Internationaler Männertag Testosteron sinkt: Auch Männer kommen in eine Art Wechseljahre

20. November 2024, 11:39 Uhr

Intensiver Sport, große Sinnfragen, sehr viele oder auch gar keine Arztbesuche. Die Midlife-Crisis und die Wechseljahre sind nicht nur Frauen vorbehalten. Auch Männer kommen in die Andropause - eine Art Wechseljahre, in denen ihr Testosteron kontinuierlich sinkt. Auch sie können Schlafstörungen erleiden, an Gewicht zulegen und bei Muskeln abnehmen. Der Internationale Männertag will die Gesundheit von Jungen und Männern stärker in den Fokus rücken.

Testosteron ist eines der wichtigsten männlichen Geschlechtshormone. So sorgt ein steigender Testosteronspiegel bei Jungen in der Pubertät dafür, dass sich Hoden und Penis vergrößern, der Stimmbruch einsetzt und Barthaare anfangen zu sprießen. Auch die Muskulatur baut sich schneller auf, denn das Hormon erhöht den IGF-1-Spiegel, der für ein schnelleres Wachsen der Muskelzellen sorgt.

Doch mit dem Älterwerden schwindet das Testosteron immer mehr. Es kommt zu körperlichen Änderungen – die männlichen Wechseljahre. Durch den Testosteronmangel lässt meist das sexuelle Verlangen nach und die Muskulatur bildet sich zurück. Auch auf die Konzentration hat dieser Hormon-Schwund bei manchen Männern Auswirkungen.

Faktencheck - Männer Wechseljahre
Bildrechte: IMAGO/ Kirchner Media

Warum ist Testosteron für die Männergesundheit so wichtig?

Testosteron wird meist mit Sexualität und Muskeln verbunden, doch es gibt noch viele andere Dinge, für die das Hormon zuständig ist. "Testosteron ist wichtig für die Bildung roter Blutkörperchen und der Knochendichte", erklärt der Endokrinologe Professor Michael Zitzmann dem MDR im Interview. Zudem sei es zusammen mit dem Östrogen relevant für die Variabilität der Blutgefäße, "damit sich diese zusammenziehen und ausdehnen können" und auch zuständig für viele kognitive Prozesse, darunter das räumliche Denken. "Doch wir haben natürlich nicht nur Testosteron, sondern viele andere Hormone, wie Schilddrüsenhormone, Insulin, Cortisol und Adrenalin.

Was passiert genau, wenn das Testosteron sinkt?

"Wir sehen eigentlich immer am besten, was Testosteron macht, wenn es fehlt", erklärt Zitzmann, der auch Sexualmediziner ist. "Männer mit Testosteronmangel erleben einen deutlichen Libidoverlust, fühlen sich abgeschlagen und müde, quälen sich beim Sport und sehen kaum Effekte, weil sich keine Muskeln aufbauen." Viele hätten zudem keine Lust auf Sport, auf Gesellschaft und auch auf Arbeit. Gleichzeitig könne die Knochendichte abnehmen, was bis zum Knochenschwund (Osteopenie) oder auch wie bei Frauen zu Osteoporose führt. "Im Zuckerstoffwechsel kann sich auch schneller einen Diabetes entwickeln", erklärt Zitzmann.

Altern in Schüben

Dass Männer Wechseljahre erleben, bestätigte auch eine aktuelle Studie im Sommer dieses Jahres. Menschen – Frauen wie Männer – altern in Schüben so die US-Wissenschaftler der Stanford Medicine im US-Bundesstaat Kalifornien. Demnach zeigen sich zwei Zeitspannen mit besonders vielen Veränderungen: rund um das 44. und das 60. Lebensjahr. "Wir verändern uns nicht graduell über die Zeit hinweg, sondern es gibt dramatische Wechselperioden", erläutert Studienautor Michael Snyder. Diese speziellen Veränderungen seien bei sehr vielen Molekülen feststellbar gewesen. So haben die Forschenden bei Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen in beiden Zeiträumen gesundheitliche Veränderungen festgestellt. Bei Erkrankungen des Immunsystems wurde dies häufig rund um das 60. Lebensjahr registriert. Auch das Risiko für Typ-2-Diabetes erreicht etwa im Alter von 60 Jahren einen kritischen Schwellenwert.

Veränderungen bei Männern und Frauen

Für die Studie erhoben die Forschenden Gesundheitsdaten von 108 Freiwilligen über mehrere Jahre. Dazu gehörten Blutproben und weitere Proben, die alle paar Monate abgegeben wurden. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler trackten mehr als 135.000 Moleküle und Mikroben. Bei 81 Prozent wurde eine nicht-lineare Entwicklung festgestellt. "Interessanterweise zeigten sich diese Veränderungen in vergleichbarer Form bei den Männern, was darauf hindeutet, dass es bei ihnen ähnliche Entwicklungen wie bei Frauen während der Menopause gibt", erklärt Snyder.

Nicht bei allen Männern sinkt der Testosteron-Spiegel

Besonders interessant ist jedoch: Nicht bei allen Männern sinkt der Testosteron-Spiegel im Alter. "Wenn wir alle Männer zusammen betrachten, sinkt das Testosteron im Alter ab", erläutert Sexualmediziner Zitzmann. "Doch wenn wir nur die gesunden älteren Männer betrachten, sinkt das Testosteron nicht." Es sei nicht das Alter an sich, sondern damit verbundene Krankheiten, welche das Testosteron zum Absinken bringen – wie beispielsweise Übergewicht, Rheuma oder auch Asthma und Morbus Crohn.

Testosteron-Mangel, Libido und Erektion

"Wir müssen zwischen Libidoverlust und Erektionsstörung unterscheiden", erklärt Zitzmann. Natürlich könnten Erektionsstörung auftreten, wenn weniger sexuelle Lust vorhanden ist. Aber: "Männer können auch Erektionsstörung haben, wenn sie Lust empfinden." Passiere dies, könne das ein Hinweis dafür sein, dass Blutgefäße geschädigt sind. "Im Penis müssen die Blutgefäße sehr reaktiv sein und sich schnell aus- und wieder zusammenziehen können. Sobald Schäden an den Blutgefäßen vorliegen, können sich hier Störungen zeigen", erklärt Zitzmann. Erektionsprobleme könnten also ein Hinweis für generelle Gefäßschäden sein.

Erektionsstörung ist Warnsignal

"Eine Erektionsstörung ist ein Warnsignal, so blöd es ist, sie zu haben. Sie geht einem Herzinfarkt etwa zehn Jahre voraus. Wenn jemand mit 50 Erektionsprobleme hat, liegt die Wahrscheinlichkeit, dass er spätestens bis 60 einen Herzinfarkt kommt bei ungefähr 60 Prozent. Erektionsprobleme sind ein Warnsignal, was man ernst nehmen kann - das hat ja auch etwas Gutes." Laut Zitzmann könne Mann hier rechtzeitig gegensteuern, "damit es nicht noch zu irgendwelchen schlimmeren Dinge wie Herzinfarkten oder Schlaganfälle kommt".

Studien

Quelle: Biochemie von Hormonen, Leiber et al.: Testosteron und Psyche
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(tomi/cdi/mdraktuell)

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