Junge Frau mit Maske in einer Bahn
Junge Frauen erkranken besonders häufig an Post und Long Covid. Bildrechte: IMAGO / Westend61

Post und Long Covid-Syndrom Hilfe für Betroffene: Patientenleitlinie beantwortet wichtigste Fragen zu Long Covid

17. Februar 2023, 15:13 Uhr

Bis zu zehn Prozent aller Corona-Infizierten leiden auch nach der akuten Krankheitsphase an verschiedensten Symptomen. Das Phänomen wird als Post bzw. Long Covid-Syndrom bezeichnet. Wie es dazu kommt, ist noch weitgehend unbekannt. Die Betroffenen leiden sehr unter der Situation und fühlen sich oft allein gelassen. Deshalb bietet eine neue Patientenleitlinie von Fachgesellschaften und Betroffenenverbänden jetzt Hilfe: Sie beantwortet die 50 wichtigsten Fragen und gibt Therapieempfehlungen.

Manche Menschen werden nach einer akuten Corona-Infektion nicht wieder gesund. Rund fünf bis zehn Prozent der Infizierten leiden noch Monate lang an den unterschiedlichsten Symptomen. Sie haben unter anderem anhaltendem Husten, Atemnot und sind oft erschöpft. Häufig treten auch Kreislauf-, Denk-, Schlaf- und Konzentrationsschwierigkeiten auf. Ein Teil der Betroffenen ist noch nach über einem Jahr nicht wieder genesen und entwickelt sogar schwere Erkrankungen wie die Myalgische Enzephalomyelitis bzw. Chronic Fatigue Syndrome (ME/CFS).

Vom Post bzw. Long Covid-Syndrom, nach der Erkrankung oder in ganz seltenen Fällen nach der Impfung, sind der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) zufolge nach aktuellen Erkenntnissen überwiegend junge Erwachsene betroffen. Frauen erkrankten etwas häufiger als Männer. Allerdings weist die Fachgesellschaft darauf hin, dass es durchaus auch Fälle bei Kindern und ältere Erwachsenen gebe.

Ein Porträt-Foto von Virologe Alexander Kekulé. 47 min
Bildrechte: MDR/dpa

Antworten in verständlicher Sprache

Die Betroffenen und ihre Angehörigen stehen vor zahlreichen Fragen und Herausforderungen. In sozialen Netzwerken finden sich etwa immer wieder Berichte von Menschen, die von Medizinerinnen und Medizinern mit ihren Symptomen nicht ernst genommen werden. Andere Erkrankte haben Probleme, ihre Situation richtig einzuordnen. All diesen Menschen soll die neue Patientenleitlinie jetzt helfen. Darin sind nach Angaben der DGP die wichtigsten Fragen zu den wesentlichen Beschwerden, ihren potenziellen Ursachen und den möglichen Therapieansätzen in für Laien verständlicher Sprache erklärt. Die neue Patientenleitlinie wird von 25 medizinischen Fachgesellschaften sowie vier Betroffenenorganisationen unterstützt.

Unser Ziel ist, den Behandlungsprozess deutlich zu verbessern.

Dr. Christian Gogoll, DGP

Der Fachgesellschaft DGP zufolge beantwortet das neue Papier die 50 wichtigsten Fragen rund um das Post Covid- und das Long Covid-Syndrom. Dabei gehe es um ganz grundsätzliche Fragen: Wer bekommt Post Covid? Wie lange halten die Symptome an? Aber auch konkrete Handlungsanweisungen sind enthalten – etwa mit welchen Symptomen der Hausarzt die richtige Ansprechperson ist und wann eine Post Covid-Ambulanz hinzugezogen werden sollte. Daneben enthalte die Patientenleitlinie auch Antworten auf dringende Fragen zur fehlenden Belastbarkeit und Erschöpfung sowie zu den Themen Atemnot, Riech- und Schmeckstörungen, Herzerkrankungen, belastende Schmerzen, Augenprobleme und Haarausfall.

