfners Rücktritt. Auch das Netz debattiert – wenn auch wenig überrascht. Und auch Döpfner selbst hat sich inzwischen geäußert.
- Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow verurteilt Aussagen von Springer-Chef Döpfner über Ostdeutsche.
- Der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider, wirft Döpfner Verachtung der Ostdeutschen vor.
- Die Reaktionen im Netz überschlagen sich, doch überrascht zeigt sich kaum jemand.
Der Bericht der Wochenzeitung "Die Zeit" über abfällige Äußerungen von Springer-Chef Mathias Döpfner unter anderem über Ostdeutsche hat erwartbar heftige Reaktionen ausgelöst. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow bezeichnete Döpfners Äußerungen als "unglaublich". Er sagte MDR AKTUELL, dies "offenbare eine geistige Haltung, die man jeden Tag in diesen Blättern spüren könne". Konzerngründer Axel Springer habe immer geträumt von der deutschen Einheit, hier werde die Einheit zerstört.
Hier wird die deutsche Einheit geistig zerstört, indem die Menschen, die die Einheit erkämpft haben, wie Dreck behandelt werden.
Der Linken-Politiker warf der "Bild"-Zeitung Menschenverachtung vor. Döpfner habe die deutsche Einheit nicht verstanden und sei noch im Kalten Krieg unterwegs. Aus Ramelows Sicht manipuliert Döpfner seine Redakteure und tritt jede Form von freiem Journalismus mit Füßen.
Schneider: Verachtung der Ostdeutschen und der Demokratie
Der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider (SPD), forderte die Ablösung des Vorstandschefs des Medienkonzerns: "Herr Döpfner ist nach dieser Veröffentlichung an der Spitze eines Verlages mit dieser publizistischen Macht und mit Blick auf die wichtige Rolle der Medien für unsere Demokratie endgültig nicht mehr tragbar", sagte Schneider dem Nachrichtenportal t-online am Donnerstag.
Er finde, zu einem realistischen Bild der Gesellschaft gehöre auch die Perspektive der Ostdeutschen, die auch mehr als 30 Jahre nach der Einheit zu wenig zum Tragen komme. "Die Gedanken von Herrn Döpfner zeigen nicht nur Verachtung für diese Perspektive und die Menschen, sondern auch für die Demokratie." Die Spaltung des Landes dürfe kein Geschäftsmodell sein.
Piechotta: "Ossi-Hass" auch Generationenproblem
Auch der Ostbeauftragte der Linksfraktion im Bundestag, Sören Pellmann, erklärte: "Döpfners Aussagen über die Ostdeutschen sind widerlich. Seinen Job sollte er nicht behalten dürfen."
Die Ostbeauftragte der Grünen-Fraktion, Paula Piechotta, meinte: "Döpfners Aussagen verletzen, aber er ist definitiv nicht der einzige Westdeutsche, der so denkt." Solche Vorurteile "werden nur mit den neuen Generationen langsam aussterben".
Öffentlichkeit reagiert wenig überrascht
Auf Twitter sehen sich viele Kriker von "Bild" und den Springer-Medien bestätigt. Unter dem Hashtag #Doepfner schreiben viele User ironisch, dass man derartige Aussagen über die deutsche Politik und deren Akteure bei Springer und "Bild"-Zeitung ja kaum hätte vermuten können. Vor allem die angeblichen Stärkungsversuche der FDP bei der Bundestagswahl 2021 sorgen für wenig Verwunderung. So schrieb AfD-Chefin Alice Weidel, das "ist uns noch gar nicht aufgefallen".
Der ZDF-Moderator Jan Böhmermann äußerte sich ebenfalls in mehreren Beiträgen ironisch geschockt. In seiner Sendung "ZDF Magazin Royale" hatte er in der Vergangenheit gemeinsam mit seinem Redaktionsteam bereits mehrfach verschiedene Akteuren rund um den Springer-Verlag aufs Korn genommen, neben Döpfner auch den Chefredakteur der "Welt"-Gruppe Ulf Poschardt, Ex-"Bild"-Chefredakteur Julian Reichelt und "Welt"-Herausgeber Stefan Aust.
Springer-Verlag verteidigt "meinungsstarken Chef"
Aus Springer-Kreisen hieß es, der Artikel bestehe aus "manipulativen SMS-Fetzen". Döpfner sei ein meinungsstarker Verlagschef, der aus Prinzip immer Gegenmeinung und Widerspruch herausfordere und dafür immer mal wieder polemisiere. Man lasse sich an dem messen, was in den Publikationen des Verlags stehe, nicht an angeblichen Ausschnitten aus persönlichen Chats.
Döpfner selbst erklärte inzwischen, er habe keinerlei Vorurteile gegen Ostdeutsche. Aber er sei seit Jahrzehnten enttäuscht und besorgt, dass nicht wenige Wähler in den neuen Bundesländern von ganz links nach ganz rechts geschwenkt seien. Der Erfolg der AfD beunruhige ihn.
AFP, dpa, epd, MDR (amu)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 13. April 2023 | 17:00 Uhr