Sozialwissenschaft Gesellschaftliche Spaltung: Wo die AfD stark ist, werden Minderheiten abgewertet
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18. Februar 2025, 17:13 Uhr
Dort, wo die AfD stark ist, werden Gruppen wie Muslime, Migrantinnen, Grüne und Reiche als wenig sympathisch angesehen, zeigt eine neue Studie. Dabei geht die Abwertung über das AfD Milieu hinaus.
In Regionen, in denen die AfD stark gewählt wird, haben viele Menschen geringere Sympathien für Minderheiten wie Homosexuelle, Migrantinnen oder Muslime. Auch politische Gegner wie die Grünen und ihre Unterstützerinnen und Unterstützer werden als weniger sympathisch eingestuft, verglichen mit Gegenden, wo die Wähleranteile der AfD geringer sind. Das zeigt eine neue Studie des Forschungsinstituts für Gesellschaftlichen Zusammenhalt, die am Montag erschienen ist.
Wo die AfD stark ist, geht die Spaltung der Gesellschaft über das AfD-Milieu hinaus
Überraschend für die Forscher: Die Geringschätzung von Minderheiten in den AfD-starken Regionen ging nicht nur von AfD-Wählern aus, sondern war auch bei den Wählern anderer Parteien stark verbreitet. "Unsere Analysen stützen die These, dass die AfD als Polarisierungsunternehmer agiert. Wir beobachten ein gesellschaftliches Klima der Abwertung und Spaltung", sagt Nils Teichler, einer der Autoren der Studie.
Die Sozialforscher hatten insgesamt etwa 15.000 Menschen in verschiedenen Regionen Deutschlands befragt und dazu die Ergebnisse der Bundestagswahl 2021 hinzugenommen. Dabei zeigte sich ein systematischer Zusammenhang: Je höher die Zustimmungswerte zur AfD waren, desto stärker gingen die Sympathien für verschiedene Gruppen auseinander. Die Forscher hatten dabei alle Gruppen in Gegensatzpaare sortiert, wie Arm und Reich, west- und ostdeutsch, politisch rechts- und linksstehende Menschen sowie Muslime und Christen.
Spaltung und AfD verstärken sich wahrscheinlich wechselseitig
Je stärker die AfD in bestimmten Gegenden bei der Wahl abgeschnitten hatte, desto geringer waren die Sympathien gegenüber Muslimen, Migranten, Homosexuellen und Menschen mit geringer Bildung. Auch die Wertschätzung für Reiche, Stadtbewohner, Christen, Grüne und ihre Wähler sowie Westdeutsche nahm ab, je höher die AfD-Zustimmungswerte waren. In Wahlkreisen, in denen die Grünen stark abgeschnitten hatten, waren die Sympathieunterschiede zwischen kulturellen und sozialen Gruppen deutlich geringer.
Die Forscher merken an, dass aus den Daten noch keine Aussagen zu Ursachen und Wirkungen möglich sind. "So könnte eine verstärkte gefühlsbasierte gesellschaftliche Spaltung in Regionen zu höheren Wahlanteilen für die AfD führen. Die AfD würde einem gefühlsmäßigen Klima damit Ausdruck verleihen und dieses repräsentieren", schreiben die Autoren der Studie in einer ausführlichen Erläuterung. "Andererseits könnte die AfD mit ihren im Prozess der politischen Mobilisierung gestreuten Ressentiments und der Enthemmung gruppenbezogener Feindseligkeit in der breiteren Bevölkerung erfolgreich sein."
Wahrscheinlich sei, dass es beide Wirkungsrichtungen gebe und sie sich gegenseitig verstärken. Die AfD wirke damit als "Polarisierungsunternehmer". Sie verschiebe Sympathien gegenüber Gruppen weit über ihr eigenes Wählermilieu hinaus und sorge dafür, dass diese Spaltungen politisch normalisiert würden.
Links/Studien
- Teichler et.al.(2025): FGZ Datenmonitor 2025#1: Spaltet die AfD die Gesellschaft? Eine Regionalanalyse gruppenbezogener Sympathien auf Basis des German Social Cohesion Panel (SCP)
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR Aktuell | 18. Februar 2025 | 19:30 Uhr