Wissen-News Raum zum Wohlfühlen: Wie die AfD Wähler bindet
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16. Juli 2024, 14:17 Uhr
Aufgeklärt und überlegen – die AfD bietet ihren Wählerinnen und Wählern einen Ort zum rechten Wohlfühlen, der immun macht gegen Kritik. Zu diesem Ergebnis kommt eine Forschungsarbeit der Uni Leipzig.
Für seine Dissertation an der Uni Leipzig untersuchte Autor Florian Spissinger in zwei verschiedenen Regionen Deutschlands Vortragsveranstaltungen, Stammtische sowie Wahlkampfstände der AfD und führte Interviews mit AfD-Unterstützern. Bei allen regionalen Differenzen zeigte sich: Die AfD bietet überall die gleichen Narrative, Erklärungsmuster wie etwa "Ökodikatur" oder "Bevölkerungsaustausch". Selbst regionale Unterschiede wie beim Kohleausstieg am ostdeutschen Untersuchungsort und dem Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor am westdeutschen Untersuchungsort waren so letztlich nur Varianten desselben: anti-klimapolitische Untergangsnarrative, die den Eindruck einer "deutschlandfeindlichen Politik der Deindustrialisierung" verbreiten sollen.
"Man sieht sich als aufgeklärt und überlegen gegenüber einer Welt aus 'Schlafschafen' und medialer 'Verblendung'", so der Autor in einer Mitteilung der Uni. Wer zur AfD gehört, sei damit Teil einer großen und wichtigen Gemeinschaft aus "Widerständigen" oder auch "Erwachten". Kritik prallt daran ab. "Eher wird daraus die Bestätigung der eigenen Weltsicht gezogen und das Gefühl bekräftigt, als einzige noch 'frei' denken zu können und 'die Wahrheit' zu vertreten", erklärt Spissinger.
Grundlage von Spissingers Erkenntnissen bildet eine ethnografische Forschungsmethode: Insgesamt 15 Zusammenkünfte in je einer Stadt in Ost- und Westdeutschland hat der Wissenschaftler im Jahr 2019 beobachtet, von Podiumsveranstaltungen über Stammtischformate bis hin zu Treffen an lokalen Wahlkampfständen. Dort führte er mit rund 40 AfD-Sympathisanten und Unterstützern Interviews und Gespräche.
Links/Studien
Florian Spissingers Dissertation "Die Gefühlsgemeinschaft der AfD. Narrative, Praktiken und Räume zum Wohlfühlen" ist als Open Access verfügbar (DOI: 10.3224/3063).
gp, pm
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR AKTUELL | 13. Juli 2024 | 19:30 Uhr