Pflegerin reicht Patienten ein Glas Wasser.
Auch in Deutschland gibt es immer mehr Hitzetage. Das wird zur Herausforderung für verschiedene Lebensbereiche – auch in der Pflege vulnerabler Gruppen. Bildrechte: picture alliance/dpa | Monika Skolimowska

Hitzeaktionstag Hitzeschutz wird auf allen Ebenen immer bedeutsamer

05. Juni 2024, 06:40 Uhr

Die Sommer in Deutschland werden zunehmend heißer. Städte werden in Hitzeperioden zu regelrechten Wärmespeichern und vor allem für vulnerable Gruppen wird Hitze zur Gefahr. Darauf weist ein von der Bundesärztekammer und der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit initiiertes Bündnis zum zweiten bundesweiten Hitzeschutztag am 5. Juni hin und fordert neben mehr Aufklärung und Aufmerksamkeit auch Hitzeschutzkonzepte für Städte und Kommunen.

Die Sommer werden heißer und Hitze kann auch in Deutschland zunehmend zum Problem werden. Rund 3.200 Hitzetote gab es laut Robert Koch-Institut allein im vergangenen Jahr.

Zum zweiten bundesweiten Hitzeaktionstag am 5. Juni appellieren die Initiatorinnen und Initiatoren von der Bundesärztekammer und der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit ("KLUG") e.V. gemeinsam mit weiteren Institutionen und Verbänden wie dem Deutschen Pflegerat für Hitzeschutzkonzepte in Kommunen, Gesundheitseinrichtungen, sozialen Einrichtungen, Kitas, Schulen und Unternehmen.

Bisher nur teilweise Hitzeschutzpläne in Mitteldeutschland

Die Allianz "KLUG" erklärte MDR AKTUELL: "Insgesamt sind Hitzeaktionspläne noch nicht ausreichend in der Fläche umgesetzt. Meist haben nur größere Städte das Wissen und die Ressourcen. Aber auch in Landkreisen sind Menschen betroffen und hier ist oft die demographische Struktur ein weiterer Risikofaktor."

Es bestehe keine Meldepflicht für kommunale Hitzeaktionspläne, deshalb lägen keine verlässlichen Zahlen vor. Aus Mitteldeutschland seien auf Landesebene die Thüringer "Hitze-Toolbox" und Sachsen-Anhalts Hitzeaktionsplan für Pflegeeinrichtungen bekannt. Ansonsten gebe es insbesondere Projekte in größeren Städten wie Magdeburg, Erfurt oder Leipzig. Jena arbeite an einem Plan. Durch die Lage im Saaletal zähle es zu den wärmsten Städten Deutschlands. Bisher habe nur Hessen einen Hitzeaktionsplan fürs ganze Bundesland.

Gefahr durch Hitze: Pflegerat fordert mehr Aufklärung

Vor allem für ältere, pflegebedürftige Menschen kann Hitze gefährlich werden. Was das für den Alltag bedeutet, weiß Jana Luntz, Pflegedirektorin am Universitätsklinikum Dresden und Mitglied des Präsidiums des Deutschen Pflegerats. Wichtig sei vor allem Aufklärung - in alle Richtungen, sagt sie im Gespräch mit MDR AKTUELL.

"Wir dürfen uns zunächst nicht ausschließlich auf die stationäre Langzeitpflege konzentrieren. 80 Prozent der Personen mit Pflegebedarf werden im häuslichen Bereich von An- und Zugehörigen betreut", sagt Luntz. Und genau jene gelte es mit Aufklärungskampagnen zu erreichen. "Man muss sensibilisiert werden dafür, dass man genau hinschauen und darauf achten muss und dafür, dass Hitze unter Umständen zum Problem werden kann."

Manche Medikamente verändern bei starker Hitze ihre Wirkung.

