Urteile der Woche Unfall mit Heizung im Homeoffice kann Arbeitsunfall sein
Hauptinhalt
28. Dezember 2024, 08:37 Uhr
Fast täglich werden im Gerichtssaal wichtige Urteile gesprochen, die Einfluss auf unser Leben haben können. MDR AKTUELL präsentiert Ihnen die drei interessantesten Urteile dieser Woche in Kurzform.
Unfall mit Heizung im Homeoffice kann Arbeitsunfall sein
Bundessozialgericht (AZ: B 2 U 14/21 R)
Peter Petermann* ist selbstständiger Busunternehmer. Tagtäglich ist er damit beschäftigt, die Einsatzpläne für seine Busse zu erstellen und die Fahrten zu koordinieren. Diese Arbeit erledigt er vorzugsweise von zu Hause aus in seinem Einfamilienhaus. Dazu nutzt er sein Wohnzimmer als häusliches Arbeitszimmer. In den Wintermonaten muss dort selbstverständlich geheizt werden. Dabei gibt es eine Verpuffung im Heizkessel: Herr Petermann wird beim Aufdrehen schwer an den Augen verletzt. Die Berufsgenossenschaft lehnt es ab, dies als Arbeitsunfall anzuerkennen, da der Unfall durch die private Heizungsanlage verursacht worden sei.
"Der Unternehmer hat die Heizung hier im betrieblichen Interesse bedient, um seine Tätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer bei angenehmen Temperaturen ausführen zu können", heißt es dagegen vom Bundessozialgericht. Der Unfall stehe daher in einem inneren Zusammenhang mit seiner versicherten Tätigkeit als Unternehmer. "Denn auch im häuslichen Arbeitszimmer besteht Unfallversicherungsschutz, wenn sich die Gefahren privater Gegenstände in einer dem Betrieb dienenden Verwendung verwirklichen."
Der Unfall mit der privaten Heizung im Homeoffice war also ein Arbeitsunfall.
Gericht untersagt Airline "irreführende Werbung" mit Klima-Ausgleich
Oberlandesgericht Köln (AZ.: 81 O 32/23)
Familie Palmenwind* will schon wieder einen Flug buchen – dieses Mal aus Gewissensgründen aber auf einen CO2-Ausgleich achten. Sie bucht deshalb bei einer Fluggesellschaft, die ausdrücklich mit Klimaschutzmaßnahmen wirbt. Auf der Website der Airline prangt groß das Versprechen: "CO2-neutral reisen ... jetzt ausgleichen und abheben". Durch den Einsatz nachhaltigen Treibstoffs sei der erhebliche Mehrpreis gerechtfertigt, heißt es außerdem. Auch gebe es zusätzlich noch die Möglichkeit, in Klimaschutzprojekte zu investieren. Ein bundesweit tätiger Umweltschutzverband geht gegen die Werbung vor: Schließlich erfolge der CO2-Ausgleich – wenn überhaupt – erst nach dem Flug.
Am Oberlandesgericht Köln stimmte man zu: "Bei der Aussage auf der Webseite handelt es sich um unzulässige, irreführende Werbung. Denn die Gestaltung der Internetseite legt das Verständnis nahe, dass der Ausgleich für die Umweltbelastung bereits erfolge, bevor der Flug startet", so das Gericht. Ein relevanter Teil der Verbraucher könnte deshalb erwarten, dass durch den geplanten Flug eine sofortige Kompensation der Klimabelastung ausgelöst werde. "Das ist aber nicht der Fall."
Die Fluggesellschaft muss also darüber aufklären, dass der Ausgleich erst in der Zukunft erfolgt.
Ford Italia kann für kaputten Airbag von in Deutschland gebautem Ford haften
Europäischer Gerichtshof (Az. C-157/23)
Die italienische Familie Bordo del Carro* hat sich einen neuen Ford angeschafft, der in Deutschland hergestellt wurde. Über einen Vertragshändler gelangt er nun nach Italien. Dort erlebt die Familie einen heftigen Auffahrunfall. Dabei stellt sich heraus: Einer der Airbags ist defekt, er hat sich beim Aufprall nicht automatisch aufgeblasen. Die Familie verlangt nun vom Vertragshändler Schadenersatz. Ford Italia aber will nicht zahlen, schließlich sei das Fahrzeug in Deutschland und nicht in Italien hergestellt worden.
Letztlich musste der Europäische Gerichtshof (EuGH) entscheiden: "Ein Autolieferant nutzt die Marke, um Vertrauen bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern zu erzeugen. Die italienische Tochter Ford Italia haftet deshalb auch dann für den kaputten Airbag, wenn der Wagen von den Ford Werken in Deutschland gebaut wurde. Denn grundsätzlich haften Hersteller und Lieferant gesamtschuldnerisch, wenn der Name übereinstimmt."
Im konkreten Fall entscheidet nun das italienische Gericht. Es ist dabei allerdings an die Rechtsauffassung des EuGH gebunden.
*Alle Namen wurden von der Redaktion geändert.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 28. Dezember 2024 | 08:23 Uhr