Olympisches Tor
Die aktuelle Berliner Regierung hat die Idee eingebracht, die Olympischen Spiele 2036 in Berlin auszutragen. Bildrechte: IMAGO/Schöning

Sportliches Großereignis Experten befürworten Idee von Olympia 2036 in Berlin

11. April 2023, 12:22 Uhr

Die Olympischen Sommerspiele 1936 in Berlin gelten als Tiefpunkt der olympischen Sportgeschichte. Die Nationalsozialisten instrumentalisierten die Veranstaltung als internationale Werbeschau. Die mögliche neue Berliner Regierung aus CDU und SPD sieht in einer Austragung der Olympischen Spiele in Berlin 2036, also genau einhundert Jahre später, die Möglichkeit, ein Zeichen für Weltoffenheit und Vielfalt zu setzen. Experten begrüßen die Idee grundsätzlich.

Es sei eigentlich eine gute Idee, Olympia 2036 nach Berlin zu holen, findet Jens-Christian Wagner, Direktor der Stiftung Gedenkstätte Buchenwald. Allerdings gehört dann zwingend auch eine intensive Auseinandersetzung mit der Vereinnahmung der Spiele von 1936 durch die Nationalsozialisten dazu.

"Zum einen wird man ja vermutlich auch Sportstätten nutzen, die 1936 schon genutzt wurden, das heißt, wir haben es im Stadtraum in Berlin mit baulichen Spuren der NS-Herrschaft zu tun, die müssen entsprechend gekennzeichnet werden, damit muss man ganz bewusst umgehen und inhaltlich muss man sich mit der Frage auseinandersetzen, wie Sport für politische Zwecke missbraucht werden kann."

Vorschlag vom Sportausschuss: Olympia nicht nur in Berlin

Dieses Thema spiele bei internationalen Großveranstaltungen bis heute eine große Rolle. Wie man jüngst auch bei der Fußball-WM in Katar gesehen habe. Macht und Gewalt dürfe nicht durch eine glamouröse Großveranstaltung legitimiert werden, betont Wagner.

Phillip Krämer von den Grünen ist stellvertretender Vorsitzender des Sportausschusses im Bundestag und hat noch einen anderen Vorschlag. Olympia in Berlin ja, aber nicht nur. Er würde eine Art Roadtour durch Deutschland machen.

Krämer sagt: "Weil man dann die Möglichkeit hat, das in ganz Deutschland zu diskutieren, weil auch 1936 waren in Berlin die speziellen Ereignisse. Es war aber natürlich auch etwas, das ganz Deutschland betroffen hatte. Ich glaube auch schon, dass wir dazu auch in der Lage sind, also wir haben viele Initiativen in ganz Deutschland, die sich mit Gedenkstätten auseinandersetzen, die sich mit den Fragen auseinandersetzen: Wie konnte es überhaupt so kommen? Wie sieht eine vernünftige historische Aufarbeitung aus?"

Krämer: Olympische Komitee durchsetzt mit autokratischen Strukturen

Das setze allerdings ein umfangreiches Konzept voraus. Bevor die Umsetzung weitergedacht werden kann, müsse man aber erst, sagt Krämer, "durch den Flaschenhals IOC". Denn zum jetzigen Zeitpunkt sei das Internationale Olympische Komitee durchsetzt ist mit autokratischen Strukturen: 

"Von Menschen, die aus Verbänden kommen, die in nichtdemokratischen Ländern verortet sind und die sehr enge Beziehungen zu Russland haben, beispielsweise aber auch zu China oder in die arabische Welt. Da muss der IOC eben dann die Frage beantworten, ob er Politik zulässt, wenn sie von Autokratien gemacht wird und indirekt über die Spiele vermittelt oder ob sie auch Politik zulassen, wenn es eine freiheitliche Ausrichtung hat."

Wagner: Wohnraum und Arbeitsplätze sollten Vorrang haben

Für Jens-Christian Wagner von der Gedenkstätte Buchenwald steht die Olympiafrage in Berlin eigentlich hinter anderen politischen Entscheidungen an. "Also die Frage, wie sieht es städteplanerisch aus? Müsste jetzt nicht erstmal in Berlin Vorrang haben, dass man Wohnraum schafft, dass die Menschen, die zu uns gekommen sind, integriert werden und dass Arbeitsplätze geschaffen werden? Wenn das alles gemacht wurde, dann kann man sich auch mit Olympia auseinandersetzen."

Einem Olympia, dass Deutschland dann weltoffen, freundlich und bunt zeigen soll, vor allem aber als eine Nation, die bereit ist, sich seiner Vergangenheit zu stellen, hofft Wagner.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 06. April 2023 | 06:00 Uhr

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