Bildungswesen Lehrermangel: Warum mehr Stunden für Teilzeit-Lehrkräfte nicht die Lösung sind
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06. September 2024, 09:35 Uhr
Das Schuljahr hat gerade wieder begonnen – und schon fällt reihenweise Unterricht aus. Das ist der Eindruck, den eine MDR AKTUELL-Hörerin aus Radebeul gewonnen hat. Daher fragt Sie: "Gibt es eine Möglichkeit, den 35 Prozent der Lehrkräfte, die aktuell in Teilzeit arbeiten, ein attraktives Angebot zu machen, damit sie ein paar Lehrstunden pro Woche mehr arbeiten?" In der Theorie ergibt dieser Vorschlag Sinn.
- Rein rechnerisch könnte der Lehrermangel in Sachsen behoben werden, wenn alle Teilzeitkräfte auf Vollzeit umstiegen, sagt ein Sprecher des Landesamts für Schule und Bildung.
- Viele Lehrer würden aber wegen Gründen in Teilzeit arbeiten, die Geld nicht lösen könnte, wie zum Beispiel Kindererziehung.
- Ein Sprecher der Lehrergewerkschaft GEW verweist auf die ohnehin schon geleisteten Überstunden der Teilzeitlehrkräfte.
Die Idee ist nicht neu. Und klar, auch im sächsischen Kultusministerium ist sie bekannt. Schon vor zwei Jahren hatte Kultusminister Christian Piwarz, CDU, Teilzeit-Lehrkräfte öffentlich gebeten, mehr Stunden zu arbeiten. Außerdem versuche man immer wieder über die Schulleitungen, Teilzeitkräfte zu mehr Stunden zu bewegen, erklärt Clemens Arndt vom Landesamt für Schule und Bildung. "Deswegen machen wir es so, dass unsere Schulleitungen regelmäßig mit allen Kollegen sprechen, für die Schuljahresplanung." Dort werde das Thema Teilzeit immer wieder angesprochen. "Und da versucht natürlich unsere Schulleitung: Kann man da eventuell noch eine Stunde mehr rausholen an der Stelle?", erklärt Arndt.
Teilzeitlehrkräften geht es nicht nur ums Geld
Es verändert sich jedoch nicht viel. Der Anteil der Teilzeitlehrer in Sachsen ist seit Jahren unverändert hoch, bei 35 Prozent. An den Schulen lehren rund 23.000 Vollzeit-Lehrer und 12.000 Teilzeitlehrer. Gelänge es, alle Teilzeitlehrer zu überreden, Vollzeit zu arbeiten, wär das Problem gelöst. 20.000 Arbeitsstunden wären gewonnen, das entspräche 2.500 Stellen, rechnet Clemens Arndt vor.
Doch viele Lehrer hätten gute Gründe für Teilzeit, sagt Arndt, meist gehe es um Kinderbetreuung, die Pflege eines Angehörigen, oder eine eigene Krankheit. Einfach nur mit mehr Geld ließen sich die Teilzeitkräfte nicht überzeugen. Er denke, dass Lehrkräfte im Bundesschnitt schon gut verdienten. "Ich denke, dass das gar nicht das Thema ist, gerade auch bei jüngeren Kollegen ist es das Gefühl, Wellbeeing, wie sind die Bedingungen an der Schule?", argumentiert Arndt.
Teilzeitkräfte machen bereits Überstunden
Hinzu komme, und darauf macht die Lehrergewerkschaft GEW aufmerksam, dass viele Lehrer zwar offiziell in Teilzeit sind. Inoffiziell aber würden sie jetzt schon viel mehr Stunden arbeiten. Einfach, weil es so viel zu tun gebe, sagt Burkhard Naumann, Landesvorsitzender der GEW Sachsen. "Das Problem ist, dass immer neue Aufgaben kommen. Die Digitalisierung kam dazu, man denkt, es hat vieles vereinfacht, tatsächlich ist aber der Kommunikationsaufwand, E-Mails innerhalb der Schule, mit Eltern, ist riesig gestiegen." Kurz gesagt, es komme immer mehr dazu, und es werde zu wenig darüber gesprochen, was stattdessen eigentlich wegfalle, kritisiert Naumann.
Wie groß das Potenzial ist, dass tatsächlich durch mehr arbeitende Teilzeitlehrer zur Verfügung stünde, lasse sich daher kaum einschätzen, so Burkhardt Naumann. Er glaubt jedoch, dass es sehr gering ist. "Weil dort wo wir es holen könnten, das wären die Mittelalten, wo die Kinder schon größer sind oder vielleicht gerade raus sind. Und die gibt es nicht, weil wir über Jahre lang keine Lehrkräfte in Sachsen eingestellt haben.", erklärt Naumann.
Clemens Arndt vom Landesamt für Schule und Bildung ist derselben Meinung. Er bezweifelt, dass sich das Problem der Lehrerversorgung so lösen ließe. Dennoch versuche man weiter, mit Lehrkräften in Teilzeit zu reden.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 06. September 2024 | 06:24 Uhr
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