Erektionsstörungen und Herzgesundheit Warum der Penis die Antenne des Herzens ist und Viagra rezeptpflichtig bleibt
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26. Januar 2022, 16:25 Uhr
Erektionsstörungen haben ihre Ursache meist in Durchblutungsstörungen. Geht es den Gefäßen im Penis nicht gut, ist das ein ernstzunehmender Vorbote koronarer Herzerkrankungen. Sie bedürfen einer medizinischen Abklärung und einer Weiterbehandlung, um Herzinfarkten oder Schlaganfällen entgegenzuwirken. Die Aufhebung der Rezeptpflicht des Viagra-Wirkstoffes Sildenafil hätte diesen Kontrollmechanismus umgangen. Gut, dass sich das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte dagegen entschied.
Fast jeder hat schon einmal von der kleinen babyblauen Potenzpille Viagra gehört. Und viele Männer haben sie auch schon genutzt. Allein 2019 erzielte der Pharmakonzern Pfizer mit seinem Produkt einen weltweiten Umsatz von rund 497 Millionen US-Dollar. Das Medikament bzw. sein Wirkstoff Sildenafil ist verschreibungspflichtig und nach der jüngsten Entscheidung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) soll das auch weiterhin so bleiben.
Fun Fact: Sildenafil war eigentlich zur Behandlung von Bluthochdruck und Angina Pectoris gedacht. Doch der Wirkstoff hatte eine ungeahnte Nebenwirkung auf die Erektion. 1998 wurde das Medikament zum Potenzmittel umgewidmet und wird seitdem erfolgreich in der Therapie gegen erektile Dysfunktion eingesetzt.
So funktioniert Sildenafil
Sildenafil ist ein sogenannter PDE-5-Hemmer, der den Abbau des Botenstoffes cGMP verzögert. Dieser ist nämlich dafür verantwortlich, dass sich die glatte Muskulatur rund um die Blutgefäße im Penis entspannt. Dadurch gelangt das Blut besser an die Schwellkörper, der Penis erigiert. Gleichzeitig wird an anderer Stelle das Abfließen des Blutes verhindert.
Gut zu wissen: Viagra ermöglicht eine härtere und längera nhaltende Erektion, aber die Pille ist kein Aphrodisiakum. Ohne eine vorherige sexuelle Erregung wird der Penis auch bei Einnahme des Medikaments nicht steif, weil der ganze Prozess gar nicht erst in Gang kommt.
Sildenafil ist also ein tolles Mittel, das vielen Männern mit erektiler Dysfunktion hilft. Und obwohl eine Befreiung des Wirkstoffes von der Rezeptpflicht wahrscheinlich einige Vorteile gehabt hätte, etwa die Untergrabung des Schwarzmarkthandels, haben sich die Experten dagegen entschieden. Und das hat gute Gründe.
Gefährliche Nebenwirkungen und ausbleibende ärztliche Abklärung
Zum einen kann der Wirkstoff in Kombination mit anderen Medikamenten sehr riskant sein. So zum Beispiel können bestimmte Herzmedikamente, die zusammen mit Sildenafil eingenommen werden, zu einem sogenannten hypotonen Schock führen. Dadurch öffnen sich die Blutgefäße, das Blut sackt ab und Herz und Gehirn werden nicht mehr richtig mit Blut bzw. Sauerstoff versorgt. Das kann zu ernsten Schäden führen und auch mit dem Tod enden. Deshalb sind Mediziner wie Frank Sommer, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Mann und Gesundheit, der Meinung, dass Wirkstoffe wie Sildenafil nicht ohne eine vorherige medizinische Beratung über die Ladentheke gehen dürfen.
Und genau das ist es, was passieren würde. Die Männer, die unter einer Erektionsstörung leiden, würden nicht mehr oder viel zu spät zum Arzt gehen und sich untersuchen lassen. Eine erektile Dysfunktion kann ernsthafte medizinische Ursachen haben. In bis zu 90 Prozent der Fälle von Erektionsstörungen liegt eine organische Beeinträchtigung vor. Das kann zum Beispiel die direkte Blutversorgung des Penis betreffen. Und die wenigsten Männer wissen, dass ihre Erektionskraft etwas über ihre Herzgesundheit aussagt: Laut einer DGMG-Umfrage sind sich nur 16 Prozent der Männer zwischen 18 und 70 Jahren in Deutschland dessen bewusst.
Wann ist es eine erektile Dysfunktion?
Eine erektile Dysfunktion zu haben, bedeutet, dass ein Mann über einen längeren Zeitraum (mindestens sechs Monate) in mehr als zwei Dritteln der Versuche keine Erektion bekommen oder diese nicht lang genug aufrechterhalten kann. Wenn nur ab und zu "Flaute in der Hose" herrscht, ist das kein Grund zur Panik. Die Häufigkeit von Erektionsstörungen steigt mit zunehmendem Alter. Laut Daten des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf aus dem Jahr 2020 waren 21 Prozent der Männer im Alter von 56 bis 65 Jahren von Erektionsstörungen betroffen. Bei Männern im Alter zwischen 66 und 75 Jahren waren es bereits 34 Prozent. Das liegt allerdings nicht am Alter per se, sondern geht damit einher, dass mit zunehmenden Alter auch das Vorherrschen bestimmter Krankheiten und Risikofaktoren zunimmt. Zu nennen wären hier: Bluthochdruck, Arterienverkalkung, Diabetes mellitus oder zu hohe Cholesterinwerte.
Der Penis: Die Antenne des Herzens
Eine erektile Dysfunktion ist ein anerkannter Vorbote einer koronaren Herzerkrankung. In der Regel treten die Symptome einer verminderten Erektionsfähigkeit ein bis fünf Jahre vor den durchblutungsbedingten Herzbeschwerden auf. Deshalb sollte auch jeder Patient mit Erektionsstörung beim Arzt die Durchblutungsverhältnisse im Penis untersuchen lassen. Wird eine sogenannte penile Durchblutungsstörung festgestellt, sollten die Patienten auch eine kardiologische Diagnostik durchlaufen. Frei nach dem Motto: Der Penis ist die Antenne des Herzens. Steht es um seine Gefäße schlecht, deutet das darauf hin, dass auch die Herzgefäße Probleme machen könnten. 80 Prozent der Herz-Kreislauf-Patienten sind von Erektionsstörungen betroffen. Glücklicherweise kann man mit einer frühzeitigen Diagnostik einem Herzinfarkt oder Schlaganfall noch entgegenwirken. Auch deshalb ist es gut, dass der Wirkstoff Sildenafil weiterhin rezeptpflichtig bleibt.
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