Therapieempfehlungen für Betroffene von Post Covid

Für die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin ist der Lungenfacharzt Dr. Christian Gogoll für die Patientenleitlinie verantwortlich. Er ist selbst an Long Covid erkrankt und rät: "Wenn Beschwerden nach überstandener Covid-19-Erkrankung anhalten oder neu auftreten, sollte unbedingt der eigene Hausarzt oder die Hausärztin für eine erste Einschätzung hinzugezogen werden." Außerdem solle sich niemand scheuen, auch spezialisierte Fachärzte aufzusuchen, sagt der Pneumologe an der Evangelischen Lungenklinik in Berlin-Buch.

Keiner sollte sich scheuen, einen spezialisierten Facharzt aufzusuchen.

Dr. Christian Gogoll, DGP

Tatsächlich sind die Symptome des Post Covid-Syndroms bei vielen Erkrankten behandelt worden. Gogoll erklärt etwa, dass unter anderem ausreichende Bewegung zu Schmerzlinderung, weniger Atemnot, besserer Herzgesundheit und einer Abnahme von Angst, depressiven Verstimmungen und Stress führen könne. Dabei gehe es vor allem um körperliche Alltagsaktivität. Allerdings gilt bei Post-Covid auch Vorsicht: "Betroffene müssen dabei austesten, wie viel Aktivität gerade noch gut ist, um sich nicht zu überfordern. Eine Herausforderung wird sein, die eigenen Grenzen zu akzeptieren", sagt der Mediziner.

Poträtaufnahme eines Mannes mit Brille und im weißen Arztkittel.
Koordiniert die Patientenleitlinie zu Long/Post-Covid unter Federführung der DGP: Dr. Christian Gogoll Bildrechte: Dr. Christian Gogoll

Häufig seien auch Physio- und Ergotherapie wirksam, heißt es in der Leitlinie. Dabei gehe es vor allem darum, die Symptome zu verbessern oder so einzustellen, dass die Lebensqualität verbessert werde, heißt es. Diese Therapien könne auch der eigene Hausarzt verschreiben. Daneben gibt die Leitlinie Betroffenen auch konkrete Ernährungsempfehlungen, um ihren Zustand zu verbessern. Dazu werden etwa Details zum Stoffwechsel erläutert sowie zu Spurenelementen, Vitaminen und Hormonen.

Wo Betroffene Hilfe finden

Wer an Post oder Long Covid leidet, fühlt sich häufig mit der Situation alleingelassen. Deshalb liefern die Fachleute in der Leitlinie auch Tipps für die Suche nach passenden Selbsthilfegruppen bzw. nach Medizinerinnen und Medizinern, die sich mit dem Syndrom gut auskennen.

Das Ziel sei am Ende immer, einen Weg zurück in ein normales Leben mit körperlicher Gesundheit und Sport zu finden, das eine reguläre Arbeit oder den Schulbesuch ermögliche, bilanzieren die Fachleute. Die Leitlinie beleuchte die Schritte dahin. "Insgesamt ist es uns gelungen, mit dieser Arbeit einen umfangreichen Werkzeugkasten zur Behandlung des Post Covid-Syndroms zusammenzustellen, der von Betroffenen ganz einfach angewendet werden kann", erklärt Mediziner Gogoll. Die Leitlinie wird aber nicht immer bleiben, wie sie ist, denn als sogenannte "Living Guideline" wird sie in Zukunft ständig um neue Erkenntnisse erweitert und angepasst.

Link zur Patientenleitlinie

Die aktuelle Version der Leitlinie "Long/Post-COVID-Syndrom" für Betroffene, Angehörige, nahestehende und pflegende Personen finden Sie hier: https://register.awmf.org/assets/guidelines/020-027p_S1_Post_COVID_Long_COVID_2023-02.pdf

(kie)

Wissen

 Das Forschungsteam (v.l.): M. Sc. Stefanie Linnhoff, Studienleiterin Magdalena Mischke und Prof. Dr. phil. Tino Zähle, Arbeitsgruppenleiter der Abteilung für Neuropsychologie an der Universitätsklinik für Neurologie der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg.
Das Forschungsteam (v.l.): M. Sc. Stefanie Linnhoff, Studienleiterin Magdalena Mischke und Prof. Dr. phil. Tino Zähle, Arbeitsgruppenleiter der Abteilung für Neuropsychologie an der Universitätsklinik für Neurologie der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg. Bildrechte: Sarah Kossmann/UMMD

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 14. Februar 2023 | 10:21 Uhr

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