Jana Luntz Pflegedirektorin am Universitätsklinikum Dresden

Besondere Vorsicht im Bereich der häuslichen Pflege

Wer Angehörige in der häuslichen Pflege betreue, müsse Hitzewarnmeldungen im Blick haben und vor allem ernst nehmen. Hier spricht Luntz von ganz "pragmatischen Hinweisen", die jedoch essentiell seien: ausreichend Schatten etwa, regelmäßige Flüssigkeitszufuhr, die richtige Kleidung und Bettwäsche, eine regelmäßige Krankenbeobachtung. Auch ein enger Kontakt mit dem behandelnden Hausarzt sei wichtig, vor allem bei regelmäßiger Einnahme von Medikamenten, sagt die Expertin. Denn: "Manche Medikamente verändern bei starker Hitze ihre Wirkung."

Im Bereich der stationären Pflege gelte es, Patientinnen sowie Mitarbeitende gleichermaßen zu schützen. "Hitze ist auch belastend für die Menschen, die mit den Patientinnen und Patienten arbeiten", sagt Luntz und appelliert an die Seite der Unternehmen im Pflegesektor, deren Mitarbeitende ohnehin schon einer großen Belastung ausgesetzt sind.

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Hitze als Aufgabe für Zivil- und Katastrophenschutz

Auch generell gibt es derzeit aus Sicht der Allianz "KLUG" viele Schwachstellen beim Hitzeschutz. Insbesondere auf kommunaler Ebene fehle es an rechtlichen Grundlagen, ausreichend Geld, Wissen und Personal. Zudem sei eine konkrete Herausforderung die "ämterübergreifende Zusammenarbeit. Einerseits zwischen den verschiedenen Ebenen (Bund, Land, Landkreis, Kommune), aber auch zwischen den verschiedenen Fachämtern."

Deshalb fordern sowohl die Allianz als auch Jana Luntz einen klaren gesetzlichen Rahmen für gesundheitlichen Hitzeschutz mit geregelten Zuständigkeiten auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene. Jana Luntz sagt: "Das Thema Hitze muss in den Zivil- und Katastrophenschutz regelhaft integriert werden."

Und dabei dürften die Kommunen nicht allein gelassen werden: "Die Bundesländer müssen die Kommunen mit ausreichend finanziellen Mitteln ausstatten, um verbindliche Klimaanpassungskonzepte zu verankern", so Jana Luntz. Um genau diese Forderungen geht es auch beim Hitzeaktionstag am 5. Juni.

Weitere Informationen zum Thema Hitze und Hitzeschutz

Darum kann Hitze kann Herzinfarkte, Thrombosen und Schlaganfälle auslösen

Auf Hitze reagiert der Körper mit Schwitzen; dieser Flüssigkeitsverlust muss durch Trinken ausgeglichen werden. Das Problem: Ältere Menschen haben aber oft wenig bis kein Durstempfinden, was zu einer Dehydrierung führen kann. Bei Menschen ab 65 Jahren sind die Anpassungsprozesse des Organismus an hohe Temperaturen häufig verlangsamt oder gestört. Das kann zu einer übermäßigen Belastung des Herz-Kreislauf-Systems, zu Blutdruckabfall und Kreislaufproblemen führen. Hitze verstärkt Entzündungsreaktionen, verdickt das Blut, aktiviert die Blutgerinnung und destabilisiert Ablagerungen an den Gefäßwänden. Dann kann Herzinfarkte, Thrombosen, Bypassverschlüsse und Schlaganfälle fördern.

Mit Informationen der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin e.V. (DGG)

Kontrolle über ausreichende Flüssigkeitszufuhr

Am wichtigsten ist eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr. Ältere Personen ab 65 Jahre sollten sich täglich zur Kontrolle wiegen, rät die DGG. Es gilt: Wer abnimmt, ohne dass er an seinem Essverhalten etwas geändert hätte, muss nachtrinken – idealerweise Getränke wie Wasser, Tee oder Saftschorle, am besten lauwarm. Auch eine rückläufige Urinmenge und dunkel gefärbter Urin sind Warnzeichen, dass der Körper auszutrocknen droht. In Kliniken und Pflegeeinrichtungen sollten Trinkpläne zum Einsatz kommen.

Mit Informationen der DGG und KLUG (nvm; pei)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 05. Juni 2024 | 06:26 Uhr

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